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das Schanzkleid gelehnt und hielt beide Beine weit von sich gestreckt.

      Servan fuhr auch herum, und gemeinsam mit Grammont stürzte er auf den Kumpan zu. Sie rutschten beide aus und schlitterten auf geradezu groteske Weise auf Bauduc zu.

      Bauduc drückte ab. Das Krachen der Pistole war nicht sonderlich laut. Grammont und Servan trafen bei ihm ein, Grammont riß ihm noch die Pistole aus der Hand, doch es war bereits geschehen: Jean Bauduc bäumte sich noch einmal auf, dann brach er zusammen und blieb schlaff und regungslos am Schanzkleid liegen.

      „Du Narr!“ stieß Servan zu Bauduc gewandt hervor. „Warum hast du das getan?“

      Yves Grammont untersuchte den Toten kurz, dann richtete er sich wieder auf und sagte: „Es war das einzig Richtige. Er wäre sonst auf wirklich scheußliche Weise krepiert.“

      „Ja“, bestätigte Servan, der es auch endlich einsah. „Aber die Engländer werden für seinen Tod büßen. Und für das da, für dieses Massaker, werden sie auch bezahlen.“ Er deutete auf die Leichen, die auf dem Oberdeck der „Coquille“ lagen.

      „Rache“, flüsterte Grammont.

      „Rache!“ rief auch Saint-Jacques von Bord der „Louise“, der alles verfolgt hatte.

      Die Piraten waren außer sich vor Wut und Haß über das, was geschehen war, und diese Gemütsverfassung war die ideale Voraussetzung für einen Gegenschlag, bei dem sie aus purer Vergeltungssucht bereitwillig ihr Leben in die Waagschale werfen würden.

      Easton Terry bereute es fast schon, Grammont seine weitere Unterstützung zugesichert zu haben. War es nicht Wahnsinn, einen neuen Kampf zu beginnen?

      Halibut dachte ähnlich, er sagte leise: „Es wäre besser gewesen, mit einem Kahn abzuhauen, Mister Terry. Wir hätten die Schaluppe nehmen können – die ist doch jetzt herrenlos und dümpelt irgendwo in der Südbucht.“

      Terry löste den Blick nicht von den Schiffen, als er antwortete. „Von was sollen wir unsere Zukunft finanzieren, wenn ich mal fragen darf?“

      „Das wird sich finden.“

      Terry grinste. „Besser wäre, wir würden Grammonts Gelder finden.“

      Halibut setzte ebenfalls ein gemeines Lächeln auf. „Das schon, aber wir müssen zusehen, daß wir mit heiler Haut davonkommen. Sonst haben wir von dem ganzen Reichtum nichts – Kapitän Terry.“

      „Laß das ruhig meine Sorge sein“, murmelte Terry. Er vergewisserte sich, daß außer den Männern der „Fidelity“ niemand mitgehört hatte, was sie gesprochen hatten. Aber die Gefahr bestand nicht, zumal sie sich in ihrer Muttersprache unterhalten hatten. Keiner der Franzosen verstand Englisch.

      Ja, Easton Terry würde sein eigenes Süppchen kochen. Deshalb empfahl es sich doch, weiterhin in einer Art Bündnis mit den Piraten zu leben. Er mußte herauskriegen, wo Grammont das Geld versteckt hatte, das er von Lucio do Velho, Bonano, de Fambrin und Quintaval erhalten hatte.

      Diesen Schatz mußte er in seinen Besitz bringen, erst dann würde er von der Bildfläche verschwinden. Er hatte einen Mann namens Lord Henry gekannt. Dieser Lord Henry hatte es mit der Vaterlandsliebe, der Loyalität und dem Eigennutz genauso gehalten wie er: An erster Stelle stand das Ich, erst dann folgte der Rest. Das war das alte Prinzip aller Schnapphähne und Beutewölfe, und daran hielt sich auch Easton Terry.

      Lord Henry war tot. Philip Hasard Killigrew war als der Stärkere aus ihrem Ringen hervorgegangen. Doch er, Terry, hatte sich geschworen, daß in seinem Fall die Dinge anders verlaufen würden. Nicht er, sondern der Seewolf würde diesmal den kürzeren ziehen.

      Der Seewolf hatte sich von Anfang an nicht getäuscht, als er Easton Terry genauso eingeschätzt hatte wie seinen damaligen Feind Lord Henry – die beiden hätten Brüder sein können. Terry war zu jeder Teufelei fähig, das hatte er bewiesen, und er empfand dabei nicht die geringsten Skrupel.

