CyberWorld 3.0: Evil Intentions. Nadine Erdmann

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Название CyberWorld 3.0: Evil Intentions
Автор произведения Nadine Erdmann
Жанр Языкознание
Серия CyberWorld
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958342309



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das antue, was dieser Scheißkerl Mum und mir angetan hat. Und das riskiere ich nicht. Ich weiß, du hast es mit dem Gutachten gut gemeint, aber ich will den Führerschein nicht machen. Ich hab Max, der mich fahren kann, und Zack und Jem können es ja auch bald. Ich will nicht selbst fahren und ich will das Thema jetzt auch nicht noch tausend Mal durchkauen. Bitte. Okay?«

      »Natürlich ist das okay. Es ist allein deine Entscheidung.«

      »Danke.« Jamie rang sich ein kleines Lächeln ab und sein Dad drückte ihm die Schulter.

      »Jon hat mir übrigens auch geschrieben, was ihr zwei in der Physio in den letzten Wochen erreicht habt.«

      Jetzt lächelte Jamie richtig.

      »Wann willst du es Jem und Zack sagen?«

      »Wenn ich soweit bin.«

      »Ich hoffe, du weißt, wie stolz ich auf dich bin.« Liebevoll wuschelte Robert seinem Sohn durch die Haare, doch als er merkte, wie verlegen Jamie war, wechselte er gutmütig das Thema. »Und? Was gibt’s hier sonst Neues? Wo ist Jem?«

      »Oben. Zack auch.«

      Roberts gute Laune verflüchtigte sich und er schüttelte verärgert den Kopf. »Haben Trish und Greg ihn also schon wieder versetzt, ja?«

      »Wundert dich das?«

      Robert schnaubte. »Ich wünschte, es wäre so.« Er nahm einen letzten Schluck Tee und stellte die Tasse auf den Couchtisch. Dann runzelte er die Stirn. »Wolltest du heute nicht eigentlich mit Ned lernen? Ist er schon weg?«

      »Ja«, stöhnte Jamie. Er hatte keine große Lust, seinem Dad von dem Streit zu erzählen, aber wenn Jem gleich beim Essen weiterhin wütend auf ihn war und nicht mit ihm reden wollte, würde sein Vater ohnehin wissen wollen, was los war, also brachte er es lieber gleich hinter sich. »Wir haben uns gestritten.«

      »Oh.« Robert musterte ihn überrascht. »Schlimm?«

      Missmutig zuckte Jamie mit den Schultern. »Es reicht dafür, dass ich jetzt offiziell für ihn und Jem das größte Arschloch der Nation bin.«

      Robert zog die Augenbrauen hoch. »Wow. Der ganzen Nation? Na, da hast du ja offensichtlich ganze Arbeit geleistet, mein Sohn.« Er klopfte Jamie spaßhaft auf die Schulter.

      »Nicht witzig!«

      Robert lächelte. »Willst du es mir erzählen?«

      »Damit du mir dann auch noch sagst, dass ich ein Arschloch bin?«

      Sein Dad verzog das Gesicht. »Du weißt, dass ich dieses Wort nicht mag, also stehen die Chancen gut, dass du es dir von mir nicht einfängst. Und ich bin ein verdammt guter Anwalt. Du könntest mich als Verteidiger engagieren.« Er grinste vielsagend. »Da ich weiß, was ich dir an Taschengeld zahle, geb ich dir auch Familienrabatt. Und ich akzeptiere Ratenzahlungen.«

      Jamie verdrehte die Augen. »Wie wär’s denn mit pro bono?«

      »Du meinst, ich soll deinen Fall kostenlos und aus reiner Herzensgüte übernehmen?« Robert lachte. »Na, dafür höre ich mir erst mal an, was genau du verbrochen hast. Also, fang an. Mach es kurz und schonungslos.«

      Jamie atmete tief durch und tat genau das.

      »Ich wollte ihm ganz bestimmt nicht Charlie miesmachen, weil ich sauer wegen der Geheimhaltung bin«, endete er schließlich und strich sich verdrossen durch die Haare. »Klar nerven die blöden Kommentare! Aber selbst wenn die anderen wüssten, dass Ned in einem Biokörper lebt, würden sie mich doch trotzdem fragen, warum ich mich noch mit meiner kaputten Wirbelsäule herumquäle. Oder mir unterstellen, dass ich mein Handicap behalten will, weil ich so wahnsinnig auf deren Rücksichtnahme oder irgendwelche beschissenen Sonderbehandlungen stehe!« Er schnaubte verächtlich und vergrub den Kopf in den Armen.

      Seufzend strich Robert ihm über den Rücken.

