Noch zu Beginn der 2020er-Jahre haftete dem Begriff »Homeoffice« etwas Bemitleidenswertes, wenn nicht gar Halbseidenes an. Wie grundverschieden dazu ist die Arbeitswirklichkeit heute! Unsere kapitalistisch verfasste Wirtschaftsordnung hat sich wieder einmal als überaus anpassungsfähig erwiesen. Die Geschäfte, die gemeinhin vom Büro aus betrieben wurden, kamen nicht zum Stillstand, sondern liefen nach einer kurzen Irritation erstaunlich reibungslos weiter.
Warum waren Angestellte und Arbeitgeber:innen auf das Homeoffice so gut vorbereitet? Hatte es sich vielleicht schon an anderer Stelle angekündigt? Waren die Bande, die uns an unsere Büros fesselten, womöglich bereits zerfaserter, als es den Anschein hatte? Und was macht dieser Transformationsprozess mit uns? Wer werden wir am Ende sein?
Matthias Ehlert gibt in seinem klugen und lebensnahen Essay Antworten auf diese Fragen. Und er stellt fest: Wir müssen das Abschalten neu lernen.
Das Vertrauen in die Institutionen von Staat, Medien und Wissenschaft hat in Teilen der Bevölkerung während der Corona-Pandemie weiter abgenommen. Paradoxerweise in einer Krise, in der Zusammenhalt, koordiniertes Handeln und Aufklärung die entscheidenden Werkzeuge zu ihrer Bewältigung waren.
In seinem Essay sucht der Wissenschaftsautor und Medientheoretiker Matthias Eckoldt nach Gründen für diese neue Form der Irrationalität. Dazu taucht er tief hinab in die Strukturen des digitalen Kapitalismus, der die User:innen auf bizarre Weise zur freiwilligen Teilnahme an Experimenten zur Verhaltenssteuerung verführt, um daraus schwindelerregende Profite zu schöpfen. Die sogenannten sozialen Medien fungieren in diesem Prozess als virtuelle Trainingscamps für Extremist:innen, die stabilisierende Rolle der Massenmedien verliert an Tragkraft. Es zeichnet sich ein Bewusstseinswandel ab, und eine ganze Kulturepoche scheint ihrem Ende entgegenzutaumeln.