Название | Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Mittelalter – I. Römisches Reich Deutscher Nation – |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | gelbe Buchreihe |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754178966 |
Im Süden Deutschlands hatten schon vor Bonifatius Klostergründungen stattgefunden, sowohl in Franken wie in Schwaben und Bayern. In Schwaben gründeten iroschottische Mönche Reichenau und Sankt Gallen, im frommen Bayern beteiligten sich die Bischöfe, die einheimischen Herzöge und adligen Privatpersonen. So etwa wie die ersten europäischen Ansiedler in den wilden Westen Amerikas eindrangen, so zogen glaubensstarke, abenteuerlustige Leute in kleineren und größeren Gruppen dem Süden und Osten zu, drangen in die alten römischen Provinzen ein, wo längs der großen Straßen noch Romanen, abseits in den Flusstälern Slawen wohnten. Auch einzelne freie Bauern siedelten und rodeten, der Name manches kühnen Mannes ist in den Namen alter Ortschaften erhalten; aber die Klöster hatten größere Mittel zur Verfügung und erzielten dementsprechend größere Ergebnisse. Gewöhnlich wurde den Mönchen ein Stück Kulturland und ein Stück Ödland verliehen, damit sie von den Erträgnissen des einen lebten, während sie das andere urbar machten. Verlassene Ruinen aus der Römerzeit lieferten oft das Material für die klösterlichen Bauten; die Trümmer des alten Iuvavum ermöglichten, dass gleich das erste Salzburger Kloster aus Stein hergestellt werden konnte. Kam eine auswandernde Gesellschaft an der Stätte an, die zur Errichtung eines Klosters oder der Filiale eines Klosters geeignet schien, so wurde zum Zeichen der Besitznahme ein Kreuz aufgestellt und dann eine Zelle gebaut, wovon das häufige Vorkommen des Wortes Zell im Ortsnamen Kunde gibt. Sie wurde unter den Schutz der heiligen Margarete oder des heiligen Georg, des Drachenüberwinders, gestellt, wenn man in benachbarten Wäldern die wilden Tiere fürchtete; freundliche Auen weihte man der Jungfrau Maria. Die strenge Regel des Bonifatius, wonach die Mönche alle Arbeit selbst tun sollten, wurde in Bayern nie durchgeführt; die schwere Arbeit der Kolonisation wurde von hörigen Knechten geleistet.
Passau, St. Florian, Kremsmünster, Chiemsee, Staffelsee, Wessobrunn, Tegernsee, Benediktbeuren, die beiden letzteren von zwei adligen Brüderpaaren gestiftet, wurden in Bayern zu bedeutenden Kulturmittelpunkten, in Franken Lorsch und Prüm, im Elsass Weißenburg, in Sachsen Korvey und die berühmten Nonnenklöster Gandersheim, Quedlinburg und Nordhausen. Die Schenkungen, mit denen die Klöster überhäuft wurden, machten sie schnell außerordentlich reich.
In den Vorratshäusern und Ställen des Klosters Staffelsee befanden sich im Jahre 812: 1 Pferd, 26 Ochsen, 20 Kühe, 1 Stier, 51 Stück Kleinvieh, 5 Kälber, 87 Hammel, 14 Lämmer, 17 Böcke, 58 Ziegen, 12 Böckchen, 40 Schweine, 50 Frischlinge, 63 Gänse, 50 junge Hühner, 17 Bienenstöcke, 20 Speckschwarten, 40 Käse, 127 Fett- und Schmalztöpfe. Dazu kamen noch Honig, Butter, Salz und Malz. In den Mägdekammern spannen und webten 24 Mägde und verfertigten aus Wolle und Leinen Wäsche und Kleidungsstücke. Das Land wurde teils verpachtet, teils vom Kloster selbst durch Hörige bewirtschaftet, die teils mit dem Land zusammen geschenkt waren, teils sich mit oder ohne Land dem Kloster freiwillig ergaben. Trotz des damaligen Überflusses an Land und Leuten bedarf der Wetteifer des Schenkens, der im 9. und 10. Jahrhundert das deutsche Volk ergriff, der Erklärung, und er erklärt sich hauptsächlich durch die Gewalt des Glaubens. Mochte immerhin noch mancher sächsische Bauer in einsamen Höfen sich an seinen alten Runen und Sprüchen genügen lassen, der Adel und die begüterten Freien waren gläubige Christen, überzeugt, das Heil ihrer Seele nur durch die Vermittlung des Papstes in Rom empfangen zu können.
