rüffer&rub visionär / Ein Konto für die ganze Welt. Joachim Ackva

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fördert und koordiniert. Wir können ihn dazu mit einer neuen Gemeinschaftskasse ausstatten. Was für ein Betrag ist dafür erforderlich? Auf jeden umgerechnet, ist es ein Tausendstel des eigenen Privatvermögens. Beispiel: Wer 1000 Euro besitzt, hätte 1 Euro freiwillig einzuzahlen. Multinationale Umfragen weisen darauf hin, dass viele Menschen bereit sind, diesen Beitrag zu leisten – sowohl Arme wie Reiche. Wer diese Vision real werden lassen möchte, kann ab November 2016 auf ein »Pilot-Weltkonto« überweisen. Jeder Einzahler entscheidet dabei selbst, welche der 17 Global Goals gefördert werden sollen. Damit wirkt die Einzahlung gleichzeitig wie eine Abstimmung über das, was uns wichtig ist. Dieses Pilotkonto wird später dem UN-Generalsekretär António Guterres angeboten, verbunden mit der Bitte, die Einrichtung eines echten UN-Weltkontos zu prüfen. Mit dem Multi-Partner-Trust-Fund-Konzept verfügt der UN-Dienst bereits heute über eine passend skalierbare Infrastruktur.

      Das Risiko-Chance-Profil eines UN-Weltkontos: Im schlimmsten Fall ist ein Tausendstel des eigenen Vermögens verloren. Im besten Fall bewirken wir entscheidend mehr globale Kooperation: Der UN-Dienst kofinanziert im Auftrag der Zivilgesellschaft die Menschheitsziele und bewegt viele Staaten, die Krisenursachen gemeinsam mit uns als Zivilgesellschaft anzupacken. Wir schaffen damit einen sichtbaren Leuchtturm des globalen Gemeinsinns. Wir sorgen für mehr Orientierung, Ausgleich, Vertrauen und Stabilität. Wir bewahren uns vor persönlichen Verlusten, die weit höher als ein Tausendstel des Vermögens ausfallen können. Wir beenden den Rückzug der globalen Zivilgesellschaft und schützen unsere persönliche Freiheit vor politischen Verwerfungen. Die kommenden Seiten beschreiben den Ist-Zustand des globalen Managements, den Soll-Zustand und schließlich die resultierenden, persönlichen Maßnahmen für jene, die mitwirken möchten.

       Joachim° Ackva, Juli 2016

      Der Ist-Zustand

       der globalen

       Zusammenarbeit

      Es gibt weltweit mehr Privatvermögen denn je. Eine für unsere Vorfahren kaum vorstellbare Technik wartet auf unsere Befehle. Wir globalisieren Ressourcennutzung, Warenströme und Informationen, begleiten dies jedoch nicht mit einer passenden Organisation des menschlichen Miteinanders. Wir verfügen über immer mehr Kräfte und werden dennoch ratloser, weil es kaum Strukturen gibt, um sie zielgerichtet auf globaler Ebene zu entfalten.

      In der Presse lesen wir Beschreibungen wie die des »ZEIT«-Journalisten Jörg Lau:2 »Zerfall ganzer Staaten(-systeme) wie in Arabien; weltweite Renaissance des Autoritären; Wiederkehr von Tribalismus und Glaubenskriegen; Selbstschwächung des Westens durch einen Kapitalismus, der soziale Unwuchten verstärkt; Flüchtlingsströme als nächste Globalisierungsstufe. Wie in dieser Lage eine freiheitliche Ordnung gedeihen kann, weiß in Wahrheit niemand. Jedenfalls nicht durch Machtgehabe, ›Gleichgewichtspolitik‹ und die übliche ratlose Abfolge von Schurkenknutschen und -bombardieren.« Der Publizist Richard David Precht ergänzt:3 »Wir sind Getriebene und treiben nichts voran. Eine Zukunftsstrategie dagegen ist bei keinem Konfliktherd in Sicht … der gesamte Westen scheint gelähmt … und auch ein paar Milliarden mehr für Entwicklungshilfe sind keine Lösung. Ohne Strategie und kluge Menschen, die sie entwickeln, wird es nicht gehen … Doch bei Google und Facebook werden weiterhin Tausende Genies mit Milliardenaufwand ungezählte kommerziell erfolgreiche Antworten auf nicht gestellte Fragen finden – die wirklichen Probleme der Welt lassen sie stumm.«

      Vieles davon trifft sicher zu, doch existiert auch ein konstruktiverer Blickwinkel: Eine Zukunftsvision ist vorhanden – die Weltordnung –, die von Genies wie de Groot, Kant und Einstein vorgedacht wurde. Nur haben wir diese Vision bislang nicht verwirklicht. Dadurch bleibt das globale Geschehen unter den knapp 200 Nationalstaaten unnötig chaotisch. Das Beispiel einer Wohnanlage mag dies illustrieren: Angenommen, 200 Wohnungseigentümer leben in einem Gebäudekomplex mit Grünanlagen und möchten diesen instand halten.

