Название | Romanistik und Wirtschaft |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL) |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783823302773 |
Lidia Becker / Julia Kuhn
Romanistik und Wirtschaft
Romanistisches Kolloquium XXXIII
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
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ISBN 978-3-8233-8420-5 (Print)
ISBN 978-3-8233-0277-3 (ePub)
Einleitung
Das XXXIII. Romanistische Kolloquium, das vom 31. Mai bis 2. Juni 2018 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena veranstaltet wurde, widmete sich dem Thema „Romanistik und Wirtschaft“. In einer Zeit, in der Wirtschaft und Arbeitsmarkt durch rezente Phänomene wie Globalisierung, gemeinsame Märkte, länderübergreifende Handelsorganisationen, Zollunionen, Digitalisierung, neue Wirtschaftsformen – die mitunter sozial prekäre Beschäftigungsverhältnisse implizieren – starken Veränderungen unterworfen sind, ist es eine der zentralen Aufgaben der Linguistik, die sprachlichen Auswirkungen und Implikationen dieser rezenten Entwicklungen zu thematisieren und aufzuzeigen, welche diskursiven Realitäten konstruiert, welche sprachlichen Verschleierungsstrategien angewandt werden, welche neuen Textsorten interkulturell hervorgebracht werden, welche konzeptionellen Asymmetrien in den Wirtschaftssprachen verschiedener Länder auftreten, welche assoziativen ergonymischen Strategien angewandt werden, welche machtpolitischen Auswirkungen die Sprachenwahl gemeinsamer Märkte mit sich bringt u.v.m..
Die Beiträge des Bandes widmen sich dementsprechend in erster Linie zwei großen Themenbereichen: einerseits der Auseinandersetzung mit der aktuellen Fachsprache Wirtschaft in der Romania, andererseits der Ergonymik und Neologismenbildung in den romanischen Sprachen. Daran schließen sich zusätzlich Ausblicke auf die Sprachpolitik gemeinsamer Märkte, auf die textuelle Darstellung historischer wirtschaftlicher Realitäten, auf universitäre Studienmöglichkeiten von Wirtschaft und Sprache, sowie auf zukünftige Betätigungsfelder und Desiderata an.
Konkret thematisiert dieser Band verschiedene Zusammenhänge, die zwischen Romanistik und Wirtschaft bestehen. Ausgehend von der Frage, ob die Annahme einer klaren Dichotomie zwischen wirtschaftlicher Fachsprache und Allgemeinsprache ausreiche, oder eine „Mittlere Schicht“ zusätzlich anzusetzen sei, führt der Band weiter zu neuen, digital bedingten Wirtschaftsformen und der Sprachverwendung in diesen neuen Kontexten. In der Folge wird die relative Einheitlichkeit von Fachsprache durch die Hegemonie des Englischen thematisiert, gleichzeitig auf bestehende fehlende Bedeutungsentsprechungen deutscher und spanischer Wirtschaftstermini eingegangen. Der Band führt weiter zu einem innerhispanophonen Vergleich kultureller Anpassung anhand der Textsorte Nachhaltigkeitsbericht. In der Folge wird der bestehende linguistische Informationsbedarf im Bereich des Marketings thematisiert und ausgehend von kognitionslinguistischen Theorien das funktionale Spektrum von Metonymien im Marketing beschrieben. Es folgt eine Betrachtung von Synonymie und Konzernabschlüssen. Weiter führt der Band in den Bereich der Produktonomastik, geht auf romanische Namen sowohl in Deutschland als auch in Italien ein und zeigt Benennungsstrategien von WLAN-Netzen in Frankreich und Italien. Im Anschluss werden anthroponymbasierte blendings in der Mediensprache thematisiert. Es folgt die Auseinandersetzung mit der Sprachenfrage von Handelsorganisationen wie CARICOM und deren Auswirkungen. Die historische Perspektive wird mit der Betrachtung der Pesme Aventures in Chrestiens Yvain (um 1170) als Abbildung der wirtschaftlichen Realität der Zeit und Hinterfragung deren Funktion aufgegriffen. Der Band schließt mit Ausblicken auf Studienmöglichkeiten von Romanistik und Wirtschaft an deutschen Universitäten und der Formulierung von nach wie vor bestehenden Desiderata in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Romanistik und Wirtschaft.
Die einzelnen Beiträge gestalten sich dabei wie folgt: Den Einstieg bildet der Beitrag von Eva Lavric („Zwischen Terminologie und Allgemeinsprache“), die argumentiert, dass das Ansetzen einer Dichotomie Allgemeinsprache vs. Fachsprache Wirtschaft nicht ausreicht, sondern vielmehr zusätzlich eine „Mittlere Schicht“ anzunehmen ist. Darunter versteht Lavric nicht-terminologische sprachliche Elemente, die durch ihre Frequenz und Funktion bestimmte – aber nicht alle – fachsprachlichen Diskurse kennzeichnen, wobei verwandte Fächer quasi gebündelt gewisse semantische (beispielsweise Sport-Metaphern wie Wettrennen) und syntaktische Elemente bevorzugen.
