Bd. 2, Art. 101 AEUV Rn. 116 m.w.N.; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2, § 1 GWB Rn. 35 m.w.N.
16 Vgl. zu den Anforderungen an das Vorliegen einer bloß „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung: EuGH, Urt. v. 2.4.2020, C-228/18, ECLI:EU:C:2020:265, Rn. 65 – Budapest Bank.
17 EuGH, 28.5.1998, Rs. C-7/95 P, ECLI:EU:C:1998:256, Rn. 88 – John Deere; EuGH, 19.3.2015, Rs. C-286/13 P, ECLI:EU:C:2015:184, Rn. 19ff. – Dole Food. Vgl. auch Kapitel H Rn. 84ff.
18 Vgl. dazu auch Kapitel H.
19 Vgl. zur Einschätzung der Aktivlegitimation auch Kapital H Rn. 26ff. und der Schädigung Kapitel I Rn. 10ff.
20 Insoweit geht der BGH sowohl bei Preiskartellen als auch bei Quotenkartellen von einer tatsächlichen Vermutung für eine preissteigernde Wirkung eines kartellrechtswidrigen Verhaltens aus, obgleich aufgrund mangelnder Typizität die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht anwendbar seien: Vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2018, KZR 26/17, ECLI:DE:BGH:2018:111218UKZR26.17.0, Rn. 55f. = NZKart 2019, 101ff. – Schienenkartell. Zudem sieht § 33a Abs. 2 GWB eine widerlegliche Vermutung für das Bestehen eines Schadens und dessen Verursachung durch einen Kartellrechtsverstoß vor; vgl. hierzu auch Fritzsche, NZKart 2017, 581ff. Mit der 10. GWB-Novelle wurde in §§ 33a Abs. 2, 33c Abs. 3 GWB n.F. sogar eine widerlegliche Vermutung bezüglich der Betroffenheit eingeführt.
21 Die Geltendmachung eines Schadens infolge des Nachfragerückgangs beim Weiterverkauf der kartellbedingt verteuerten Produkte sollte vom Anspruchsteller regelmäßig sorgfältig abgewogen werden, da der entgangene Gewinn als Kartellschaden regelmäßig die Argumentation zum Kartellaufpreisschaden konterkariert (vgl. Morell, WuW 2013, 959, 963).
22 Vergleichsverhandlungen sollten vor allem von Kartellanten frühzeitig erwogen werden, da eine Schadensersatzzahlung als mildernder Umstand bei der Bußgeldberechnung berücksichtigt werden kann (vgl. Art. 18 Abs. 3 der Kartellschadensersatzrichtlinie) und Kartellanten durch frühen Schadensausgleich auch der gesamtschuldnerischen Haftung entgehen können (vgl. § 33f GWB); vgl. ausführlich Kapitel N.
23 In der deutschen Rechtspraxis ist der Schadensersatzanspruch indirekt Betroffener spätestens seit BGH, 28.6.2011, KZR 75/10, BGHZ 190, 145, 172 anerkannt (sog. ORWI-Entscheidung); zuletzt weiter konkretisiert durch EuGH, 12.12.2019, Rs. C-435/18, ECLI:EU:C:2019:1069 – Otis; BGH, 28.1.2020, KZR 24/17, ECLI:DE:BGH: 2020:280120UKZR24.17.0, Rn. 24 – Schienenkartell II; BGH, 3.12.2019, KZR 23/17, ECLI:DE:BGH:2019:031219UKZR23.17.0, Rn. 32; BGH, 3.12.2019, KZR 25/17, ECLI:DE:BGH:2019:031219UKZR25.17.0, Rn. 41.
24 Die Darlegungslast des Geschädigten unterliegt geringeren Anforderungen als bei § 286 ZPO. Es genügt, wenn er Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten (BGH NJW-RR 2007, 569 Rn. 21). Welche Anforderungen sich daraus ergeben, hängt insbesondere auch von den Möglichkeiten ab, die dem Geschädigten zur Verfügung stehen, seinen Vortrag zu konkretisieren (BGH NJW 1998, 1633, 1634). Eine mögliche und nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbundene Aufklärung darf nicht deshalb unterbleiben, weil eine Partei hierzu nicht ausreichend vorträgt (BGH NJW 1981, 1454); vgl. Bacher, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 36. Ed., Stand: 1.3.2020, § 287 Rn. 14.
25 BGH, 28.6.2011, KZR 75/10, BGHZ 190, 145, 157ff. – ORWI; näher hierzu Kapitel I Rn. 302ff.
26 Insoweit besteht auch eine gesetzliche Bindungswirkung hinsichtlich der Feststellung eines Kartellverstoßes in bestandskräftigen Entscheidungen; vgl. § 33b GWB. Nicht umfasst hiervon sind z.B. Entscheidungen nach § 32b GWB, da diese keine Feststellung zu einem Kartellverstoß enthalten; vgl. auch Thomas, ZWeR 2018, 141, 145; Keßler, in: MüKo-Wettbewerbsrecht, § 32b GWB Rn. 33.
