DreamLust | 12 Erotische Stories. Kira Page

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Название DreamLust | 12 Erotische Stories
Автор произведения Kira Page
Жанр Языкознание
Серия Erotik Romane
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862775897



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bückte sich und hob vorsichtig die kleine Tüte auf, aus der jetzt durchsichtige Flüssigkeit rann. Leise war das Geräusch von Glasscherben zu hören, die aneinanderrieben.

      »Das werde ich Ihnen ersetzten«, sagte er, während er sich wieder aufrichtete.

      »Das brauchen Sie nicht.« Stacey nahm ihm die durchweichte Tüte aus den Händen. Der Duft war jetzt noch intensiver.

      »Doch, das möchte ich«, entgegnete Kenneth und sah sie freundlich, aber durchdringend an. »Nennen Sie mir einfach die Marke Ihres Parfüms.«

      »Sie brauchen wirklich nicht ...«

      »Ich bitte Sie, Miss Green!«, sagte er nun eindringlich.

      Kurz stockte sie, dann sagte sie: »›Secret Sin‹.«

      Ein ironisches Lächeln umspielte plötzlich seinen Mund. »Tatsächlich?« Augenscheinlich amüsierte ihn der Name.

      Stacey stieg ein Anflug von Röte ins Gesicht. Sie hatte lange nicht mehr darüber nachgedacht, dass sie sich mit etwas parfümierte, dessen Name »geheime Sünde« lautete.

      »Miss Green duftet also nach ›Secret Sin‹ ...«

      Kenneths Augen und seine dunkle Stimme hatten angefangen, mit ihr zu flirten, was ihre Röte und die Wärme im Gesicht noch steigerte.

      Stacey strich sich über ihren Hals. »So ist es. Aber, wie gesagt, Sie brauchen nicht ...«

      »Übermorgen bringe ich Ihnen eine neue Flasche vorbei«, unterbrach er sie. »Oder haben Sie heute schon etwas vor, das mit Secrets und Sin zu tun hat?«

      Stacey blickte verlegen zu Boden. Sie traute sich jetzt nicht mehr, sich zu weigern, das Parfüm von Kenneth ersetzen zu lassen. Er würde es sich ohnehin nicht ausreden lassen. Außerdem gefiel ihr der Gedanke, wenn Kenneth bei ihr vorbeischaute.

      Schon seit er eingezogen war, hatte Stacey ihn anziehend gefunden. Er war stattlich gebaut und sehr groß. Seine Haare waren hellblond, fast golden. Er trug sie zu einem Seitenscheitel gekämmt. Seine Kleidung war – immer, wenn sie ihn sah – vollständig schwarz. Heute trug er eine schwarze Lederjacke und einen leichten Schal um den Hals. Es war schwierig zu sagen, wie alt Kenneth war – vielleicht Mitte oder Ende dreißig. Er kam Stacey etwas älter vor, als sie es selbst war. Das mochte natürlich auch nur an seiner selbstsicheren Art und seinem Blick liegen. Sie wusste es nicht genau.

      Damals, als sie begriffen hatte, dass Kenneth ihr Nachbar geworden war, hatte sie mit dem Gedanken gespielt, all ihren Mut zusammenzunehmen und ihn auf einen Drink einzuladen. Dieser Plan hatte sich allerdings zerschlagen, als sie kurz darauf bemerkte, dass Kenneth regelmäßig Frauenbesuch bekam.

      Die ersten Wochen, in denen er im Haus lebte, war es eine elegant gekleidete Frau mit roten Locken gewesen. Stacey hatte sie ein paar Mal zufällig im Treppenhaus getroffen. Bei ein oder zwei Gelegenheiten hatte sie auch durch ihren Türspion beobachtet, dass die Rothaarige bei Kenneth klingelte. Dann blieb sie fort und eine Frau mit langen braunen Haaren betrat das Feld. Auch sie hatte eine beneidenswerte Figur besessen – lange, schöne Beine, ein zartes Gesicht, einen schlanken Körper. Offenbar war ihr aber nur ein kurzer Auftritt in Kenneths Leben beschieden gewesen. Sie war nach zwei oder drei Wochen aus dem Spiel. Nach ihr kam eine Zeit, in der Kenneth – auch wenn Stacey das nicht beschwören konnte – abwechselnd von einer farbigen und einer Frau mit kurzen blonden Haaren Besuch bekam.

      Ihr Nachbar lebte offenbar in einer Welt, die ganz anders war als ihre. Partnerschaften und Sex waren Dinge, in denen sich Stacey bis heute noch sehr unerfahren fühlte. Dass Kenneth allem Anschein nach mehr als reichlich Erfahrungen gesammelt hatte, schüchterte sie ein und zog sie gleichzeitig an, mehr noch als sein Äußeres. Selten war ihr das so bewusst wie jetzt, da sie so dicht vor ihm stand.

      »Übermorgen reicht völlig. Ich habe noch eine kleine Reserve. Für Notfälle«, brachte sie endlich heraus.

