Название | Internetlinguistik |
---|---|
Автор произведения | Konstanze Marx |
Жанр | Документальная литература |
Серия | narr studienbücher |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783823302360 |
NicknamesWie ist beim Zitieren mit sogenannten Nicknames zu verfahren? Nicknames sind Pseudonyme, die von Nutzer*innen verwendet werden, um eine gewisse AnonymitätAnonymität zu wahren, wenn sie im WWW aktiv werden. Sie waren insbesondere in Zeiten großer Chat-AktivitätChat von Bedeutung, erleben aber im Kontext von Instagram zum Beispiel eine Renaissance und kommen auch in Foren weiterhin zum Einsatz. Nicknames dienen auch der Generierung einer digitalen (zweiten?) Identität. Das bedeutet, dass Nutzer*innen durchaus intentional konsequent unter ein- und demselben Nickname online agieren. Seitdem sich das Web 2.0 etabliert hat, ist es oftmals mit nur geringem Aufwand (und entsprechendem Interesse) möglich, Nicknames bürgerliche Namen zuzuordnen. Unter einem Nickname getätigte Äußerungen können somit unter Umständen sehr schnell auf eine Person im wirklichen Leben zurückfallen und gerade bei kompromittierenden Beiträgen reale Konsequenzen (gefährdete Reputation, strafrechtliche Folgen etc.) nach sich ziehen. Damit werden datenschutzrechtliche Überlegungen zumindest motiviert. Wenn wir als Sprachwissenschaftler*innen also vor der Frage stehen, inwieweit ein Beitrag inklusive Nickname zitiert werden kann, sollten wir Kosten und Nutzen sorgfältig abwägen.
Überlegen Sie, welche Informationen über Nicknames transportiert werden können und inwieweit diese für sprachwissenschaftliche Fragestellungen relevant sein könnten.
Unter Kosten fallen hier die eventuellen Nachteile, die für den*die Urheber*in eines Internetbeitrags entstehen können, wenn ihr Nickname genannt und allzu leicht dem bürgerlichen Namen zugeordnet werden kann. Unter Nutzen fassen wir den erwarteten wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Es ist beispielsweise unumgänglich, Nicknames zu zitieren, wenn sie selbst Gegenstand einer Untersuchung sind, beispielsweise im Hinblick auf ihre Semantik, Informationsdichte, Perspektivierung und in Relation zu den Inhalten der veröffentlichten Beiträge in einer entsprechenden kommunikativen Umgebung (vgl. dazu z.B. das Nicknames-Projekt von Schlobinski/Siever (2018) und Kolleg*innen).
So könnte untersucht werden, inwieweit der Fokus auf spezifische Charakteristika eines Nutzers/einer Nutzer*in gelenkt wird, wenn er*sie Nicknames wie longlegs oder blueeyes verwendet und in welcher Online-Umgebung das als angemessen akzeptiert wird. Gibt es zum Beispiel einen Unterschied, ob ein solcher Nickname in einem Flirtchat oder in einem politischen Kommentarbereich benutzt wird und welche Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Akzeptanz des Beitragsinhalts könnte die Verwendung in der einen oder anderen Umgebung haben? Eine andere Fragestellung könnte z. B. Diskriminierungsstrategien in Kommentarbereichen thematisieren. Informationen, die zusätzlich zu den sprachlichen Äußerungen über den Nickname kodiert werden, könnten für die Analyse relevant sein. Wählt ein*e Nutzer*in etwa einen Nickname wie H.e.s.s. oder rotesocke veranlasst das zu Mutmaßungen hinsichtlich seiner*ihrer politischen Gesinnung und sollte bei der Analyse der Beiträge berücksichtigt werden.
Zusammengefasst sollten die folgenden Überlegungen in den Entscheidungsfindungsprozess (Nickname zitieren oder anonymisieren) einbezogen werden:
Ist die Nennung der Nicknames relevant für die Forschungsfrage?
In welcher (möglicherweise für die Person, die im Web unter dem Namen agiert, kompromittierenden) Umgebung taucht der Nickname auf?
Wie leicht ist es, im spezifischen Fall anhand des Nicknames Rückschlüsse auf den Klarnamen einer Person zu ziehen?
Diese Fragen sollten Sie sich natürlich sowieso stellen, bevor Sie Klarnamen in Ihre Arbeit integrieren.
