Gesammelte Werke von Johanna Spyri. Johanna Spyri

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Название Gesammelte Werke von Johanna Spyri
Автор произведения Johanna Spyri
Жанр Книги для детей: прочее
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Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027209026



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Gaben gefolgt war, weniger lange aus, als die in ihre Herrlichkeiten versunkenen Kinder. Er rief jetzt alle zum Sonntagsspaziergang zusammen. Mäzli war schnell fertig; alles in die Schachtel geworfen, Deckel drauf, ein wenig gedrückt musste er schon werden; das machte aber dem Mäzli keine Sorge, jetzt lief es schon dem Onkel zu.

      »So darf man’s nicht machen, Mäzli, man darf nicht«, rief ihm Lippo nach; aber es stand schon draussen an des Onkels Hand, fertig zum Abmarsch. Die anderen waren auch alle bereit, sie hatten ja jedes nur ein Stück wegzuräumen gehabt. Die Mutter gab noch ihre Befehle an die Küchen-Kathi ab.

      »Komm doch, Lippo, komm, hintennachbleiben ist nichts!« rief der Onkel ins Zimmer hinein.

      »Ich muss nur fertigmachen, dann komm ich gleich!« rief er zurück.

      Die Mutter war nun auch herausgetreten: »Wo ist Lippo?« fragte sie, ihr Schärchen musternd.

      »Drinnen sitzt er wie ein Maulwurf in seinem Loch und will nicht heraus!« rief Kurt. »Soll ich ihn holen? Dann kommt er sicher bald.«

      »Nein, nein«, wehrte die Mutter, »das will ich besorgen.« Sie ging hinein. An seinem kleinen Tisch sass Lippo noch und legte langsam und bedächtig seine Rösschen eines neben das andere in die Schachtel, dass ihnen kein Leid geschähe.

      »Komm, komm, Lippo, man muss den Onkel nicht waren lassen«, sage die Mutter.

      »Aber man darf ja nicht fort, bis alles eingeräumt und im Schrank ist, Mama«, sagte Lippo ängstlich, »das darf man nie, und man muss ordentlich einpacken.«

      »Ja, das ist auch wahr, komm, ich helfe dir«, und die Mutter machte sich als gute Hilfe schnell an die Arbeit, sie hatte ja selbst die Verordnung gegeben, die Lippo treulich hielt.

      »Da kommt er endlich, der Stubenmarder!« rief Kurt aus.

      »Nein, ihr sollt ihn nicht schelten«, sagte die Mutter, »er wollte tun, was recht ist: erst alles in Ordnung bringen, bevor er spazieren geht.«

      »Bravo, das ist mein Pate, das hab ich ihm eingebunden. Komm, wir gehen zusammen«, sagte der Onkel, seine Hand ausstreckend, »und wo soll’s nun hingehen?«

      »Zum Schloss hinauf«, schlug Kurt schnell vor. Mit diesem Vorschlag war jedermann einverstanden, auch die Mutter sagte gleich zu; sie hatte ihre eigenen Absichten bei diesem Gang.

      »Wir sagen wohl besser, gegen den Schlossberg hinauf«, bemerkte der Onkel, indem er sich mit seinen zwei kleinen Begleitern in Bewegung setzte und den Zug anführte. »Nachher wird es dann wohl heissen müssen, ums Schloss herum. Wenn der grimmige Herr Trius noch seine Wache hält, so wird man nicht hoch hinaufkommen, das Schlossgut wird eingehegt sein und geht ja weit herum.«

      »Oh, man kann auf dem Wege weit hinaufgehen, bis zur Schlosspforte«, entgegnete Kurt lebhaft, »da sieht man gut in den Garten hinein; aber er ist ganz verwildert. Dort ist rechts ein Zaun von hölzernen Latten, da kann man gut hinübersteigen, und dann läuft man durch die Wiesen bis hinauf, wo dann die dicke Weissdornhecke kommt. Da fängt auf der andern Seite das Gestrüpp an, und dann kommt bald der Wald mit den alten Tannen und Föhren. Dort könntet ihr aber nicht hinübersteigen. Dort vom Wald könnte man dann leicht zu Schloss hinüberkommen.«

      »Du scheinst eine ziemlich genaue Kenntnis der Örtlichkeiten zu haben«, sagte der Onkel. »Was sagt aber der Herr Trius zu dem Zaunübersteigen? In den Wiesen dort stehen schöne Apfelbäume!«

      »Er haut drauf los«, berichtete Kurt. »Wen er erwischen kann, den haut er, wenn man auch gar keine Äpfel will. Er haut schon zu, wenn er einen nur in der Nähe des Zaunes sieht.«

      »Er wird eben jedem, der da herumschnüffelt, andeuten wollen, dass man da nicht hinüberzuklettern hat. Wir wollen aber auf die Mutter warten. Sie weiss alle kleinen Wege hier, sie wird sagen wo wir hinmüssen.«

      Der Onkel hatte sich umgewandt, um nach der Mutter auszuschauen, die mit Bruno und Mea zurückgeblieben war. Die beiden benutzten die Zeit, da der Onkel sich mit den Jüngeren abgab, um der Mutter ihre besonderen Angelegenheiten vorzubringen, und beide redeten so eifrig auf sie ein, dass sie fast nicht vorwärtskommen konnte.«

      »Auf welche Seite geht es nun? Du kennst die Wege hier am besten«, sagte der Onkel, als die drei nahegekommen waren, »wohin sollen wir gehen?«

      Die Mutter entgegnete, die kleinen Wege alle ums Schloss herum kenne Onkel Phipp wohl so gut wie sie, eher besser. Wenn sie aber zu bestimmen habe, wohin heute der Spaziergang gehen solle, so schlage sie die Höhe zur Linken vor, von wo man eine ganz freie Aussicht auf das Schloss hinüber habe.

