Die großen Literaten der Welt. Katharina Maier

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meisten der über 14.000 Gedichte des großen Poeten in dieser Zeit und während seiner letzten Lebensjahre, die der große Wanderer – wie die Jahre seiner Jugend und der Kriegszeit – in steter Unrast verbringen musste.

       Wichtige Werke:

      Ba ai shi (›Acht Klagen‹)

      Beizheng (Reise in den Norden)

      Quinixing bu shou (›Acht Gedichte über die Herbststimmung‹)

      Yonghuaigujo (›Ausdruck von Gefühlen angesichts alter Stätten‹)

      Yueye (Mondnacht)

      1 Li Bai ist in Europa besser bekannt unter dem Namen Li Taibai oder Li Taibo.

      2 Du Fu teilte durchaus Li Bais Liebe zum Wein und schrieb lebensfrohe Gedichte über denselben, während Li Bai wie sein jüngerer Freund die Kriegswirren seiner Zeit in Verse fasste.

      3 Diese Begegnung fand wahrscheinlich im Jahr 744 während der ausgedehnten Reisen des jungen Du Fu durch das Chinesische Reich statt und war vor allem durch die tiefe Bewunderung geprägt, die der noch unbekannte Jüngere dem ›Dichtergott‹ Li Bai entgegenbrachte.

      1 Reinhard Emmerich. »Östliche Han bis Tang«. in: Reinhard Emmerich (Hg.): Chinesische Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar: Metzler 2004. S. 88–186, hier: S. 154.

      2 Die formstarke Lyrik Du Fus beeinflusste vor allem auch Matsuo Bashō (1644–1694), den Erfinders des japanischen Haiku.

      1 Übersetzung von Günter Eich

      2 Wolfgang Kubin. »Du Fu«. in: Axel Ruckaberle (Hg.): Metzler Lexikon der Weltliteratur. Band 1. Stuttgart/Weimar: Metzler 2006. S. 400–401. hier: S. 400.

      3 Etwa verfasste Du Fu Liebesgedichte an seine Ehefrau, wie es damals nur an Konkubinen üblich war, oder gab der Trauer über den Hungertod seine jüngsten Kindes lyrische Gestalt.

      4 Übersetzung von Günter Eich

      1 Du Fu war einer der ersten chinesischen Dichter, der sein Gesamtwerk nach biographischen Aspekten gliederte.

      2 An Lushan, ein einflussreicher General aus dem Nordosten des damals extensiven Chinesischen Reiches, führte die Rebellion gegen die Tang-Kaiser an, die bürgerkriegsähnliche Zustände im ganzen Reich mit sich brachte.

      3 Du Fu scheiterte, vermutlich aus politischen Gründen, mehrmals an dem Examen, dem sich kaiserliche Beamte zu unterziehen hatten, und war deswegen für den Unterhalt seiner selbst, seiner Frau und seiner fünf Kinder lange auf die Unterstützung von Gönnern angewiesen, die manchmal recht, manchmal schlecht für die Grundlagen zum Leben sorgten.

      ONO NO KOMACHI

      (9. JAHRHUNDERT)

       Tasten nach der Spur – Das Symbol der Schönheit

       Ono no Komachi, der ›Stern‹ der klassischen japanischen Literatur, ist die wohl geheimnisvollste und faszinierendste Gestalt unter den Rokkasen, den sechs bis heute hochverehrten ›Dichtergenien‹ der künstlerisch so ausgesprochen fruchtbaren Heian-Periode. Die erotisch aufgeladene Liebesdichtung der Frau Ono no Komachi überbrückt mühelos eine Zeitspanne von über 1000 Jahren, um sich in Herz und Blut ihrer Leser einzubrennen, und die legendäre Schönheit der Poetin selbst inspiriert Dichter und Künstler bis zum heutigen Tag.

      Ono no Komachi war eine Meisterin des klassischen japanisches Kurzgedichts, dem tanka, der Hauptgattung der waka-Dichtung der Heian-Periode1 (797–1185), aus der sich später das haiku entwickeln sollte. Wie die Gattung des tanka im Allgemeinen sind die Schöpfungen Ono no Komachis zum Großteil Liebesdichtungen; dabei zeichnen sich ihre Texte durch eine besondere Erotik bei gleichzeitiger müheloser Berührung existentieller Thematiken aus:

       Seit ich im leichten

       Schlummer mir den Ersehnten

      ersehnen konnte,

      fange ich an, den Träumen,

      wie man sie nennt, zu trauen.