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Das Kloster
Das Kloster
Waren auch viele Wälder gelichtet und viele Moore entwässert, noch immer gab es tagereisenweit Wildnis in deutschen Landen. Tagelang ging der junge Bayer Sturm, als er einen Platz für das Kloster suchte, das Bonifatius gründen wollte, durch Wälder und flocht bei Nacht einen Zaun um seinen Esel, um ihn notdürftig vor wilden Tieren zu schützen, und wenn es in den Zweigen raschelte und knackte, horchte er gespannt, ob ein Mensch oder ein Wolf oder Luchs sich heranschliche. An den Mündungen des Rheins, der Weser und Elbe überschwemmte das Gewässer oft weithin das Land, Sturmfluten brandeten über die noch nicht eingedeichten Ansiedelungen und rissen sie in die Tiefe. Im Herbst, im Winter und im Frühling, wenn die Wolken tief herabhingen, der kalte Wind heulte und Schnee und Regen die Wege zu Morast aufweichten, mochte dem Wanderer, der zu Fuß oder zu Pferd ein entferntes Ziel zu erreichen suchte, oft die Hand erstarren und das Herz erbeben. Nicht nur wilde Tiere, auch die wilden Menschen musste er fürchten, Wegelagerer, Krieger, die zum Kampf auszogen oder vom Kampf zurückkehrten und ihren Übermut an jedem Beliebigen austobten, Feinde vielleicht, die die Gelegenheit wahrnahmen, einen alten Span auszutragen. Weit und breit kein Haus; die Dörfer, durch die man etwa kam, bestanden aus dürftigen, strohgedeckten Hütten aus Lehm und Holz.
Zuweilen kam man wohl an festen, breiten Häusern freier Bauern oder an Gutshöfen vorüber, die Eschen und Eichen beschirmten, an denen ein Quell vorüberrieselte, und die wohlbestellte Äcker umgaben.
Städte gab es noch wenige außer den alten Römerstädten am Rhein, Straßburg, Basel, Mainz, Köln, außer Augsburg am Lech und Regensburg an der Donau, und auch dort öffneten sich dem Wanderer zu Schutz und Herberge nur die Klöster, die es dort etwa gab.
Inmitten des wolkenverhangenen, wälderrauschenden, waffenklirrenden Landes gab es Bezirke, die der Friede Gottes erfüllte. Mochte draußen Krieg rasen, unter der täglichen Fron der Landarbeiter seufzen, Gewalt und Unrecht triumphieren, im Kloster glühte die Flamme ewiger Anbetung, beugten sich immer Knie vor dem Herrn, riefen immer inbrünstige Lippen den höchsten Namen an, legten Gottgeweihte das Geschick ihrer weltlichen Brüder an das Vaterherz im Gebet. Nach siebenstündigem Schlaf, eh noch der Tag zu dämmern begann, erhoben sich die Mönche vom Lager und betraten die Kirche, um das Lob des Allmächtigen zu beginnen. In festen Rhythmen begleitete die Musik den Psalm der Stunde des Tages, alle Gefühle des Herzens ergießend: die Klage über das Vergebliche der Lust der Welt, den düsteren Schmerz der Unzulänglichkeit und Schuld, das Rühmen und Danken, den Jubel des Glaubens, die Angst des Zweifels, das unstillbare Heimweh. Über die Wände der Kirche breitete sich in feierlichen Bildern die Geschichte vom Bunde Gottes mit der Menschheit aus.
Man sah lieblich und herrlich zugleich die jungfräuliche Mutter mit dem Kind, das, so klein es war, doch das Göttliche in sich fasste, man sah den Herrn am Kreuze und sah ihn in seiner Majestät unerbittlich am Jüngsten Tage die Bösen von den Guten sondern. Wer den geweihten Raum betrat, spürte die Gegenwart überirdischer Mächte. Die Knaben vornehmer Abkunft, die hier von den Eltern Gott dargebracht wurden, wussten, dass sie bestimmt waren, Krieger des höchsten Kriegsherrn zu werden, wenn sie auch keine Rüstung trugen. Stolz, spröde, keck beugten sie sich doch der Zucht ihrer Lehrer und des Abtes, die nach der Regel streng und milde, brüderlich und königlich sie regierten. Der Sehnsucht des germanischen Jünglings, einem Führer Gefolgschaft zu leisten, der im Kampf voranging, konnten sie auch im Kloster Genüge tun.
Je nach ihrer Begabung war ihnen das Kloster Universität, Kunstschule, Handwerkerschule, landwirtschaftliche Schule. Denn es war eine Welt im Kleinen, alles, was gebraucht wurde, wurde im