      »Dann kommt man am Häuschen der Apollonie vorüber«, sagte Kurt; »das ist recht, dann kann man sehen, was das Loneli macht nach seinem Kummer; es ist das netteste Kind in der ganzen Schule.«

      »So gehen wir«, stimmte der Onkel ein, »da finde ich auch noch eine alte Freundin in der Frau Apollonie, also vorwärts!«

      Das Häuschen am Fuss der Höhe war bald erreicht. Es stand eben jetzt vom hellen Sonnenschein umflossen, nur der alte Apfelbaum in der Ecke warf seinen Schatten über die kleine hölzerne Bank darunter und über ein Stück des kleinen Gartens am Häuschen. Auf der Bank sassen die Grossmutter und die Enkelin; beide im sauberen Sonntagsstaat, jede mit einem Buch auf dem Schoss. Ein Wohlgeruch von Rosmarin und Reseda stieg aus den kleinen Blumenbeeten auf und erfüllte die Luft. Onkel Phipp schaute über die niedere Hecke in das Gärtchen hinein.

      »Ein echter Sonntagsfrieden liegt da über alles gebreitet, komm, sieh, Maxa«, rief er der Schwester zu, »hier die Rosen und Resedabüsche; dort die Apollonie in der tadellosen Haube und glänzenden Schürze und das apfelfrische Enkelkind im sauberen Gewändlein, das sieht alles so sonntäglich schmuck und erfreulich aus.«

      Eben hatte Loneli die Gesellschaft drüben am Hag bemerkt. Es schoss von der Bank auf und lief hinüber, Kurt und Mea waren ja seine besonderen Freunde.

      Die Apollonie schaute nun auch auf, und wie sie die Gesellschaft erkannte, kam sie freudestrahlend herbei und wollte durchaus die Herrschaften zum Ausruhen in den Garten hereinhaben. Voller Eifer machte sie sich schon auf, um Stühle und Bänke herauszuholen, damit jeder sich niederlassen könne. Aber Frau Maxa wehrte es ihr. Sie wollten noch die Höhe besteigen, sagte sie; dazu wäre die Zeit aber zu kurz, wenn sie sich nicht gleich wieder auf den Weg machen würden. Im Vorübergehen hätten sie nur schnell das schön geordnete Gärtchen ansehen und die Apollonie grüssen wollen.

      »Wie Sie sich das alles schön eingerichtet haben, Frau Apollonie«, sagte Onkel Phipp, »im kleinen gerade so schön, wie vormals im grossen, droben auf dem Schloss. Die Rosen und die Reseden, der Kohl und die Bohnen und Rüben, ein kleiner Brunnen in der Gartenecke und die Bank unterm Apfelbaum, das sieht alles so geordnet und appetitlich aus, fast so schön, als es droben war.«

      »Ja, ja, der Herr Falk spasst immer noch gern«, entgegnete die Apollonie, »fast schöner als die Rosenbeete droben, nicht wahr? Ja, wer die gekannt hat! Und meinen Gemüsegarten erst! Solche Beete voller Blumenkohl und ganze Wäldchen von grünen Bohnenstauden, und erst meine Salatbeete und meine jungen Zuckererbsen - ja, das war ein Wirtschaften in solchem Gemüsegarten herum! So etwas kommt nicht wieder! So manchmal schaue ich dort zum Schloss hinauf und muss seufzen und denken: dass so viel Schönes so für immer verloren sein muss!«

      »Ja, das ist nun einmal so, da kann niemand helfen«, sagte Onkel Phipp; »aber einen Vorteil haben Sie doch jetzt: Hier in Ihrem stillen Garten, da stört kein Mensch Ihren Sonntagsfrieden, da springt Ihnen kein Junge mitten in Ihre Gemüsebeete hinein in Kraut und Kohl und Rüben, dass Sie die Hände zusammenschlagen und ausrufen müssen: ‘Nein, der Falk ist doch der ärgste von allen!’«

      »Nun weiss der Herr Falk auch das noch!« rief die Apollonie aus. »Ja, die drei jungen Herren haben mir manches Kräutlein zertreten; aber wie gern nähme ich das drein, wenn ich sie noch einmal pflegen könnte, meine Gemüsebeete; nur auch noch einmal sehen; aber sie sind ja gar nicht mehr, sie sind nicht mehr! Nur Heu und Äpfel will der Herr Trius einernten, alles andere wird ausgereutet. Deswegen muss aber der Herr Falk nicht denken, dass ich in lauter Frieden schwimme, weil er mir nicht mehr ins Gemüsebeet