Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.
Julius Erdmann hat die Mühlenwerke von seinem Vater übernommen, hat den Betrieb weiter ausgebaut und ihn zu einem großen, blühenden, ertragreichen Unternehmen gemacht. Da ihm eigene Kinder versagt blieben, nahm er Benno und Renate Nieritz, die verwaisten Kinder seines Freundes, an Kindes Statt an. Renate ist ihm eine gute, liebevolle Tochter geworden, doch mit Benno, den er als seinen Erben und Nachfolger ansieht, erlebt Erdmann schwere Enttäuschungen. Die Windmühle, die schon auf dem Mühlenberg klapperte, bevor unten im Tal die Erdmannschen Mühlenwerke entstanden, ist noch immer in Betrieb, doch das alte Müllerehepaar Frank lebt recht kümmerlich und bescheiden. Jürgen, der einzige Sohn, ist der Stolz und die Hoffnung der beiden alten Leute. Als Jürgen nach langer Abwesenheit in die Heimat zurückkehrt, trifft er dort seinen Kindheitsfreund Norbert Haller und dessen Schwester Rosmarie wieder. Die Harmlosigkeit der Kinderzeit ist dahin, zu verschieden haben sich die äußeren Lebensbedingungen und auch die einzelnen Charaktere entwickelt. Eines Tages scheint die Sonne wieder über dem Mühlengrund, und Vater Erdmann hat die Gewißheit, daß er sein Lebenswerk einmal in treue, zuverlässige Hände legen wird. «Hallo, Wilhelm Frank, haben Sie denn noch nicht genug an Ihrer anstrengenden Tagesarbeit, müssen Sie denn auch noch die Abendstunden mit Arbeit ausfüllen?» rief Julius Erdmann, der Besitzer der großen Mühlenwerke im Mühlengrunde, seinem Obermüller zu. Der alte Mann, der vor der Windmühle stand, deren mächtige Flügel sich lustig im Wind drehten, brachte mit einem Handgriff das laute Geklapper zum Schweigen, nahm die Pfeife aus dem Munde und ging seinem Brotherrn, der in Begleitung seiner Pflegetochter war, entgegen. «Die Armen brauchen ihr Brotmehl, Herr Erdmann», entgegnete der Müller in seiner bedächtigen Art. «Was Sie Arbeit nennen, das ist für mich Erholung. Wenn meine Mühle nicht mehr klappern soll, dann mag ich auch nicht mehr länger leben. Ich bin unter dem Geklapper geboren und will auch unter ihm sterben, wie es Vater und Großvater vergönnt gewesen ist.» «Sie verstehen mich falsch, lieber Frank», erwiderte Herr Erdmann hastig, «ich will Ihnen bestimmt keine Vorschriften machen. Ich fürchte nur, daß Sie sich zu sehr ausnutzen lassen und daß alle die, für die Sie Ihre Feierstunden opfern, nicht so bedürftig sind.» Sein Blick ging an der Mühle hoch, die so trutzig und frei dastand, so schmuck und ansehnlich wirkte wie kaum eine zweite ihrer Art.