Sollten Sie sich im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit dafür entscheiden, Klarnamen oder Nicknames zu anonymisieren, sollte dies im gesamten Dokument konsequent geschehen. Für eine bessere Übersichtlichkeit können Klarnamen und Nicknames in der Datensammlung mit Zahlen oder Buchstabenkombinationen indiziert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass ein- und der*dieselbe Urheber*in auch ein- und dasselbe Kürzel erhält. Besonders von Belang ist diese Vorgehensweise bei Fragestellungen, die beispielsweise dialogische Prozesse thematisieren. Eine Liste, auf der Nickname und Kürzel einander zugeordnet dargestellt sind, muss dem*der Verfasser*in einer wissenschaftlichen Arbeit selbstverständlich vorliegen. Bei der Anonymisierung von Klarnamen ist ebenso zu verfahren.
Datum und UhrzeitWichtig könnten auch die genauen zeitlichen Angaben sein, um die Diskursdynamik zu bestimmen. Wird beispielsweise sofort geantwortet oder erst am nächsten Tag? Wie reagieren andere auf den Beitrag und wie antwortet der*diejenige, der*die die Diskussion begonnen hat? Datum des eingestellten Beitrags und Uhrzeit (sofern nachvollziehbar und abhängig von der spezifischen linguistischen Fragestellung) sollten also in das KurzzitatKurzzitat (und auch die vollständige Quellenangabe im der Arbeit beigefügten Verzeichnis) übernommen werden. Die Reihenfolge der Angaben kann selbstständig festgelegt werden, sollte aber in der gesamten Arbeit einheitlich bleiben. Wir erachten eine Reihenfolge wie: Name des Portals/der Plattform/des Internetangebots, Nutzernamen oder Index für den Nutzernamen oder Nickname, Datum, Uhrzeit (wenn eruierbar) und ggf. Social-Media-Reaktionen als sinnvoll, siehe (1-8).
(1-8)
Luca: Jeder von euch war schon mal bei StarBucks.
Ich, 15, habe noch nie einen StarBucks Laden gesehen
(YT, Seranet, 2019-10-31, ca. 21:00, L: 0, DL:0)
Demographische Informationen, wie Geburtsjahr oder Geschlecht, die Nicknames oftmals enthalten, können zwar in eine korpusergänzendeKorpus Legende aufgenommen werden, sie sind jedoch keine verlässliche Grundlage für eine Daten-Auswertung im Hinblick auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen.
Social-Media-ReaktionenInsbesondere beim Zitieren von sprachlichen Belegen von Sozialen-Netzwerk-Seiten stellt sich oftmals die Frage, inwiefern auch die Reaktionen auf einen Beitrag mit dokumentiert werden müssen. Wir erachten diese Angaben als zum jeweiligen Kommunikat zugehörig und empfehlen, diese in den Kurzverweis aufzunehmen. Gerade bei der seit 2016 erweiterten Facebook-Gefällt-mir-Funktion kann der Kurzverweis dabei rasch unübersichtlich werden. Abkürzungen für die jeweiligen Funktionen sind daher ratsam. Für Kommentare, die sowohl bei Twitter, Facebook, Instagram oder YouTube jeweils Reaktionen auf einen Initialbeitrag (Tweet, Statusmeldung etc.) darstellen, schlagen wir als Abkürzung das „K“ vor. Für die Teilen-Funktion (Retweet, Teilen) schlagen wir ein „T“ vor. Eine Positiv-Evaluation (Favorisierung, gefällt mir, Herzsymbol oder auch Daumen hoch) kann mit einem „L“ gekennzeichnet sein, die seit 2016 erweiterte Facebook-gefällt-mir-Option kann entsprechend mit einem „Lo“ für „Love“ oder „Liebe“, einem „Ü“ für „Überraschung“, einem „W“ für „Wut“, einem „Tr“ für „Trauer“ oder „Traurigkeit“ ergänzt werden, siehe (1-9). Bei YouTube gibt es auch eine Dislike-Funktion, die mit „DL“ abgekürzt werden kann, siehe Beispiel (1-8).
(1-9)
Wir sind im RADIO! Ein kleiner Beitrag auf BR24. Morgen um 6:20 auf B5 oder jetzt schon hier
www.br.de/…/trauerbewaeltigung-im-internet-wenn-sch…
(Fb, 22monate, 2019-10-31, L: 46 (davon Tr:1, Lo: 18) T:1, K: 0)
Die Social-Media-Reaktionen sind natürlich eine sehr dynamische Größe. Im Beispielverzeichnis sollten deshalb auch Datum und Uhrzeit