Allein am Stony Creek / Schutzlos am Red Mountain. Christopher Ross

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Название Allein am Stony Creek / Schutzlos am Red Mountain
Автор произведения Christopher Ross
Жанр Книги для детей: прочее
Серия Alaska Wilderness
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783764191665



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in der Dunkelheit untertauchten. Die beiden Fahrer hoben sich dunkel gegen den Schnee ab. Sie rasten über die Park Road in Richtung Wonder Lake und lachten so laut, dass man sie über das Brummen der Motoren und das Jaulen und Bellen der Hunde hören konnte.

      Julie erfasste mit einem Blick, dass sie das Gatter des Zwingerbereichs geöffnet und etliche Huskys losgebunden hatten. Auch die Gittertür der Welpen stand offen. Zu den freigelassenen Huskys gehörte Curly, der sich natürlich gleich auf Rowdy gestürzt hatte und kurz davor war, sich ernsthaft mit ihm in die Haare zu bekommen. Beide kläfften sich wütend an, als hätte man sie aufeinandergehetzt.

      »Kümmere dich um die Huskys«, rief Carol ihr zu. »Ich alarmiere die anderen und fahre den beiden Jungen nach.« Auch Julie fand, dass die beiden Fahrer der Snowmobile noch recht jung geklungen hatten. Carol warf ihr einen Zündschlüssel zu. »Hier! Nimm das schwarze Snowmobil, wenn du mit den Hunden fertig bist, und fahr mir nach. Nimm dein Funkgerät mit, okay?«

      Julie hatte den bellenden Curly bereits beim Halsband gepackt und schleppte ihn zu seiner Hütte zurück. »Immer mit der Ruhe, Curly«, beruhigte sie ihn, »du weckst ja das ganze Camp auf. Leg dich nicht mit Rowdy an.«

      Carol rannte zum Verwaltungsgebäude hinauf, wo die Snowmobile parkten. Sie hielt ihr Funkgerät in einer Hand und sprach mit Ranger Erhart. »Zwei Jugendliche«, bestätigte sie, »könnte sein, dass sie betrunken sind.« Sie schwang sich auf eines der Snowmobile und startete den Motor. »Bin schon unterwegs, Greg. Ich nehme Julie mit. Klar, ich melde mich über Funk. Wäre nicht das erste Mal, dass ich mit solchen Burschen fertigwerde. Ich werde ziemlich böse, wenn mich jemand mitten in der Nacht aus dem Bett holt.«

      Sie fuhr zur Park Road hinunter und gab Gas. »Beeil dich!«, rief sie Julie im Vorbeifahren zu.

      Endlich hatte Julie alle Hunde wieder eingefangen und die Gittertür hinter den verängstigten Welpen geschlossen. »Keine Angst, Chuck«, rief sie ihrem Leithund zu, »wir fangen diese beiden Idioten und lassen sie dafür büßen.«

      Sie stieg zum Verwaltungsgebäude hinauf und startete den Motor des schwarzen Snowmobils. Wie alle anderen Maschinen hatte es ein Ranger am Abend vollgetankt, so war es im Nationalpark üblich. Sie ließ den Scheinwerfer aufflammen und fuhr auf die Park Road, drehte auf und folgte Carols Spuren. Sie saß nicht zum ersten Mal auf einem Snowmobil, war schon als vierzehnjähriges Mädchen darauf gefahren und konnte beinahe so gut damit umgehen wie mit einem Hundeschlitten.

      Für Notfälle hing eine Schutzbrille am Lenker, die Julie sofort überzog. Sie schützte vor allem gegen den eisigen Fahrtwind. Nach vorn gebeugt, um den aufwirbelnden Schnee nicht ins Gesicht zu bekommen, folgte sie der breiten Straße. Ziemlich dumm von den jungen Männern, über die Park Road zu fliehen, wo man sie am ehesten finden würde. Wenn sie nur ein bisschen Grips hätten, würden sie sobald wie möglich von der Straße abbiegen und sich über einen Trail davonmachen. Sie waren anscheinend wirklich betrunken.

      Carol hatte ihr das schwarze Snowmobil nicht ohne Grund gegeben. Die Maschine war nur für einen Fahrer angelegt und ließ sich am leichtesten steuern. Dennoch war Julie nicht begeistert. Sie war ungern mit Snowmobilen unterwegs. Sie verursachten einen Höllenlärm, bliesen stinkenden Benzindunst in die klare Luft, und die Motoren waren so empfindlich, dass man alle paar Wochen mit einer Panne liegen blieb. Sie passten eigentlich am wenigsten in die verschneite Landschaft am Mount McKinley. Die Ranger benutzten die Fahrzeuge nur, wenn sie keine andere Wahl hatten, so wie bei diesem Einsatz. Sonst waren die meisten lieber zu Fuß, mit Skiern oder dem Hundeschlitten unterwegs, auf diese Arten hätten sie die beiden Jugendlichen jedoch nie eingeholt.

      Am Savage River hatte Julie weder Carol noch die flüchtigen jungen Männer eingeholt. Sie hielt an und schaltete den Motor aus, um besser hören zu können. Nur aus weiter Ferne drang das Brummen eines Snowmobils an ihre Ohren. Oder waren es mehrere Snowmobile? Kam das Geräusch von Carol, die weiter der Park Road folgte, oder von den jungen Männern, die auf ihren Maschinen geflüchtet waren? Sie schloss die Augen und lauschte angestrengt.

      Nur ein Snowmobil, entschied sie nach einer Weile. Entweder waren die Flüchtigen schon über alle Berge, oder sie hielten sich irgendwo versteckt. Sie startete erneut den Motor und fuhr weiter. Sehr zügig, um Carol so schnell wie möglich einzuholen, folgte sie der Straße weiter nach Westen. Es war bitterkalt, besonders auf den Ebenen, die nicht durch Bäume geschützt waren, und die Haut um ihre Schutzbrille war bereits taub und gefühllos. Sie zog während der Fahrt ihren Schal heraus und wickelte ihn um den Kopf.

      An der Abzweigung, die sie das letzte Mal mit dem Hundeschlitten genommen hatte, bremste sie erneut. Diesmal hörte sie allerdings nur noch das Rauschen des Windes, als sie den Motor abstellte. Sie war allein. Weder die flüchtigen jungen Männer noch Carol schienen noch in der Nähe zu sein. Von den Ästen der Fichten regnete leichter Schnee auf sie herab, gab ihr das Gefühl, in einen dichten Flockenwirbel geraten zu sein. Schwaches Nordlicht flackerte am Himmel.

      Julie konnte sich nicht vorstellen, dass die jungen Männer auf der Park Road geblieben waren. So dumm konnten sie nicht sein. Viel wahrscheinlicher war, dass sie die Straße irgendwo verlassen hatten und im Schutz eines Waldes warteten, bis Carol und sie die Suche aufgeben würden und die Gefahr vorüber war. Sie sahen das Versteckspiel sicher als großes Abenteuer an.

      Sie zog ihr Funkgerät aus der Tasche und versuchte eine Verbindung mit Carol zu bekommen. »Carol, hier Julie. Bitte kommen.« Keine Antwort, lediglich ein atmosphärisches Rauschen, als würde sie sich in den Ausläufern des Mount McKinley aufhalten. »Carol! Wo steckst du? Hier Julie, bitte melden!« Viermal versuchte sie, ihre Vorgesetzte zu erreichen, doch die Reaktion war immer die gleiche, außer dem Rauschen war nichts zu hören. Entweder war Carol in einem Funkloch, oder sie hörte ihre Meldung nicht, weil sie mit Vollgas nach Westen fuhr, und das Motorengeräusch alles andere übertönte.

      Einem Impuls folgend, den sie sich selbst nicht erklären konnte, bog Julie von der Straße ab und folgte ihren eigenen Spuren nach Südwesten. Die Spuren der beiden Snowmobile waren weder auf der Park Road noch auf dem Trail zu erkennen, dazu hatte der heftige Nachtwind den Schnee viel zu sehr aufgewirbelt Also verließ sie sich ganz allein auf ihr Bauchgefühl. Ein gefährliches Unterfangen, wie sie sich erst unterwegs eingestand, denn niemand konnte ihr sagen, ob die beiden Rowdys nicht vielleicht durchdrehten, wenn sie ihnen zu nahe kam. Ihren Revolver würde sie gegen zwei Jugendliche nicht einsetzen, den besaß sie nur, falls ihr ein verletztes oder angriffslustiges Wildtier begegnete. Was geschah, wenn die Flüchtigen sie in ihrer Panik bewusstlos schlugen und sie im Schnee liegen ließen? Was, wenn sie gleich darauf das Weite suchten? Selbst in ihrer warmen Kleidung war es gefährlich, länger auf dem vereisten Trail oder im Tiefschnee stecken zu bleiben.

      Sie musste jetzt langsamer fahren, um auf dem schwierigen Untergrund nicht ins Schleudern zu geraten. Das Fahren strengte sie an, und ihr taten jetzt schon alle Muskeln weh. Auf den Kufen eines Hundeschlittens hätte sie sich wesentlich wohler gefühlt. Sie stieß auf einen abgebrochenen Ast, den der Wind auf den Trail geweht hatte, bremste gerade noch rechtzeitig, lenkte die Maschine scharf nach rechts und blieb mit den Vorderkufen im Tiefschnee stecken. Der Motor heulte auf und verstummte abrupt. Sie fluchte wütend.

      Es kostete sie einige Anstrengung, das Snowmobil aus dem Schnee zu ziehen und an dem Hindernis vorbeizufahren. Sie blieb am Flussufer, das zu schmal für einen Hundeschlitten, aber ideal für ein Snowmobil war, und trat verwundert auf die Bremse, als sie die Abzweigung zu einem Trail erreichte. Die Ranger benutzten den schmalen Pfad, der in steilen Serpentinen durch die Ausläufer der Berge und über einige steile Hänge führte, höchst selten, besonders im Winter, wenn man auf den vereisten Hügelkämmen leicht abrutschen konnte.

      Zwei breite Snowmobil-Spuren bogen auf den Trail ab und folgten ihm nach Nordwesten. In dem tiefen Schnee, den man durchqueren musste, um auf den Pfad zu kommen, waren sie deutlich zu sehen. Ihr Bauchgefühl hatte sie nicht betrogen. Die jungen Männer hatten die Abzweigung genommen und hielten sich mit ihren Snowmobilen irgendwo in den Felsen versteckt.

      Sie versuchte erneut, Carol über Funk zu erreichen, hatte jedoch wieder kein Glück. Das Funkgerät blieb stumm. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als allein weiterzufahren oder umzukehren. »Geh kein unnötiges Risiko ein«, hatte man ihr während der vergangenen