      Einer der beiden, Hasard oder er, mußte früher oder später auf der Strecke bleiben. Die entscheidende Auseinandersetzung zwischen ihnen hatte noch nicht stattgefunden, aber sie war unabwendbar.

      2.

      An der Südbucht von Mordelles fand das große Sammeln statt. Thorfin Njal, Eike, Arne, Olig, der Stör und alle anderen Männer des Schwarzen Seglers, die an Land gegangen waren, um bis in das Lager im Inselinneren vorzudringen, kehrten zurück. Sie wurden durch die Zurufe der Männer von Bord der „Hornet“, der „Fidelity“ und des „Eiligen Drachen“ empfangen.

      Der Wikinger blieb auf dem Strand der Bucht stehen und steckte sein „Messerchen“, wie er sein Schwert liebevoll nannte, weg. Als er die Gestalt des Seewolfes auf dem Achterdeck der „Hornet“ entdeckte, begann er breit zu grinsen.

      „Odin scheint es ja gut mit dir zu meinen!“ schrie er. „Nicht mal einen Kratzer hast du abgekriegt, oder?“

      „Keinen einzigen!“ antwortete Hasard. „Und du?“

      „Ich habe eine Haut, die so hart ist wie die Bordwand des schwarzen Seglers“, erklärte der Wikinger. „Vielleicht bin ich unvergänglich, wer weiß.“

      „Vielleicht bin ich unvergänglich, wer weiß“, wiederholte der Stör, der gerade neben ihn getreten war.

      Thorfin Njal gab einen grunzenden Laut des Unwillens von sich, dann trat er verblüffend schnell nach der Kehrseite des Störs. Der Stör flog gleich ein paar Yards weit, stolperte und landete bäuchlings auf dem Sand.

      „So geht es dir von jetzt an immer, wenn du mich nachäffst!“ brüllte Thorfin Njal. „Ich dulde nicht, daß du meine Worte nachplapperst wie ein Papagei! Denk dir selber was aus, zur Hölle!“

      Der Stör rappelte sich wieder auf und war bemüht, eine würdevolle Miene aufzusetzen.

      „Jawohl, das werde ich auch tun“, sagte er. „Ich meinerseits bin’s leid, mir dauernd in den Arsch treten zu lassen.“

      „Ich bin’s leid, ich bin’s leid“, äffte Arne ihn nach. „Das sagst du schon die ganze Zeit über, seit wir die Schlangen-Insel verlassen haben. Weißt du, daß wir das nicht mehr hören können?“

      „Wenn das so ist, dann haltet euch doch die Ohren zu“, erwiderte der Stör giftig.

      Auch Eike und Olig waren hinzugetreten. Sie bauten sich breitbeinig und mit vor der Brust verschränkten Armen neben Arne auf. „Weißt du eigentlich, wie es ist, wenn man wie ein Fisch im Wasser zappelt – mit einem Klotz aus Eisen an den Beinen?“ fragte Olig drohend.

      Der Stör blieb ihm die Antwort darauf schuldig, er ging vorsichtshalber gleich ein paar Schritte rückwärts – auf das Wasser der Bucht zu.

      „Hört auf, euch zu streiten!“ rief jetzt der Seewolf. „Kommt an Bord der ‚Hornet‘, damit wir miteinander beraten können!“

      „Sehr gut“, sagte Thorfin grinsend. „Dieses Beraten wird ja wohl keine allzu trockene Angelegenheit sein. Die Zunge klebt und sticht mir im Gaumen wie ein alter Seeigel.“

      Sie gingen zu ihren Booten, schoben sie ins Wasser, setzten sich hinein und pullten mit kräftigem Schlag zu den Schiffen. Keine halbe Stunde später – es war eben zum vierzehnten Male an diesem Morgen geglast worden – befanden sich alle Männer auf der „Hornet“, bis auf ein paar Wachen auch die Crew der „Fidelity“ und die Restbesatzung des Schwarzen Seglers.

      Erst jetzt konnte das Wiedersehen mit den Wikingern, mit Jean Ribault, Jan Ranse, Piet Straaten und Nils Larsen richtig gefeiert werden. Hasard ließ Wein, Dünnbier und Branntwein bringen, und die Männer prosteten sich auf dem Deck der Galeone unter dem von grauen Wolken durchwirkten Morgenhimmel zu.

      Thorfin Njal lenzte sein Glas Bier gleich bis auf den letzten Tropfen. Dann stieß er einen ächzenden Laut der Genugtuung aus und hieb seinen alten Freunden auf die Schultern: Hasard, Ben Brighton, Ferris Tucker, Shane, den O’Flynns, dem Profos und allen anderen.

      „Ho!“