      Nachdem Edward Dunnington im Sommer mit der bahnbrechenden Entwicklung der Bioroboter an die Öffentlichkeit gegangen war, hatte Jamie seinem Vater mit Neds Einverständnis anvertraut, dass nicht nur Angus McLean, sondern eben auch Ned in einem künstlichen Körper lebte. Natürlich war Robert froh, dass Ned auf diese Weise überlebt hatte – und ihm war auch klar, was diese Biokörper für Jamie bedeuten konnten: ein Leben ohne Muskelschmerzen und ohne Angst vor plötzlichen Krämpfen und Lähmungserscheinungen. Ohne tägliche Medikamente, die die Auswirkungen seiner Rückenmarkverletzung zwar lindern konnten, sie aber nie beseitigen würden. Dafür ließen die Nebenwirkungen seinen Sohn viel zu oft mit Appetitlosigkeit, Übelkeit und Magenschmerzen kämpfen und hatten ihm einen BMI von nur noch knapp sechzehn beschert. Ein neuer Körper konnte für Jamie ein Leben ohne Behinderung bedeuten, für die er immer wieder abschätzige Blicke und dumme Kommentare einstecken musste. Und nicht nur das: Anscheinend erwartete man jetzt auch noch eine Rechtfertigung von ihm, weil er trotz seiner Beeinträchtigung das Leben in seinem eigenen Körper mehr schätzte als einen makellosen Hightechroboter.

      Jamie hatte ihm erzählt, dass er bei den Dunningtons einen der Bioroboter hatte ausprobieren dürfen, sich in dem fremden Körper aber nicht wohlgefühlt hatte. Und dafür war Robert dankbar, denn auch wenn er an Ned sah, wie unglaublich lebensecht die Biokörper waren, war er sich nicht sicher, ob er seinen eigenen Sohn darin sehen wollte.

      »Es ging mir kein bisschen um die bescheuerte Geheimhaltung!«, schimpfte Jamie unter seinen Armen hervor und raufte sich die Haare. »Ich würde ja wahrscheinlich nur noch mehr dämliche Kommentare und Fragen kassieren, wenn alle Welt wüsste, dass einer meiner besten Freunde in einem Bioroboter lebt, ich das aber nicht will! Also ist es ja auch für mich besser, wenn keiner von Ned weiß. Mir ging es echt nur darum, dass er sich bei Charlie keine falschen Hoffnungen macht und enttäuscht wird. Ich hab es einfach nur gut gemeint! Ist das denn wirklich so verdammt schlimm?!«

      Jemma stand oben an der Treppe und kaute betreten auf ihrer Unterlippe herum. Sie hatte mit Zack ihre Hausaufgaben erledigt und jetzt eigentlich noch mal mit Jamie reden wollen. Ihre Wut auf ihn war zwar noch nicht verraucht, aber sie hasste es, sich mit ihm zu streiten. Und ein bisschen nagte auch das schlechte Gewissen an ihr, weil sie ihm nicht zugehört hatte. Jedenfalls nicht so, wie ihr Dad es gerade tat. Sie wollte die Treppe hinuntergehen, doch Zack hielt sie am Arm zurück und schüttelte stumm den Kopf. Sie runzelte die Stirn, ließ sich aber von ihm mitziehen, als er sich auf die oberste Stufe hockte.

      Unten im Wohnzimmer fuhr Robert sich über die Augen. »Die Zeit nach dem Unfall war fürchterlich.«

      Irritiert drehte Jamie sich zu ihm um. Dieser verdammte Unfall, der so schrecklich viel verändert hatte, war zwar sicher kein Tabuthema in seiner Familie, aber sonderlich gern sprach er darüber auch nicht. Sie hatten das Thema vorhin schon mehr als nur gestreift und Jamie hatte keine Ahnung, warum sein Dad jetzt noch mal damit anfing.

      »Deine Mum war tot. Du lagst im Koma. Dann die schlimmen Wochen im Krankenhaus, als du begreifen musstest, dass dein Leben von nun an völlig anders sein wird; die Reha, die dir unglaublich viel abverlangt hat – diese Zeit war entsetzlich. Für uns alle. Besonders für dich. Aber auch für Jem. Sie hatte ihre Mum verloren und zwei unerträgliche Wochen lang hatte sie furchtbare Angst, dich auch noch zu verlieren. Und als du dann endlich wach warst, hat sie mit dir gelitten, als auch sie begreifen musste, was mit dir los ist.«

      Erneut wischte Robert sich über die Augen, als könnte er damit auch die Erinnerungen verwischen und so vielleicht ein bisschen erträglicher machen. »Ich weiß nicht, wie viele Nächte Charlie in dieser Zeit hier verbracht hat und für Jem da war, wenn sie sich in den Schlaf geweint hat. Charlie ist ein unglaublich positiver Mensch. Sie hat Jem immer wieder aufgefangen, ihr Mut gemacht oder sie einfach weinen lassen. Und sie hat ihr in der Schule den Rücken freigehalten, wenn eure Mitschüler zu neugierig waren und Jem das nicht ertragen konnte.«

      Jamie schluckte, als ihm klar wurde, warum Jemma vorhin so auf ihn losgegangen war.

      »Ich hab davon nichts mitbekommen«, murmelte er bekümmert. »Klar wusste ich, dass es euch auch beschissen ging, aber ich hab überhaupt nicht mitgekriegt, was hier zu Hause los