Wie geht es «den Kleinen» die aus der ersten idealen Sphäre zu rauschenden Höhen und eisigen Höllen unterwegs sind? Grundiert von Selbstbergung und Selbstumgebung suchen sie unwahrscheinliche Schutzsysteme und geraten in eine Neu-Anfang-Philosophie die sich aufmacht, für die Besorgt-Verstreuten das passende-umfassende zu konstruieren.
Metaphysische Globalisierung: Sphäreopoiese im Größten wird das Grundereignis des europäischen Denkens das seit zweieinhalbtausend Jahren nicht aufhört, Umwälzungen in den Denk- und Lebensverhältnissen der Menschen zu provozieren. Philosophie, Theologie und gekrönte Häupter legen die Kuschel-Maternität beiseite und schaffen Stramme-Vaterländer.
Ab jetzt gilt: erst die Sphäre dann die Moral. Raus aus dem Schoß in eine logische und kosmologische Konstruktionsform von überzeitlicher Geltung. Wer durfte das verlangen? Diejenigen die den Sterblichen ihre schicksalhafte Definition «aufzwangen»: kugel-schaffende und kugelbewohnende Tiere zu sein. Rundheit wurde Aufgehoben-Sein. Das erspart jedem Geburtlichen lange Romane und Nachfragen.
Gefühle zogen in Seele, Abweichlern wurde die Hölle «versprochen». Die Stellung des Menschen wird radikal technisch. Eine Geometrie im Ungeheuren, die erste Globalisierung. Ihr besonders Markenzeichen: Kugeln, Globen, Kreuze. Kreuze auf Kugeln in Gottesdienerhände, Kugeln in Regentenhände eingesetzt vom Höchsten.
Auf Globen «sehen» die Eroberer was sie haben und was noch fehlt. Ständig erweitert sich die Umsicht. Das ungeheure schalenlose Außen rückt näher. Die ersten «trainieren» auf hoher See mit Bordgeistlichen. Dann stehen wir im Übergang zur zweiten Globalisierung. Der Vertreibung aus einer kleinen Vollkommenheit ins grausame Außen: geografisch, psychologisch-mental. Das Denken daran ersticken sie in Glaube, Hoffnung, Liebe und im Komfort.
Doch bald wird deutlich: Es ist «die letzte Kugel». Hier zeigt sich neben Rundes auch Halbschönes bis Hässliches.
Der Autor gibt sich gerne als «Sympathisant» der Texte von Peter Sloterdijk zu erkennen. Da er selber 35 Jahre in der Personalentwicklung tätig war, sind ihm die Fragen der Menschen «an die komplexe Welt» und «an die komplexen Mitmenschen» vertraut. Die drei Sphären-Bände handeln von beiden. Die Begleittexte sollen dazu beitragen, dieses Opus magnum auch für untrainierte Leser philosophischer Texte leichter zu erschließen. «Herbergen» und «Schirme» stehen dabei für alle Varianten von «aufgehoben» und «schützendes» haben. Sei es die Tonne des Diogenes von Sinope, für «den Menschen» in «der Welt», in die er sich «einräumt unter einem eigen-gemeinsamen Himmel in Sphären, die leben lassen – wachsen wollen aber auch platzen können». Letzteres unterscheidet das «wirkliche» Leben vom Märchen. Jetzt bilden gute Einsichten auch Herbergsschirme.
Im Unterschied zu anderen großen Entwürfen auf drängende Fragen, steht bei Sloterdijk sein Erklärungs-Versuch über «den Menschen» am Anfang: "«Nichts ist im Großen was nicht vorher im Kleinen angelegt ist.» Erst der Mensch, dann die Welt. «Aus und Um» den Menschen entfaltet sich die Welt und die Welt wirkt auf ihn zurück. Wer aber ist dieses «komplexe Wesen»? Wo ist es, wenn es «in der Welt» ist? Woher kommt es? Was genau hat das mit seiner Geburtlichkeit zu tun? Einem Wesen, dass eben nicht «blanko» sondern «tätowiert» von Innen kommt und in einer bereits begonnen Welt als geburtlicher, immer zu früh «landet». Wehe er findet dann keine «Herbergsschirme» im postfötalen Frühling: «reiche» Mütter-Väter-Anverwandte, Bühnen, starke Beziehungen und und. Denn, so Sloterdijk: Wir sind immer schon «Zwei», waren nie «Eins». Das macht «den Menschen» nicht weniger komplex, aber mit diesem Blick verständlicher, einsichtiger vielleicht umsichtiger. Jeder für sich und untereinander. So gesehen kann der Ansatz «jeden» bereichern der für Bereicherungen offen ist.
Der Band III legt eine Theorie des gegenwärtigen Zeitalters vor unter dem Gesichtspunkt, dass das «Leben» sich multifokal, multiperspektivisch und heterarchisch entfaltet. Multifokal: der eine Gott ist sprachlos geworden und viele Stimmen bemühen sich um die Nachfolge; Multiperspektivisch: die Augen gehen weniger zum Himmel, sondern blicken -oft genug entleert- aus und in alle Richtungen; Heterarchisch: «Oben» und «Unten» haben ihr Amt niedergelegt, jeder will «König» sein. Nun artikuliert sich das Leben auf ineinander verschachtelten simultanen Bühnen, es produziert und verzehrt sich in vernetzten Werkstätten. Doch was das entscheidende ist: Es bringt den Raum, indem es ist und der in ihm ist, jeweils erst hervor. Unter der Metapher des Schaums umschreibt Sloterdijk das als eine Republik der Räume. Weder bei den traditionellen Religionen noch bei den Metaphysikern war die Sache des Lebens- des unschlüssigen Lebens- nicht wirklich in guten Händen. Sie verordneten immer nur das Placebo der Hingabe an eine himmlische Verfassung. Die alteuropäische Denk- und Lebensform Philosophie ist unleugbar erschöpft. Was folgt: Biosophie? Atmosphärentheorie? Immun- und Kommunsysteme? Theorie der Örter? der Situationen? der Immersionen? der Netzwerke? eine globale Wissensgesellschaft? eine neue Weltreligion? Noch gibt es keine eindeutigen Favoriten. Aber wo man noch den Verlust an Form beklagt, stellen sich doch Gewinne an Beweglichkeit ein.