Sturm über der Eifel. Katja Kleiber

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Название Sturm über der Eifel
Автор произведения Katja Kleiber
Жанр Языкознание
Серия Eifel Krimi
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960416524



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      Katja Kleiber ist das Pseudonym einer freien Journalistin und Kriminalschriftstellerin aus Frankfurt am Main. Sie ist Mitglied im Syndikat und bei den Mörderischen Schwestern.

      Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

      Alle Rechte vorbehalten

      Umschlagmotiv: Montage aus lookphotos/Wohner, Heinz; Oimheidi/Pixabay.com

      Umschlaggestaltung: Nina Schäfer, nach einem Konzept von Leonardo Magrelli und Nina Schäfer

      Umsetzung: Tobias Doetsch

      Lektorat: Susanne Bartel

      E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

      ISBN 978-3-96041-652-4

      Eifel Krimi

      Originalausgabe

      Zitat: James Wilson, »Und die Erde wird weinen«, Suhrkamp 2001

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      Eines Tages wird die Erde weinen, sie wird

      um ihr Leben flehen, sie wird Tränen von Blut weinen.

      Ihr werdet die Wahl haben, ihr zu helfen

      oder sie sterben zu lassen, und wenn sie stirbt,

      sterbt ihr auch.

      John Hollow Horn von den Oglala Lakota, 1932

      Prolog

      Er fand die Stelle sofort, wo der Zaun aufgeschnitten war. Er hatte sich den heiligen Ort zuvor bei Tageslicht gründlich angeschaut. Jetzt war hier niemand, der ihn beobachten konnte. Er drückte das Drahtgeflecht zur Seite und zwängte sich durch die Öffnung. Richtete sich auf, dehnte den Rücken und blinzelte in die Abenddämmerung. Die Luft roch nach Wald, erdig und feucht.

      Ein sandiger Pfad schlängelte sich durch Brombeerhecken, durch einen flachen Graben und über einen niedrigen ringförmigen Wall. Vor mehr als dreitausend Jahren hatten ihn Menschen aus Erde errichtet, mit primitivsten Mitteln.

      Der Pfad verlief in leichten Kurven und verlor sich auf der Mitte der Hochfläche. Er folgte ihm bedächtig. Der Sand war kalt, fühlte sich aber gut an unter seinen nackten Füßen, rieb leicht zwischen den Zehen.

      Auf der Ebene in der Mitte des Rings war das Gras kurz gemäht. Wenigstens kümmerte sich der Heimatverein darum, den Bewuchs zurückzuschneiden, wenn auch niemand mehr wie in alter Zeit das Heiligtum ehrte.

      In der Mitte war ein Holzpfosten in die Erde gerammt. War das der richtige Ort? Das Zentrum des Ringwalls, wo sich die Energie sammelte?

      Sein Blick fiel auf drei dicke Eichen wenige Meter neben dem Pfosten. Er ging zu dem dicksten Stamm, berührte die raue Rinde und ließ sich dann in den Schneidersitz gleiten. Hier würde er die Nacht verbringen. Mit einer Kopfbewegung warf er seinen Zopf nach hinten und zog sich das Fell enger um die Schultern.

      Der Mann blickte auf zum Himmel. Es war ein bewölkter Tag gewesen, auch jetzt sah er kaum Sterne. Nur direkt über ihm waren die Wolken aufgerissen. Die Sichel des Mondes war noch dünn. Angeblich waren über dem Ring selbst niemals Wolken zu sehen. Zumindest heute Abend stimmte das.

      Jetzt musste er zur Ruhe kommen. Er konzentrierte sich auf seinen Atem. Einatmen. Ausatmen. Er spürte den Winter, nicht nur in der kühlen Luft. Sein ganzer Körper sehnte sich nach Ruhe, einer wohlverdienten Auszeit. Doch eine riesige Aufgabe erwartete ihn. Das Geheimnis, das ihm anvertraut worden war, durfte keins bleiben. Er brauchte nicht die Ruhe des Winters, sondern die Kraft des Frühlings, des Anfangs.

      Er versuchte, seine Gedanken davongleiten zu lassen. Einatmen. Ausatmen. Ein Vogel schrie auf und flatterte in die Baumkrone hinauf. Ob Vögel an diesem Ort auch etwas Besonderes wahrnahmen? Seine geschulten Sinne spürten die Energie des Ortes deutlich, wie ein ständiges Pulsieren. Heute Nacht würde sie besonders stark sein. Er wollte sie in sich aufnehmen. Er brauchte sie, um seine Aufgabe zu erfüllen. Um die Gier des Menschen nach immer mehr Profit zu stoppen.