      Möglichkeit 1 | Man betraut die einzelnen Wohnungseigentümer mit dieser Aufgabe. Um sich abzustimmen, werden sie endlos konferieren: Was will wer, wann und wo, von wem bezahlt tun? Dach, Fassade, Fenster, Kinderspielplatz, Treppenhaus, Keller, Wasserleitungen, Telekommunikation, Teich- und Baumpflege, Reinigungsdienst, Brandschutz und Müllsammelstelle? Manche werden sich engagieren, andere sich zurücklehnen, wieder andere viel versprechen und wenig halten. Aber das ist erst der Anfang. Die ganz unterschiedlich veranlagten Eigentümer sind weder professionell, noch kann man sie rechenschaftspflichtig für Gemeinschaftseigentum machen. Das alles verletzt eine Grundregel des erfolgreichen Managements: Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung gehören möglichst auf gleiche Ebene. Da diese Regel im vorliegenden Beispiel nicht beherzigt wird, sind die Hausbewohner bald zerstritten, und das Gemeinschaftseigentum leidet. Genau das beobachten wir in unserer planetaren Wohnanlage.

      Die Politik nennt gemeinschaftliche Güter »Global Public Goods« (GPGs).4 Darunter fallen z.B. Frieden, Sicherheit, funktionierende Finanz- und Gütermärkte, stabiles Klima oder Regenerationsfähigkeit der Erde. Die meisten von uns wollen diese Gemeinschaftsgüter erhalten. Doch was tun wir? Wir legen sie in die Hände von 193 Regierungen, die naturgemäß nationale Interessen und Kompetenzen vertreten. »Wir leben in politisch paradoxen Zeiten. Denn während jeder (oder fast jeder) weiß, dass die zentralen Krisen, die zu bewältigen sind, globaler Natur sind, gibt es darauf kaum angemessene Antworten. Ob es die globale Finanzkrise ist … ob es die oft verschleierte Krise von Armut und Hunger in weiten Teilen der Welt ist, ob es die ökologische Problematik oder die sogenannte Flüchtlingskrise ist, stets fallen Problemanalyse und politische Reaktion dramatisch auseinander«, diagnostiziert der Politikwissenschaftler Rainer Forst, Leiter des Exzellenzclusters »Normative Ordnungen« an der Goethe-Universität Frankfurt.5 Gleichermaßen paradox wirkt, dass wir zum Er-halt von Gemeinschaftsgütern oft auf Konzerne setzen, die naturgemäß den Profitzwang repräsentieren. Daneben agieren zahllose zivilgesellschaftliche Organisationen, die relativ zur Aufgabe winzig und völlig zerstreut sind, oft um Zuwendungen konkurrieren. Global versuchen Zehntausende von Civil Society Organizations (CSO) mitzureden6 – ebenso gut könnten wir auch eine Handvoll Sand auf eine Dartscheibe werfen. Kompetenz und Verantwortung all dieser Akteure liegen unterhalb der Aufgabenebene. Selbst mächtige Nationen agieren weit unterhalb der Aufgabenebene. Mit dieser Politik kommt die Welt kaum weiter, oft vermehren nationale Eingriffe das allgemeine Chaos und die Desorientierung.

      Möglichkeit 2 | Die Menschen in der Wohnanlage schaffen eine Instanz, die sich im Auftrag aller um die Instandhaltung der Wohnanlage kümmert – sie engagieren eine Hausverwaltung. Sie legen eine Gemeinschaftskasse an, mit der die neue Hausverwaltung das Gemeinschaftsgut instand hält. Sie verfügen damit über eine rechenschaftspflichtige Instanz, die Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung so gut wie möglich vereint. Die Hausverwaltung repräsentiert einen vollständigen Managementkreislauf: Ist-Analyse → Ziel setzen → Plan erstellen → Realisieren → Soll-Ist-Analyse. Sie formt keine »Regierung«, sondern einen von uns als Zivilgesellschaft abhängigen Dienstleister für gemeinschaftliche Aufgaben.

      Diese Abgrenzung wird enorm beeutsam werden. Denn jeder Schritt hin zu einer Weltregierung stößt auf diamantharten Widerstand. Kaum eine Regierung oder nationale Legislative lässt sich gerne in ihre Partikularinteressen hineinreden, ohne dafür einen klaren Nutzen zu erhalten. Um dies zu verdeutlichen, ließe sich das Verhalten vieler Länder heranziehen. Als Pars pro Toto mögen hier die USA dienen. Genauso gut und noch besser könnten es je nach Fall auch andere Staaten illustrieren. Der US-Kongress beispielsweise verweigert bei der Klärung der Gebietsrechte rund um den Nordpol den Beitritt zum UN-Seerechtsabkommen. Mit der schmelzenden Arktis werden dort neue Fischgründe, Schiffsrouten und Rohstoffe am Meeresboden zugänglich. Gemäß UN-Seerecht prüfen Geologen nun anhand der unterseeisch fortlaufenden Festlandssockel der jeweiligen Staaten, wem welche Gebiete zustehen. Doch der US-Kongress will diese sachlich-geologische Lösung mit den UN nicht, sondern lieber national mit den anderen Arktis-Anrainern über die Grenzziehung verhandeln. Anderes Beispiel: Im Jahr 2002 ermächtigte der Kongress den US-Präsidenten zu einer militärischen Befreiungsaktion, falls vor dem internationalen Strafgerichtshof in den Niederlanden ein US-Bürger angeklagt würde. Hier konkurrieren nationale Strategien mit der Weltrechtsstrategie.

      Die Lösung ist eine Globale Hausverwaltung, die nationale Souveränität