Im Anschluss thematisiert Antje Lobin die „Sprachverwendung im digitalen Arbeitsmarkt“. Sie zeigt, dass die Digitalisierung zu tiefgreifenden Veränderungen des Arbeitsmarktes geführt hat, die neue Wirtschaftsformen und Beschäftigungsmodelle, wie etwa die Gig-Economy, hervorgebracht haben. Diese gesellschaftlichen und unternehmerischen Entwicklungen schlagen sich auch im Sprachgebrauch nieder. Um den hier implizierten vielfach geringeren Grad an Bindung und Verantwortung gegenüber den (Gelegenheits-)Beschäftigten zu kaschieren, werden euphemistisch Argumente wie Selbstbestimmung und Autonomie angeführt sowie eine Rhetorik der Vergemeinschaftung gewählt. Die entsprechenden Begrifflichkeiten und Benennungsmuster können zu den Konzepten der political correctness oder des doublespeak in Beziehung gesetzt werden. In einer Fallstudie zum Italienischen und Französischen beleuchtet und systematisiert die Verfasserin diese.
Weiterführend geht Franz Rainer („Semantisch-konzeptuelle Asymmetrien zwischen deutscher und spanischer Wirtschaftssprache“) auf die Fachsprache der Wirtschaft ein. Er zeigt, dass diese vor allem durch die Hegemonie des Englischen, in ihrer begrifflichen Struktur über die Sprachen hinweg außerordentlich homogen ist. Dennoch stößt man bei der Suche nach Entsprechungen zwischen deutschen und spanischen Wirtschaftstermini immer wieder auf Fälle, in denen keine genaue Übereinstimmung in den Bedeutungen gegeben ist. In Franz Rainers Beitrag, der aus der lexikographischen Praxis erwachsen ist, wird auf der Basis von Andreas Blanks Bedeutungsbegriff eine Systematisierung der angetroffenen Asymmetrien unternommen.
Auf die Textsorte Nachhaltigkeitsbericht gehen im Anschluss Pilar Pérez Cañizares und Johannes Schnitzer ein („Corporate Social Responsibility kommunizieren: Intertextuelle Beziehungen in den Nachhaltigkeitsberichten des spanischen Unternehmens Gas Natural Fenosa“): Corporate (Social) Responsibility (CSR) und Nachhaltigkeit sind in der kurzen Zeit ihres massiven Gebrauchs zu Schlüsselwörtern in der Unternehmenskommunikation avanciert. Die Textsorte Nachhaltigkeitsbericht ist bisher jedoch aus linguistischer Perspektive eher wenig untersucht worden. Insbesondere die Frage ihrer Entwicklung und ihrer Anpassung an unterschiedliche Kulturräume ist weitgehend unerforscht. Beiden Fragen wird in diesem Beitrag anhand einer exemplarischen Analyse nachgegangen. Zu diesem Zweck wurden die CSR-Berichte eines spanischen Unternehmens mit starker Präsenz in lateinamerikanischen Ländern unter zeitlicher und regionaler Perspektive miteinander verglichen, um Unterschiede und Parallelitäten zwischen diesen Dokumenten festzustellen. Die Ergebnisse dieser ersten Untersuchung weisen darauf hin, dass sich das Spannungsfeld zwischen Adaptierung und Beibehaltung einer konzernweiten Identität komplexer darstellt, als man intuitiv vermuten würde.
Im Kontext von Marketing und Linguistik ist Regina Gökes Beitrag „Das funktionale Spektrum der Metonymie. Beispiele aus Marketingtheorie und -praxis“ angesiedelt, der von kognitonslinguistischen Theorien ausgehend Metonymie und deren funktionales Spektrum beschreibt. Denn obwohl das Fach Marketing tendenziell eher quantitativ ausgerichtet ist, gibt es qualitative, sprachorientierte Forschungsansätze. Diese Arbeiten stellen vor allem Metaphern ins Zentrum ihrer Betrachtungen. Andere Tropen wie die Metonymie oder die Synekdoche bleiben eher ausgeklammert oder werden als Unterarten der Metapher aufgefasst. Zudem werden aktuelle kognitionslinguistische Theorien kaum berücksichtigt. Insgesamt besteht innerhalb des Marketings also ein linguistischer Informationsbedarf, und dieser wird neuerdings auch von qualitativ orientierten Marketingforschern