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habe die Polizisten, die Sie vorige Nacht mißhandelt haben, hierherbefohlen. Sie sollen Leutnant d'Arnots Erzählung hören, und dann überlasse ich es ihnen, zu bestimmen, ob Anklage gegen Sie erhoben werden soll oder nicht.

      Sie müssen noch viel lernen, um sich in den Wegen der Kultur zurechtzufinden. Sie müssen sich daran gewöhnen, auch solche Dinge gelten zu lassen, die Ihnen sonderbar oder unnütz erscheinen, solange Sie nicht imstande sind, die Gründe dafür einzusehen. Die Polizisten, die Sie angegriffen haben, taten nur ihre Pflicht. Sie hatten in der Sache nicht zu entscheiden. Täglich setzen sie ihr Leben aufs Spiel, indem sie das Leben oder das Eigentum der andern beschützen. Sie würden dasselbe auch für Sie tun. Es sind wirklich brave Leute, und sie sind tödlich gekränkt, daß ein einzelner unbewaffneter Mann sie schlecht behandelt oder gar geschlagen hat.

      Machen Sie es ihnen leicht, zu verstehen, was Sie getan haben. Sonst würde ich mich sehr in Bezug auf Sie irren, denn ich halte Sie für einen wackeren Menschen, und ein solcher gilt ja auch mit Recht als großmütig.

      Die weitere Unterredung wurde unterbrochen durch das Erscheinen der vier Polizisten. Als ihr Blick auf Tarzan fiel, sah man, daß sie höchlichst erstaunt waren.

      Leute, sagte der Polizeidirektor, hier ist ein Herr, mit dem Sie vorige Nacht in der Maule-Straße zusammengetroffen sind. Er ist freiwillig gekommen, um die Sache aufzuklären. Ich bitte Sie, aufmerksam die Erzählung des Leutnants d'Arnot anzuhören, der Ihnen einen Teil der Lebensgeschichte dieses Herrn erzählen wird. Es wird seine Haltung Ihnen gegenüber in der vergangenen Nacht erklären. Nun reden Sie, mein lieber Leutnant.

      D'Arnot sprach eine halbe Stunde lang zu den Polizisten. Er erzählte ihnen einiges aus dem wilden Dschungelleben Tarzans. Er erklärte, wie er sich trainierte, so daß er, wenn er sich selbst verteidigen mußte, wie ein wildes Tier kämpfte. Es wurde den Polizisten dann auch klar, daß er bei seinen Angriffen auf sie eher vom Instinkt als vom Verstand geleitet worden war. Er hatte ihre Absichten nicht verstanden. Für ihn waren sie lediglich etwas anders aussehende Lebewesen, als er sie in seiner Dschungel traf, wo die meisten seine natürlichen Feinde waren.

      Ihr Stolz ist verletzt, sagte d'Arnot zum Schluß. Dieser Mann hat Sie überwältigt, und das kränkt Sie am meisten. Aber Sie brauchen sich nicht zu schämen. Sie brauchten Ihre Niederlage nicht zu erklären, wenn Sie in einem engen Raum mit einem afrikanischen Löwen oder mit dem großen Gorilla aus der Dschungel eingesperrt gewesen wären. Und doch haben Sie mit diesem Mann gekämpft, dessen eiserne Muskeln stets siegreich waren gegenüber diesen Schrecken des schwarzen Erdteils. Es ist keine Schmach, der übermenschlichen Kraft Tarzans zu erliegen.

      Und dann, als die Polizisten dastanden und einmal Tarzan ansahen und das andere Mal ihren Vorgesetzten, tat der Affenmensch das einzige, was noch nötig war, um den letzten Rest des Ärgers zu beseitigen. Mit der ausgestreckten Hand ging er ihnen entgegen.

      Es tut mir leid, daß ich einen Mißgriff begangen habe, sagte er, lassen Sie uns gute Freunde sein!

      Das war das Ende der ganzen Geschichte, nur daß Tarzan noch lange der Gegenstand des Gesprächs in den Polizeistationen war und die Zahl seiner Freunde um vier wackere Polizisten sich vermehrte.

      Bei der Rückkehr in seine Wohnung fand d'Arnot einen Brief von seinem englischen Freund William Cecil Clayton, Lord Greystoke. Die beiden waren in brieflichem Verkehr geblieben, seitdem sie auf der mißglückten Expedition zur Befreiung der von dem Affen Terkop geraubten Jane Porter Freundschaft geschlossen hatten.

      In etwa zwei Monaten sollen sie in London heiraten, sagte d'Arnot, als er den Brief sorgfältig durchgelesen hatte. Er brauchte Tarzan nicht zu sagen, wen er mit dem »sie« meinte. Tarzan antwortete nicht darauf, und auch den ganzen Rest des Tages war er schweigsam und nachdenklich.

      Am Abend gingen sie in die Oper. Tarzan war aber während der Vorstellung ganz von seinen trüben Gedanken in Anspruch genommen. Er achtete fast gar nicht auf die Vorgänge auf der Bühne. Er sah nur die liebliche Vision eines schönen amerikanischen Mädchens und hörte nichts als die traurige süße Stimme, die ihm versicherte, daß seine Liebe erwidert werde. Und jetzt sollte sie einen andern heiraten!

