Im frühen Morgengrauen blitzen von Puerto de Caldero Schüsse, und über die See rollt Kanonendonner heran. Hasard erkennt, daß zwei Schiffe sich ein hitziges Gefecht liefern. Weil Hasard zuerst an die «Golden Hind» denkt, mischt er sich ein. Er hilft wider Willen einem Piraten zu fetter Beute, doch nun läßt sich der Irrtum nicht mehr korrigieren. Der Seewolf soll noch oft Gelegenheit haben, seine freundliche Hilfe zu bereuen, denn «Einohr» Mac Dundee, der Schotte, ist zu jeder Gemeinheit fähig…
Sie griffen an, und sie ließen sich auch durch die gezielten Schüsse der Seewölfe nicht mehr zurückhalten. Drei Piraten lagen bereits reglos auf der Lichtung, als eine Horde von mindestens zwanzig Kerlen auf Hasard und seine Gruppe eindrang. Die dichten Büsche verhinderten eine weitere Schießerei, weil niemand wußte, ob er nicht den eigenen Mann traf. Hasard und Ferris Tucker standen Rücken an Rücken und kämpften wie die Berserker. Ferris ließ seine großen Fäuste wirbeln und schlug einen nach dem anderen zu Boden, aber die Piraten rappelten sich immer wieder hoch und griffen mit dem Mut der Verzweifelung von neuem an…
Batutis Fäuste wirbelten. Er hatte die Lippen zusammengepreßt. Er sah den Kutscher mit von sich gestreckten Gliedern im Staub liegen, und die Wut verlieh ihm ungeheure Kräfte. Wieder brachte er einen der Kerle mit einem Rundschlag von den Beinen. Zwei Männer hingen ihm auf dem Rücken und zerrten an seinem Burnus, der ihn beim Kampf ziemlich behinderte. Er bückte sich ruckartig, und einer der Kerle auf seinem Rücken flog ihm über die Schulter und riß einen weiteren Mann mit sich zu Boden. Der andere hatte sich so fest an Batutis Burnus geklammert, daß der Stoff auseinanderfetzte…
Die sechs spanischen Soldaten meinten, sich ein Grinsen erlauben zu dürfen, als sie den Narbenmann durchs Wasser auf sich zustürmen sahen. Jawohl, Carberry war aus dem Boot gesprungen und wieder zurück an Land gewatet. Das Grinsen verging den Dons, als der erste von ihnen mit einer Säbelwunde am Bein zu Boden sackte. Was sie dann erlebten, schien unfassbar zu sein. Dieser wüste Riese mit dem schrecklichen Gesicht wütete mit dem Säbel, daß sie das Grausen kriegten. Auf ihren Harnischen stoben die Funken unter dem wirbelnden Säbel. Und wieder ging einer schreiend zu Boden. Dieser Kerl ließ ihnen nicht einmal die Chance, ihre Pistolen zu ziehen. Er sprang mit ihnen um, als seien sie nichts weiter als Hampelmänner…
Philip Hasard Killigrew schlägt sich an Land mit den Iren herum. Diesen günstigen Augenblick nützen fünf spanische Karavellen: sie versuchen durch wilden Kanonenbeschuß den Ausbruch aus der Dungarvanbai zu verhindern. Plötzlich ist dem Seewolf die Rückkehr zur «Isabella von Kastilien» verlegt. Und wenig später sieht Kapitän Romero Valdez seine große Chance, Rache für die schlimmste Niederlage seiner Laufbahn zu nehmen: Er hat die einmalige Chance, dem Seewolf das Genick zu brechen…
Al Conroy und Big Old Shane feuerten ihre Geschütze als erste ab. Donnernd und fauchend entluden sich die Culverinen. Die hölzernen Lafetten rumpelten zurück über die Bordplanken und erschütterten das ganze Schiff. Die starken Brooktaue ächzten, als sie die Siebzehnpfünder auffangen mußte. Vier weitere Culverinen wurden abgeschossen. Die Kugeln jaulten hinüber zu der Piratengaleone, auf deren Achterdeck ein riesiger Mann mit roten Haaren und rotem Bart gestikulierend seine Kerle antrieb…
Am Bug der schlanken, spanischen Galeasse stieg eine graue Wolke hoch, und Sekunden später klatschte kaum einen Faden von der «Mercure» entfernt eine Kugel ins Wasser und stieß eine Fontäne hoch. Es war ein Warnschuß gewesen, und das Geschoß hatte verdammt gut gelegen. Ferris Tucker, der am Backbordschanzkleid stand, erkannte, daß der Offizier der Seesoldaten auf der Galeasse sein Handwerk verstand. In diesem Moment erwischte die erste Bö die «Mercure» und füllte die Segel. Carberry brüllte seine Befehle hinaus. Die Männer, Franzosen und Seewölfe, hasteten über die Decks. Dann rauschte die «Mercure» ab. Der Sturm hatte im richtigen Augenblick eingesetzt. Jetzt waren sie es, die der Galeasse davonsegelten. Aber die Dons würden nicht aufgeben…
Die «Isabella VIII.» lag nach ihrem letzten blitzartigen Manöver hart am Wind, und für einen Moment glaubte Hasard, daß sie die Piraten übertölpelt hätten. Doch dann sah er, daß der Kapitän auf der Karacke im letzten Moment reagierte und noch härter an den Wind ging, um die Luvposition nicht zu verlieren. Sie konnten es nicht schaffen. Wie ein Albatros jagte die Karacke auf sie zu. Fast schien es, als wolle sie der «Isabella» ihren Bugspriet in den Rumpf jagen…
Der Mann reagierte wie ein wildes Tier. Er zuckte zusammen und warf sich im Bruchteil einer Sekunde herum. Seine Hand mit der Pistole schwenkte mit, aber bevor der Lauf auf Carberry zeigen konnte, zischte dessen Säbel durch die Luft und traf den Handrücken des Mannes. Die Pistole flog im hohem Bogen in die Büsche. Die nachtschwarzen Augen des Mannes waren starr auf den narbigen Riesen gerichtet, der wie aus dem Boden gewachsen vor ihm aufgetaucht war. Dann senkte sich sein Blick. Er sah die Verletzung auf seinem Handrücken, und mit einem leisen Schrei der Wut zerrte er mit der anderen Hand ein Messer hervor…
Hasard sah die kleinen weißen Pulverdampfwolken, die am Bug der ersten Schaluppe aufstiegen, und dann hörte er schon das Jaulen der Kugel, die hoch über ihm die Großbramstenge knickte. Die Rah löste sich, und mit einer Nock voran sauste sie in die Tiefe. Das Großbramsegel ging in Fetzen und wirbelte die Rah herum, die auf das Großstag prallte. Hasards Warnschrei ging im Donnern der Kanonen unter. Mit ohrenbetäubendem Krachen schlug die Spiere an Deck und schien sich in ihre Einzelteile aufzulösen. Batuti hatte das Unheil im letzten Augenblick bemerkt. Er zerrte den schwankenden Stenmark, dessen Gesicht von Pulverdampf geschwärzt war, zur Seite, und nur einen Sekunkenbruchteil später schlug die Spiere an dieser Stelle ein…