      Die tanka-Dichtung – wie das haiku ein Silbengedicht, bestehend aus fünf Teilen zu 5, 7, 5, 7, 7 Silben – war Bestandteil des höfischen Spiels im künstlerisch-kulturell ausgerichteten Heian Kyo und Medium der (erotischen) Kommunikation. Liebende und solche, die es werden wollten, schrieben sich gegenseitig tanka; zuweilen wurden auch die letzten beiden Siebensilber vom jeweils anderen Partner erst ergänzt. Jedes Mitglied des Hofs praktizierte diese Art der Dichtung als eine Selbstverständlichkeit. Sechs Dichter jedoch taten sich besonders in dieser Kunst hervor: die sogenannten Rokkasen, die in der ersten Gedichtanthologie der japanischen Literatur – der Kokin-wakashū, die im Jahr 905 auf kaiserlichen Befehl erstellt wurde – als die großen Poeten der jüngeren Vergangenheit gefeiert werden. 18 tanka von Ono no Komachi enthält diese Anthologie – die einzigen erhaltenen Texte, die mit Sicherheit von dieser großen Dichterin stammen.

      Wir wissen heute so gut wie nichts vom Leben der Ono no Komachi. Nicht einmal ihre Lebensdaten sind gesichert; der Herausgeber der Kokin-wakashū erwähnt nur, dass sie »vor Kurzem« gelebt hätte. Vermutlich aber entstanden die erhaltenen tanka um 850. Die Stadt Ogachi in Akati nennt sich selbst die Geburtsstadt der Liebeslyrikerin; dort steht der Komachi-Schrein, jedes Jahr findet das Komachi-Festival statt und eine Reisart aus der Gegend von Akati trägt den Namen der großen Dichterin. Vermutlich war Ono no Komachi eine niederrangige Hofdame oder möglicherweise Konkubine am Hof von Kaiser Nimmyō (Regierungszeit von 833–850). Um die Jahrhundertmitte stand sie wohl in regem persönlichen Kontakt mit anderen führenden Dichtern der Zeit, mit denen ihr auch das ein oder andere Liebesverhältnis nachgesagt wird – und, liest man ihre spielerischen Gedichte, scheint eine solche Annahme gar nicht so weit hergeholt:

       Im wachen Leben

      mag es ja wohl so gelten.

       Aber noch im Traum

       meinen, anderer Blicke

       scheuen zu müssen: trostlos!

      Und genau an diesem Punkt beginnen die Legenden und Fiktionen, die Ono no Komachi bis zum heutigen Tag umgeben. Sie soll eine außergewöhnliche Schönheit gewesen sein, eine Meisterin des höfischen Liebesspiels und eine (sexuell) selbstbewusste femme fatale – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Wie die Legende erzählt, erlegte sie einem Verehrer auf, 100 Nächte vor ihrer Tür zu verharren, ehe sie ihn erhören würde; als der Verliebte eine Nacht aufgrund des Todes seines Vaters nicht vor dem Zimmer seiner Angebeteten verbringen konnte, starb er aus Verzweiflung, sein begehrtes Ziel nun nie erreichen zu können. Ono no Komachi wiederum zerbrach fast an der Trauer um den Tod ihres Verehrers. Eine andere Version der Geschichte lässt den Liebenden vor der Tür der kaltherzigen Dichterin erfrieren und Ono no Komachi zur Strafe als alte und hässliche Frau allein durchs Land ziehen und vereinsamt sterben. Eine wieder andere Tradition spricht der alten, wandernden Weisen Frau die magische Fähigkeit zu, die überirdische Schönheit ihrer Jugend wieder annehmen zu können, um junge Männer in ihren Bann zu ziehen. Solche Gestalt gibt Ono no Komachi etwa das Schauspiel Sotoba Komachi von Yukio Mishima (1925-1970) aus dem Jahr 1960. Doch bereits im auf die Heian-Periode folgenden japanischen Mittelalter wurde das Leben oder besser: die Legende Ono no Komachis gerne fiktional bearbeitet, etwa in Kurzgeschichten und den damals zu voller Blüte kommende noh-Dramen. Über die Jahrhunderte ist sowohl die schöne, kapriziöse als auch die gebrochene alte Dichterin ein beliebtes Motiv der japanischen Malerei in all ihren Formen geblieben. Der jüngste ›fiktionale Gastauftritt‹ der großen Poetin geschah 2003 in Form