Название | Esta Sola. Sind Sie allein? |
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Автор произведения | Elke Weickelt |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | Lindemanns Bibliothek |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783963081545 |
Ich habe mich mit einem italienischen Radler unterhalten, der sich hier einen Lebenstraum erfüllt, nämlich mit dem Fahrrad Argentinien und Chile zu durchqueren. Patagonien bei Wind und Kälte. Man muss es mögen. Aber das tun offensichtlich viele Fahrradfahrer, denn man sieht sie immer wieder vom Bus aus die weiten einsamen Straßen entlang radeln.
Abends kochen wir zusammen Spaghetti mit Avocado, Knoblauch, Olivenöl und Parmesankäse. Schmeckt köstlich. Die Italiener können es eben.
Für den letzten Tag habe ich eine Tour in den Nationalpark Terra del Fuego (Feuerland) gebucht. Als Magellan die Magellan-Straße entdeckte, sah er an Land die vielen Feuer der Indianer. So gab er diesem Land den Namen Feuerland.
Es ist der südlichste Nationalpark Argentiniens. Das 630 km² große Schutzgebiet befindet sich im Südosten, 18 km von der Stadt Ushuaia entfernt. Der Park wurde 1960 mit dem Hauptziel gegründet, die südlichsten subantarktischen Wälder zu schützen. Es ist kalt. Der Park ist schön, wie in den Reiseführern beschrieben, aber der Nieselregen verdirbt es etwas.
Am nächsten Tag verlasse ich erst einmal Argentinien und fahre mit dem Bus elf Stunden nach Punta Arenas in Chile.
Chile
Punta Arenas,
Puerto Natales
Die Busfahrt von Argentinien nach Chile, von Ushuaia nach Punta Arenas führt durch scheinbar unendliche Weiten. Schafe, Guanakos und Nandus (Straußenvögel) kann ich vom Busfenster aus beobachten. Ein kleines Stück, die Enge der Magellan-Straße bei Punta Delgada, muss der Bus mit der Fähre übersetzen. Eine willkommene Abwechslung auf der langen Fahrt.
Der Grenzübertritt ist problemlos. Drei Monate Touristenvisum werden in den Pass gestempelt.
Chile ist anders.
Die besten Meeresfrüchte, die besten frischen Fischspezialitäten und die besten Fischsuppen gibt es in Chile.
Immer wieder versuchen sie Touristen übers Ohr zu hauen, zum Beispiel mit dem Trinkgeld. Sie ziehen es einfach ein. Sie müssten fragen. Das Gleiche mit Steuern in Hotels – Touristen müssen diese nämlich nicht immer bezahlen oder mit Provisionen für booking.com, die die Gäste niemals bezahlen, sondern immer der Vermieter. Aber sie versuchen es immer wieder. Das nervt mich.
Auch die Korruption. Nun ja, die gibt es bei uns auch, aber nicht in dem Ausmaß und hier scheint sie manchem in die Wiege gelegt zu sein. Sie ist hier eigentlich ein Teil der Kultur und wer meint, da müsse nur der richtige Machthaber kommen, der sagt, dass schaffen wir ab, der hat eigentlich nichts von diesen Ländern verstanden.
Punta Arenas ist schön und liegt auch an der Magellan-Straße. Auf dem Friedhof gibt es viele deutsche Gräber aus dem 1. Weltkrieg. Anhand der Gräber kann man erkennen, von woher die Einwanderer gekommen sind. Neben den Deutschen gibt es Kroaten, Russen, Juden und Schweizer. All diese Menschen haben das Stadtbild mitgeprägt. Gegründet wurde die Stadt als Strafgefangenenkolonie und Militärstützpunkt. Vor Eröffnung des Panamakanals fungierte der Hafen als wichtiger Umschlagplatz für Güter aus und nach Europa und die Ostküste Südamerikas.
Die Schafzucht brachte einen ökologischen Aufschwung, dessen Auswirkungen zum Beispiel in Form von alten Prunkbauten heute noch sichtbar sind. Die Schere zwischen arm und reich klafft aber weit auseinander. In den Sommermonaten kommen Touristen aus Europa und den USA und bringen Geld in die Stadt. Auch Punta Arenas ist, wie ganz Patagonien, ein Schmelztiegel der Nationen.
Ich bin nur zwei Nächte hier, weil ich in ein paar Tagen eine Schiffsfahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt gebucht habe. Darauf freue ich mich wahnsinnig. Man musste das im Voraus buchen, weil es sehr beliebt ist und auch schnell ausverkauft.
Von Punta Arenas geht es weiter, dreieinhalb Stunden mit dem Bus nach Puerto Natales, eine Hafenstadt, von der man mit der Fähre Navimag fünf Tage lang durch die Fjorde und Inselketten bis nach Puerto Montt schippern kann. Das soll eine Traumreise sein und dafür habe ich ein Ticket.