      Hinter sich hörte er ein Rascheln. Etwas bohrte sich in seinen Rücken.

      Seine Arme und Beine begannen, unkontrolliert zu zucken. Er versuchte, sich zu wehren, doch seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Dann spürte er einen stechenden Schmerz zwischen den Rippen.

      Ein Funke

      Fast hätte sie das Gefühl nicht erkannt: Freude. So lange war es her, dass sie zuletzt dieses angenehme Gefühl im Bauch verspürt hatte.

      Als das Pferd sie mit der Nase anstupste, griff sie gehorsam in ihre Tasche und holte einen weiteren Apfel hervor. Die samtigen Lippen des Tieres griffen danach und berührten ihre Handfläche. Die Samtlippen waren es auch, die sie auf die Idee gebracht hatten, reiten zu lernen. Sie gehörten den zwei braunen, zotteligen Ponys, die seit einigen Monaten auf einer Wiese in der Nähe ihres Hauses standen. Wenn Ella den Tieren manchmal eine Möhre oder einen Apfel brachte, schnupperten sie mit ihren Samtnasen an ihrer Hand und an der Jacke auf der Suche nach weiteren Leckerbissen. Die Besitzerin kam nur am Wochenende aus Köln, um sich um sie zu kümmern. Sonst versorgte eine Nachbarin die Tiere.

      Der Wunsch, mehr Zeit mit diesen sanften Vierbeinern zu verbringen, war langsam gewachsen. Sich von ihnen tragen zu lassen, Ausritte zu unternehmen, vielleicht sogar tagelang durch die Eifelwälder zu streifen.

      Und jetzt stand sie hier bei dem Braunen, der seine lange Nase gerade in die Tasche ihrer Wachsjacke steckte, um den nächsten Apfel herauszuholen. Doch seine Nase war viel zu breit für die Öffnung der Tasche. Lachend trat Ella einen Schritt zurück.

      Wieder spürte sie dieses warme Leuchten tief in sich. Ein ungewohntes Gefühl. Vor vielen Jahren hatte sie es regelmäßig erlebt. Vor ihrem Zusammenbruch, den die Ärzte Burn-out nannten. Ausgebrannt. Ein Brand hinterließ nichts als Asche. Jetzt glomm unter dieser Asche ein Funke. Ihre Seele hatte sich abgekapselt, um keine unangenehmen Gefühle mehr zuzulassen. Leere, Trauer, Scham – all das wollte Ella nicht mehr wahrnehmen. Die Seele in ihrem Panzer hatte aber auch keine Freude mehr gespürt, bis jetzt, hier bei den Tieren.

      Wieder stupste das Pferd Ella an. Joe, ein brauner Wallach. Sie bewunderte seine festen Muskeln. Seine Mähne war unten dunkel und oben am Ansatz blond, erinnerte an eine herausgewachsene Haarfärbung. Auf der Stirn hatte er einen kleinen weißen Fleck, einen Stern.

      Marnie hatte ihr als Erstes aufgetragen, das Pferd zu striegeln. Die kleine Trainerin mit den dunklen Haaren hatte einige Jahre im Renngeschäft mitgemischt, bevor sie sich wieder in ihr Heimatdorf in der Eifel zurückgezogen hatte, um den Reiterhof zu führen.

      Joe hielt brav still, und Ella machte es sogar Spaß, dem Braunen Staub aus dem Fell zu bürsten. Er erschien ihr riesig, wie er direkt vor ihr stand. Sie konnte gerade so über seinen Rücken blicken.

      Nacheinander ließ Marnie nun ihre Hände an den Beinen des Pferdes hinuntergleiten. Folgsam hob das Tier das jeweilige Bein, Marnie hielt es auf ihrem Knie fest und säuberte mit einem Kratzeisen den Huf.

      Ella machte instinktiv einen Schritt zurück. Ganz geheuer war ihr die Sache nicht. Am Ende trat Joe ihr noch auf den Fuß. Aus ein paar Metern Distanz schaute sie Marnie aufmerksam zu.

      Die Zeiten schienen sich zu bessern für sie. Vielleicht würde Reiten ihr neues Hobby werden. Und vielleicht hatte sie auch bereits einen Mann kennengelernt, der ihr in der Zukunft etwas bedeuten würde. Als sie an ihn dachte, begann es in ihrem Bauch zu kribbeln. Auch das ein ungewohntes Gefühl.

      Sie verlor sich in Gedanken an seine gütigen braunen Augen, die alles zu wissen schienen. An seine hagere Figur, die feingliedrigen