      Kenneth lächelte sie an. »Okay. Das ist strategisch klug. Habe ich sonst noch etwas kaputt gemacht?«

      »Nein.«

      »Wirklich nicht?«

      »Wirklich nicht.«

      »Und bei Ihnen ist ganz sicher alles heil?«

      »Ja.«

      »Dann bin ich erleichtert. Und eine gute Seite hat das alles wenigstens.«

      Stacey blickte ihn fragend an.

      Kenneth ging an ihr vorbei – näher als es nötig gewesen wäre – und stieg die Treppe hinab. Er blieb stehen und wandte sich ihr wieder zu. Jetzt, da er eine Stufe hinabgestiegen war, befanden sie sich in etwa auf Augenhöhe.

      »So gut hat es in unserem Treppenhaus noch nie gerochen.« Er lächelte ihr noch einmal zu und ging mit schnellem Schritt die Treppen hinunter.

      Stacey wartete, bis sie hörte, dass die Haustür hinter ihm zugefallen war. Gerade wollte sie in ihre Wohnung gehen, als ihr ein kleines Stück Papier auf dem Boden auffiel. Sie bückte sich und hob es auf. Es war ein mehrfach zusammengefalteter Zettel. Als sie ihn auseinandergefaltet hatte, sah sie, dass er von oben bis unten mit Zahlen bedruckt war, und zwar in Kolonnen zu je fünf Ziffern. Die meisten waren mit Bleistift durchgestrichen. Der Zettel konnte Kenneth bei ihrem Zusammenstoß heruntergefallen sein. Das Papier war sehr staubig. Vermutlich war es einfach Müll. Aber zur Sicherheit könnte sie ihren Nachbarn ja fragen, wenn er übermorgen bei ihr vorbeischaute. Sie steckte den Zettel in ihre Handtasche und schloss mit einem Lächeln die Tür zur ihrer Wohnung auf.

      ***

      Stacey trat auf die Bremse und trommelte ungeduldig mit ihren Fingern auf dem Lenkrad herum. Die Ampel vor ihr war gerade auf Rot gesprungen. Sie schnaufte genervt. Ihre Stimmung hätte kaum schlechter sein können.

      Die Tage kamen und gingen und schienen an ihr vorbeizurauschen, so, als wäre sie nicht richtig anwesend. Sie war ständig müde und alles um sie herum kam ihr trist vor. Auch bei ihrer Arbeit in der Agentur hatte Stacey Mühe, sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Ihre Gedanken bewegten sich schwerfällig, aber auch in alle Richtungen gleichzeitig. Sie hatte keine Lust auf irgendetwas. Alles war einerlei und öde, aber deswegen nicht weniger anstrengend.

      Die Ampel sprang auf Grün und sie fuhr an. Es war schon seit vielen Stunden dunkel und Regen fiel. Bestimmt hatte ihre schlechte Stimmung auch etwas mit diesem trostlosen Wetter zu tun. Irgendwo hatte Stacey einmal einen Spruch aufgeschnappt. Er lautete sinngemäß: »Nichts auf dieser Welt ist so düster wie der Frühling in Chicago.« Wer auch immer sein Urheber war, er hatte es auf den Kopf getroffen.

      Das Wetter in dieser Stadt war eine Zumutung. Die letzten Wochen waren nasskalt und grau gewesen. Die Sonne hatte sich rar gemacht. Man hatte kaum Licht gesehen. Die Häuserschluchten waren gefüllt mit Dunst, einer widerlichen Melange aus Abgasen und Nebel. Laut Kalender war angeblich Mai.

      Das Wetter war aber nur eine Sache, ihr Job eine andere. Eigentlich wollte Stacey schon vergangenen Herbst für ein paar Wochen Urlaub machen, aber dann musste sie ein Projekt übernehmen und im Anschluss gleich noch eines. Stacey war Texterin in einer kleinen Werbeagentur. Diesen Job hatte sie inzwischen seit über zehn Jahren. Sie wurde immer noch beinahe wie eine Einsteigerin bezahlt, wickelte aber ganze Projekte im Alleingang ab. Erst vor zwei Tagen war ihr die Leitung für ein weiteres Projekt übertragen worden. Die Arbeit schien kein Ende zu nehmen und ihre Kraft ging langsam zur Neige. Heute hatte Stacey gute vierzehn Stunden in der Agentur zugebracht, und fertig war sie trotzdem nicht geworden. Sie würde am Wochenende noch ein paar Dinge erledigen müssen. Die Homepage des neuen Kunden musste begutachtet und ausgewertet werden. Es handelte sich um eine Softwarefirma. Sie bot Programme an, mit deren Hilfe man anonym im Internet surfen konnte.

      Wieder musste Stacey auf die Bremse treten.

      Sie steckte fest in einem Dunst aus Chicago, nichtssagenden Routinen, öden Alltäglichkeiten, Nieselregen, Nebel und roten Ampeln.

      Zum Job-Stress und dem trostlosen Wetter kam noch etwas Drittes. Es war nur eine Kleinigkeit, nervte aber trotzdem. Kenneth MacLean hatte ihr die versprochene Flasche