Puerto Natales ist ein Ausgangspunkt für Touren in den Nationalpark Torres del Paine – mit seiner faszinierenden Landschaft: Seen, Wasserfälle, Bergmassive, Gletscher, Täler und Naturschauspiele wie blutrote Sonnenaufgänge vor den Torres del Paine. Das sind drei zwischen 2.600 und 2.850 Metern hohe mit Schneekuppen bedeckte Granitberge. Außerdem findet sich hier eine einmalige Tier- und Pflanzenwelt. Alles spektakulärer, als jeder Film es zeigen könnte. Dies ist eines der attraktivsten Touristenziele in Patagonien. Viele Backpacker unternehmen Trekkingtouren mit Zelten.
Ich wohne unbeabsichtigt wieder bei den Zeugen Jehovas, wie ich erfahre, und habe ein großes, selbstverständlich super sauberes Zimmer.
Sie betreiben kleine Hostels, aber auch Hotels in ganz Südamerika. Sie sind immer sehr freundlich, fürsorglich, auch vielleicht ein bisschen kontrollierend, aber die Zimmer sind die saubersten, die ich je gesehen habe.
Mir ist das angenehm, zumal ich mich sehr sicher bei ihnen fühle. Es hat etwas Familiäres. Nun gut, es gibt immer eine Bibel und evtl. auch Bibelsprüche zum Frühstück, mehr aber nicht. In den Gesprächen ist ihre Religion niemals Thema. Ich kann diese Unterkünfte wirklich empfehlen.
Den Rest des Tages verbringe ich mit einem Stadtbummel.
In den Buchläden wird „Mein Kampf“ verkauft. Viele haben mich schon auf Hitler angesprochen, wenn sie hören, dass ich aus Deutschland komme. Das finde ich sehr unangenehm. Da ist so viel Bewunderung und wenn man sich auf einen Dialog einlässt, dringt man nicht wirklich durch mit Gegenargumenten.
Ein Großteil der Bevölkerung sind Einwanderer aus Deutschland, Irland, Jugoslawien, Italien und anderen Ländern. Man kann das oftmals an dem Bau der Häuser erkennen.
Abends trinke ich ein Bier in einer gemütlichen Kneipe. Alkohol ist teurer als bei uns. Alkoholiker sieht man gar nicht auf der Straße. Wahrscheinlich können es sich die Leute nicht leisten – auch gut so.
In der Kneipe spielen sie Youtube-Videos auf einer großen Leinwand ab. Plötzlich tauchen Hitler-Videos auf. Sie dienen wohl der Unterhaltung oder Bewunderung, als ob es das Normalste der Welt ist. Das kann ich zunächst mal schwer einordnen und es macht mir dieses Land spontan gefühlsmäßig unsympathisch.
Für den nächsten Tag habe ich eine Ganztagestour in den Nationalpark Torres del Paine gebucht. Es sind 30 Grad und man hat immer die schneebedeckten Berggipfel vor Augen.
Im Bus sitzt ein junger Chinese, er ist sehr nett und spricht fließend englisch. Er erzählt eine Menge. Er hat eine kritische Einstellung gegenüber seinem eigenen Land und reist seit vier Jahren durch die Welt. Geld spielt bei ihm keine Rolle. Trotzdem reist er sehr einfach mit Rucksack. Sein Problem ist allerdings, dass er nicht aufhören kann, wie er sagt, und darunter leidet er tatsächlich. Er mag sein Land nicht und weiß nicht wohin. Er fühlt sich richtig heimatlos.
Torres del Paine ist einer der bekanntesten Nationalparks in Chile und wurde 1978 zum Biosphärenreservat der UNESCO erklärt. Seine Ausdehnung beträgt 2.420 km², bis zu 3.000 Meter hohe Berge, Gletscher, Fjorde und große Seen prägen das Landschaftsbild.
Die „Torres del Paine“ sind das Wahrzeichen des Parks. Viele andere Berge sind Gletscher. Der bekannteste ist der Grey-Gletscher. Auf einer Bootsfahrt erfahre ich, wie viel und wie schnell dieser Gletscher durch den Klimawandel, die Erderwärmung verschwindet. Ein Verlust riesiger Eismengen jedes Jahr. Die Folgen des Klimawandels lassen sich überhaupt in Patagonien gut erkennen und messen.
Im Park leben Guanakos, Nandus (Straußenvögel) und Anden-Kondore.
Auch dieser Tagesausflug bleibt ein unvergessliches Erlebnis.
Als ich abends zurückkomme, merke ich, dass sich ein Stich eines unbekannten Insektes an meinem rechten Zeigefinger schwer entzündet hat. Es war mir gestern schon eine Rötung aufgefallen, aber jetzt ist der Finger dick angeschwollen, heiß, rot, blutunterlaufen und sehr schmerzhaft. Was tun? Wenn ich morgen Abend