      Er suchte sich selbst aus den unliebsamen Gedanken aufzurütteln. Im selben Augenblick fühlte er, daß Augen auf ihn gerichtet waren, und als er aufblickte, sah er das lächelnde Gesicht der Gräfin Olga de Coude. Als Tarzan ihren Gruß erwiderte, war er überzeugt, daß der freundliche Ausdruck ihres Gesichtes für ihn eine Einladung bedeutete.

      In der nächsten Pause begab er sich in ihre Loge.

      Ich habe so sehr gewünscht, Sie zu sehen, sagte sie. Es hat mich nicht wenig geärgert, daß wir Ihnen nach den Diensten, die Sie meinem Manne und mir geleistet haben, keine Erklärung dafür geben konnten, weshalb wir keine Schritte unternahmen, um eine Wiederholung der Angriffe seitens der beiden Männer zu verhindern. Das muß Ihnen gewiß als Undankbarkeit erschienen sein.

      Sie beurteilen mich falsch, erwiderte Tarzan. Ich habe nur mit lebhaftem Vergnügen an Sie gedacht. Sie schulden mir keine Erklärung. Sind Sie noch weiter belästigt worden?

      Die Verfolgung hat noch nicht aufgehört, antwortete sie. Ich fühle, daß ich mit jemand darüber sprechen muß, und ich weiß keinen, bei dem ich mich so gut aussprechen könnte, wie bei Ihnen. Sie müssen mir das erlauben. Es mag auch von Nutzen für Sie sein, denn ich kenne Nikolaus Rokoff genug, um zu wissen, daß er Sie nicht das letztemal gesehen hat. Er wird schon Mittel finden, sich an Ihnen zu rächen.

      Was ich Ihnen sagen werde, kann Ihnen vielleicht gute Dienste leisten, um seinen Racheplänen zu entgehen. Mehr kann ich Ihnen hier nicht verraten, aber morgen um fünf Uhr werde ich für Sie zu Hause sein.

      Das wird mir wie eine Ewigkeit vorkommen – bis morgen um fünf, sagte er und wünschte ihr gute Nacht.

      Aus einer Ecke des Theaters hatten Rokoff und Pawlowitsch ihn in der Loge der Gräfin gesehen, und beide hatten gelächelt.

      Am folgenden Nachmittag um halb fünf klingelte ein dunkelfarbiger bärtiger Mann am Dienstboteneingang des Palastes des Grafen de Coude. Der Diener, der zum Öffnen kam, zog die Augenbrauen hoch, als er sah, wer dort stand. Beide sprachen leise.

      Zuerst zögerte der Lakai bei einem Vorschlag, den der Mann ihm machte, aber bald darauf nahm er aus der Hand des Fremden etwas entgegen. Dann wandte er sich um und führte den Besucher auf einem weitläufigen Umweg in einen kleinen, von Vorhängen verhängten Alkoven neben dem Zimmer, in dem die Gräfin den Nachmittagstee zu geben pflegte.

      Eine halbe Stunde später wurde Tarzan in das Zimmer eingeführt, und im selben Augenblick erschien die Gräfin lächelnd und mit ausgestreckten Händen ihm entgegengehend.

      Ich freue mich sehr, daß Sie gekommen sind, sagte sie.

      Nichts hätte mich zurückhalten können, antwortete er.

      Einige Augenblicke sprachen sie über die Oper, über einige Gegenstände, die die Aufmerksamkeit von Paris erregten, über das Vergnügen, ihre kurze Bekanntschaft, die unter so seltsamen Verhältnissen eingeleitet worden war, zu erneuern, und das brachte sie dann auf das Thema, das ihnen beiden am meisten am Herzen lag.

      Sie werden sich gefragt haben, sagte die Gräfin, weshalb Rokoff uns eigentlich verfolgt. Die Sache ist ganz einfach. Der Graf ist vertraut mit manchen wichtigen Geheimnissen des Kriegsministeriums. Er hat oft Papiere im Besitz, für die ausländische Mächte gerne ein Vermögen ausgeben würden, Staatsgeheimnisse, für deren Kenntnis die Agenten jener Mächte Mörder oder noch schlimmere Subjekte dingen würden.

      So hat er jetzt wieder eine solche Sache in seinen Händen, die einem Russen, der ihrer habhaft werden könnte, Ruhm und Reichtum eintragen würde. Rokoff und Pawlowitsch sind russische Spione. Sie schrecken vor nichts zurück, um sich das Dokument zu verschaffen. Der Vorfall auf dem Dampfer – ich meine die Geschichte mit dem Kartenspiel – hatte den Zweck, eine Erpressung an meinem Gatten auszuüben.

      Wäre er des Falschspieles überführt worden, so wäre seine Laufbahn vernichtet gewesen. Er hätte dann aus dem Kriegsministerium ausscheiden müssen. Er wäre auch in der Gesellschaft völlig unmöglich gewesen. Sie hielten die Keule