Greta, Jupp und die Geister. Verena Prym

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Название Greta, Jupp und die Geister
Автор произведения Verena Prym
Жанр Книги для детей: прочее
Серия Greta, Jupp und die Geister
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960740704



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      Jupp zuckt die Schultern. „Ja, er war ganz allein. Keine Spur von den Eltern. Er wimmerte kläglich vor sich hin und ein krächzender Rabe lauerte schon.“ Da meint auch Greta, dass es richtig war, den kleinen Geist mitzunehmen.

      „Ich sorge gut für ihn“, versichert Jupp. „Er bekommt viel frische Luft, und wenn ich ihn nachmittags spazieren trage, nehme ich das Tuch weg, sodass er den Himmel sehen kann. Er macht auch schon Flugübungen im Eimer.“

      „Flugübungen?“, staunt Greta und versucht sich vorzustellen, wie es wohl aussieht, wenn der kleine Geist im Eimer auf und ab schwebt. Wie eine aufgeblasene weiße Hummel vielleicht. „Brummt er beim Fliegen?“, möchte sie wissen.

      „Er ist doch kein Hubschrauber“, lacht Jupp. „Nein, wirklich, Greta, Geister schweben lautlos.“

      Greta pfeift durch ihre Zahnlücke. „Lautlos? Da kennst du meine Geister aber schlecht!“

      Jupp reißt die Augen auf. „Deine Geister?“

      In diesem Augenblick steckt Frau Gruber den Kopf aus der Klassenzimmertür und bittet die beiden, in die Klasse zurückzukommen, da nun die Mathestunde beginne. Der Eimer könne ein allerletztes Mal mit hineingenommen werden, morgen müsse er aber zu Hause bleiben, sonst gäbe es ein Donnerwetter.

      Jupp legt den Zeigefinger auf den Mund. „Der Babygeist ist unser Geheimnis, ja?“

      „Klar doch“, verspricht Greta.

      „Bis er wegfliegt“, ergänzt Jupp.

      Greta reißt erschrocken die Augen auf. „Er fliegt weg? Wann denn?“

      Jupp zieht die Schultern hoch. „Ich weiß nicht wann und auch nicht wohin. Er wird wohl dorthin fliegen, wo andere Geister wohnen. Geister leben gern in Gruppen zusammen.“

      In Gretas Bauch beginnt es zu kribbeln. „Vielleicht fliegt er ja zu meinen Geistern aufs Dach“, meint sie freudig.

      Da erscheint Frau Grubers Kopf erneut im Türrahmen. „Greeeta!“, ruft sie mit krächzender Stimme. „Das habe ich genau gehört! Hör auf mit den Geistergeschichten!“

      Greta sieht Jupp an und kichert. „Wenn die wüsste! Jetzt geht es erst richtig los mit der Geistergeschichte!“

      Sie überlegt einen Moment. „Hast du dem Babygeist eigentlich schon einen Namen gegeben? Also, ich finde, Schnuppe würde gut zu ihm passen.“

      „Er hat schon einen Namen“, sagt Jupp.

      „Und welchen?“, möchte Greta wissen.

      Jupp grinst schelmisch. „Star Wars!“

      Da schüttelt Greta lachend den Kopf. „Na ja, nicht so gut wie Schnuppe, aber immerhin besser als Lillifee.“

      *

      *

      5

      Nachts kommen wieder die Geister auf Gretas Dach heraus und machen Schabernack. Fürchterlich lauten Schabernack. Sie trommeln auf die Dachziegel und singen Geisterlieder, sie raufen und rutschen heulend die Dachrinnen hinunter, direkt an Gretas Bett vorbei.

      Darauf hat Greta nur gewartet. Sie fasst sich ein Herz, schlägt die Bettdecke zurück und steht auf. Auf Zehenspitzen schleicht sie zum Fenster und öffnet es vorsichtig. Doch draußen ist es mit einem Mal ganz still. Keine Spur von einem Geist.

      Greta späht in den dunklen Nachthimmel. Sie blickt nach oben und nach unten, nach links und nach rechts. Nicht die Spur eines Geistes ... Wo stecken sie nur alle?

      Da entdeckt sie im Kastanienbaum gegenüber einen weißen Luftballon. Doch je länger sie hinübersieht, desto zweifelhafter erscheint ihr der Ballon. Er sieht irgendwie anders aus, ein bisschen lebendiger ... Ist er vielleicht ... ein GEIST?

      „He!“, ruft sie.

      Nichts bewegt sich.

      „He!“, ruft sie noch einmal etwas lauter.

      Keine Reaktion.

      „He du ... bist du ein Luftballon?“

      Da erscheinen plötzlich zwei dunkle Punkte auf der weißen Hülle. Greta schluckt. Das sind doch Augen, eindeutig Augen! Also ist der Ballon kein Luftballon, sondern tatsächlich ein ... GEIST!

      „Wie begrüßt man einen Geist am besten?“, überlegt Greta. Derlei wichtige Fragen werden in der Schule nämlich nicht besprochen. Alles, was Greta dort fleißig im Unterricht gelernt hat, hilft in diesem Augenblick so viel wie ein Eis zur Abkühlung im Winter.

      Sie beschließt, es mit einem einfachen Winken zu versuchen. Lächeln und Winken verstehen schließlich schon Kleinkinder, da wird wohl ein kleiner Geist keine Ausnahme machen. Es gilt schließlich nur, ihm zu zeigen, dass sie ein freundlicher Mensch ist. So also erhebt Greta ihre Hand und wedelt ein bisschen hin und her.

      Und tatsächlich: Der Geist erwidert die Bewegung. Auch er hebt seine kleine weiße Hand und beginnt zu winken. Immer ausgelassener und fröhlicher werden sie und fangen schließlich an zu lachen.

      Doch dann, gerade als Greta dem kleinen Geist ein „He, komm doch rüber zu mir!“ zurufen möchte, saust plötzlich wie aus dem Nichts ein hagerer Flattergeist heran, packt den kleinen Geist bei der winkenden Hand und zerrt ihn mit sich. Der kleine Geist heult auf wie eine Sirene.

      Greta stockt der Atem, doch dann ruft sie aus voller Seele: „Stooppp!“ Und noch einmal: „Stoopppp!“

      Doch der Flattergeist saust weiter im großen Bogen um die Kastanien herum, den kleinen Geist fest im Griff.

      „Stoooopppppp!“, schreit Greta noch einmal, aber die schwarze Nacht hat die beiden bereits verschluckt.

      Gretas Gedanken wirbeln durcheinander.

      Warum hat der Flattergeist den kleinen Geist mitgerissen?

      Klaut er etwa Geister?

      Oh, unbedingt müssen sie und Jupp verhindern, dass Star Wars sich allein auf den Weg zu den Geistern macht.

      Aber wie?

      Greta hat keine Idee. Sie schließt das Fenster und schleicht niedergeschlagen zurück in ihr Bett.

      Ihr Zuhause ist also doch kein guter Platz für den Babygeist. Hier leben zwar Geister, von denen einige ihn bestimmt willkommen heißen würden, aber gleichzeitig treibt eben auch ein böser Flattergeist sein Unwesen.

      In dieser Nacht findet Greta lange Zeit keinen Schlaf. Verzweifelt überlegt sie, was sie und Jupp nur tun können, doch als sie in den frühen Morgenstunden endlich einschläft, hat sie noch immer keine Lösung gefunden ...

      *

      *

      6

      Am nächsten Tag wartet Greta vor dem Schulgelände auf Jupp. Sie hockt auf dem großen, runden Stein neben dem Eingangstor und reibt sich die müden Augen. Wenn doch Jupp nur endlich auftauchen würde, damit sie ihm erzählen kann, was in der Nacht passiert ist.

      Doch Frau Gruber durchkreuzt ihr Vorhaben, von übler Laune geplagt. In der Nacht hat auch sie kaum ein Auge zugetan, so einen schrecklichen Lärm hat das ältere Ehepaar, das über ihr wohnt, wieder verursacht.

      Und dann haben die beiden, nur in lumpige Bademäntel gehüllt, auch noch frech behauptet, sie selbst könnten ebenfalls nicht