27 Vgl. für gem. § 186 Abs. 3 Satz 1 GWB nach dem 26.12.2016 entstandene Ansprüche die Vermutungswirkung des § 33c Abs. 2 GWB; vgl. auch Art. 14 Abs. 2 der Kartellschadensersatzrichtlinie. Die gesetzliche Vermutung kann vom Anspruchsgegner erschüttert werden, wenn er glaubhaft macht, dass der Preisaufschlag nicht oder nicht vollständig an den mittelbaren Abnehmer weitergegeben wurde; vgl. § 33c Abs. 3 GWB.
28 § 33g GWB.
29 Vgl. auch Bornkamm/Tolkmitt, in: Langen/Bunte, Kartellrecht, Bd. 1, § 33c GWB Rn. 30ff.
30 § 33c Abs. 1 GWB; vgl. auch BGH, 19.5.2020, KZR 8/18, ECLI:DE:BGH:2020: 190520UKZR8.18.0 – Schienenkartell IV.
31 Vgl. hierzu EuGH, 5.6.2014, Rs. C-557/12, ECLI:EU:C:2014:1317 – Kone; OLG Düsseldorf, 8.5.2019, VI-U (Kart) 11/18, ECLI:DE:OLGD:2019:0508.UKART.11.18.0A; BGH, 19.5.2020, KZR 8/18, ECLI:DE:BGH:2020:190520UKZR8.18.0 – Schienenkartell IV. Ausführlich Kapitel I Rn. 80ff., 286ff.
32 Coppik/Haucap, WuW 2016, 50, 51ff.; Beth/Pinter, WuW 2013, 228, 229.
33 Hartmann-Rüppel/Schrader, ZWeR 2014, 300, 308; Beth/Pinter, WuW 2013, 228, 232f.; vgl. auch RegE, BT-Drs. 18/10207, S. 69.
34 EuGH, 5.6.2014, Rs. C-557/12, ECLI:EU:C:2014:1317, Rn. 34 – Kone; OLG Düsseldorf, 8.5.2019, VI-U (Kart) 11/18, ECLI:DE:OLGD:2019:0508.UKART.11.18.0A; BGH, 19.5.2020, KZR 8/18, ECLI:DE:BGH:2020:190520UKZR8.18.0, Rn. 39ff. – Schienenkartell IV; Coppik/Haucap, WuW 2016, 50, 55ff.
35 Vgl. Praktischer Leitfaden, Rn. 139ff.; vgl. auch Rengier, WuW 2018, 613, 616f.; Klumpe/Thiede, NZKart 2019, 136, 137; Kapitel I Rn. 120ff.
36 Vgl. u.a. Einigung zwischen Thyssen-Krupp und Deutsche Bahn auf eine Zahlung in Höhe von ca. 150 Mio. EUR, Murphy, Handelsblatt (Nr. 224) v. 20.11.2013; Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen zahlen insgesamt ca. 6,7 Mio. EUR an Kommunen: Deutscher Städtetag, Pressemitteilung vom 13.5.2013, abrufbar unter http://www.staedtetag.de/dst/inter/presse/mitteilungen/065646/index.html (zuletzt aufgerufen am 10.6.2020).
37 Näher hierzu unten Kapitel I Rn. 257ff.
II. Rechtliche Pflichten der Geschäftsleitung geschädigter Unternehmen
16
Trotz der Möglichkeit, eine signifikante Kompensationszahlung von Kartellanten zu erhalten, wird nicht jedes betroffene Unternehmen zwingend einen Schadensersatz geltend machen wollen. Insbesondere im Falle langjähriger vertrauensvoller Geschäftsbeziehungen können Hemmnisse bestehen. Der Entscheidungsprozess innerhalb der Geschäftsleitung geschädigter Unternehmen unterliegt hierbei Begrenzungen, die sich auch zu einer Pflicht hinsichtlich des „Ob“ einer Schadensersatzgeltendmachung verdichten können.38
17
Zunächst ergeben sich aus dem deutschen und europäischen Kartellrecht selbst keine Pflichten der Geschäftsleitung eines Unternehmens, Schadensersatzansprüche gegen Kartellanten durchzusetzen. Das sog. „Private Enforcement“ wird zwar im europäischen Kartellrecht immer mehr zum zweiten Standbein der Abschreckung neuer Kartellverstöße und auch in den USA sind Schadensersatzforderungen im Wege von „Class Actions“ ein maßgeblicher Faktor der Durchsetzung des Kartellrechts. Eine Rechtsverpflichtung der betroffenen Unternehmen und mithin der jeweiligen Unternehmensleitungen, einen Schadensausgleich tatsächlich zu fordern, ergibt sich hieraus allerdings nicht. Gesetzgeber und Wettbewerbsbehörden setzen lediglich gewisse Anreize. Entweder durch bloßen Hinweis auf die Möglichkeit der Schadensersatzdurchsetzung39 oder durch gesetzgeberische Maßnahmen.40 Eine rechtliche Pflicht für die Geschäftsleitung betroffener Unternehmen zur Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche