Название | WEHE… WENN |
---|---|
Автор произведения | Andrea Lieder-Hein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847695059 |
Dann adde sie doch als Freundin. Nach so vielen Jahren. Und sie muss ja die Freundschaft nicht bestätigen.
Weiß nicht. Wir haben uns damals ziemlich zerstritten. Sämtlichen Kontakte abgebrochen. Sie ist dann auch durchs Abi gefallen. Erinnerst du dich nicht? Hatte nur noch Liebeskummer und gab MIR die Schuld.
Ja, und nicht zu Unrecht. Du hattest es auf mich abgesehen. Wolltest mich unbedingt. Auf Biegen und Brechen.
Das hast du SO empfunden?
Das habe ich SO gemerkt.
Und trotzdem?
Ja, trotzdem habe ich mich in dich verliebt. Damals.
Und jetzt?
Jetzt liebe ich dich immer noch. Aber lass uns lieber über was Nettes reden. Ich hab schon mal vorgeplant.
Nicht etwa unseren 5. Hochzeitstag?
Doch, genau den.
Du hast daran gedacht. Meeno, ich liebe dich.
Darum feiern wir ihn auch ganz groß. Hotel-Saal oder Mamas Garten? Oder auf Wangerooge?
Wangerooge wäre der Knaller. Müssen aber alle übersetzen. Das dauert und kostet.
An Geld mangelt es uns ja nicht wirklich.
Wir haben noch fast zwei Monate Zeit. Obwohl, Wangerooge im September, das kann ziemlich schön sein. Ich google das mal.
Wir bleiben dran! Kein Stress.
Meeno streichelte Emmas Haare, die er so liebte. Diese langen, blonden Wellen bis fast zur Taille, ein Traum. Jedes Mal konnte er sich in ihren Haaren verlieren. Heute aber war dazu keine Zeit. Er gab ihr einen zärtlichen Schmatzer auf die Stirn und auf den gespitzten Mund und fuhr in seine Hamburger Kanzlei.
Meeno Larssen war Patentanwalt in Hamburg. Er liebte seinen Beruf. Er liebte Hamburg und er liebte Emma.
Emmas Tagebuch
Liebes Tagebuch,
ich bin kein Freund von schmalzigen Tagebüchern. Aber heute habe ich das Gefühl, ich müsste etwas von meinem Leben aufschreiben, etwas, wo ich mein eigenes ICH nachlesen kann. Die Zeit, das Leben, es zerrinnt unter meinen Fingern. Du, Tagebuch, du wirst mir helfen, mich zu erinnern. Ich werde dir einen Namen geben, Tagebuch. Du bist Ayaletta.
Liebe Ayaletta,
ich weiß es noch wie heute. Papa hatte sich nach Niedersachsen beworben, an ein Gymnasium in Oldenburg. Und er hatte die Stelle bekommen. Es war furchtbar. Ich an Papas Gymnasium? NIE!!! NIEMALS!!!. Gehänselt von allen? Gemoppt, weil mein Vater mir helfen würde und vielleicht sogar heimlich die Arbeiten im Lehrerzimmer einsehen konnte? NIEMALS!
Ich war damals so sauer, dass ich ganz krank wurde. Raus aus Bayern, aus München weg, das war schon der pure Horror. Von München in ein Kaff wie Oldenburg! Und dann noch an die gleiche Schule wie Papa!
Sicher, es gab mehrere Gymnasien in Oldenburg, aber da musste ich gefahren werden. Und Mama war krank. Burnout und magersüchtig. Sie machte sich immer und um alles Sorgen. Und sie schluckte dauernd diese bunten Pillen. Ganze Hände voll. Gruselig.
Dann entschieden Mama und Papa sich für ein Internat, weil sie dann doch verstanden, dass ich NICHT an Papas Schule wollte!!! Das Internat hieß „NIG-OL“. Das Niedersächsische Internatsgymnasium in Oldenburg. Na prima! Aber immer noch besser als an Papas Schule.
Nach den Sommerferien fingen Papa und ich dann an, an unseren neuen Schulen. Ich in der 11L des NIGOL. Ich war traurig, zornig und nervös. Alles auf einmal. Und dann sah ich IHN. Er war so alt wie ich, Oberstufe, schwarze Haare, Wuschelkopf und eine Traumfigur. SÜSS. Leider hatte er so eine Tussi aus meiner Klasse im Arm. Dunkle, lange Haare. Hübsch, aber irgendwie böse, stechende Augen. Fand ich.
Im Englisch-LeistungsKurs traf ich ihn wieder. Er war in der 11F, Französisch und er hieß Meeno. Meeno Larssen. Und sie? Kaatje Wittgens. Und sie war seine Freundin. Na, das würde sich bald ändern. Meeno, zieh dich warm an. Und Kaatje, such dir schon mal was Neues. Meeno wird bald nicht mehr an deiner Seite sein und dich anhimmeln.
Ab dann lief die Zeit für mich und –fast schon meinen- Meeno. Ich sah ihn nur in den Pausen und in den gemeinsamen Kursen. Und in Philosophie. Aber das musste reichen. Ich wollte ihn, ich MUSSTE ihn HABEN!!! Meinen Meeno.
Und heute? Da finde ich bei Facebook Kaatje wieder. Habe ich ein schlechtes Gewissen? Wegen Meeno? Nein. Warum? Er wollte MICH und ich ihn. Schicksal eben.
Freundschaftsanfrage
Emma schaute auf das Titelbild von Kaatje. Zwei Irische Wolfshunde spielten in einem Garten. Der eine war grau gestromt, der andere schwarz. Brrrr, gruselig. Solche Riesenfiecher. Emma schüttelte sich.
Dann schaute Emma auf das Profilbild. Viel konnte sie nicht erkennen. Kaatje hatte, wie damals auch, einen fabelhaft makellosen Teint, große, etwas böse Augen, eine gerade, niedliche Nase und volle Lippen. Das Böse an den Augen wurde von den Augenbrauen unterstützt. Die waren teuflisch hochgezogen und fielen dann plötzlich wieder nach unten ab.
Emma zögerte noch, ob sie wirklich eine Freundschaftsanfrage stellen sollte. Gefunden hatte sie Kaatje nur, weil Kaatje bei Facebook Kaatje Wittgens-Krohn hieß. Aber so hieß sie gar nicht. Als Kaatje damals heiratete, da stand das in allen Zeitungen. Ihr Mann war viel älter und steinreich. Und Kaatje hieß in der Anzeige Kaatje Krohn geb. Wittgens. Ob sie wohl geschieden war? Tot war der Krohn sicher nicht. Er war ein bekannter Reeder. Das hätte sie gelesen oder in den Nachrichten gehört.
Bremen. Da waren sie beide gar nicht so weit von Oldenburg weggezogen. Kaatje nach Bremen und sie nach Hamburg. Witzig.
Ein Lachen huschte über Emmas Lippen, als sie die Anfrage stellte. Sie würde Kaatje ihren Meeno stolz präsentieren. Kaatjes ehemaligen Meeno in IHREM Bett und sie fast schon schwanger. Von Meeno. Er hatte nach fünf Jahren Ehe gefragt, ob das nun der richtige Augenblick für ein Baby sei. Und sie hatte mit JA geantwortet. DAS war ein Triumph. Den konnte man feiern. Schwanger von ihrem Meeno. Da lohnte sich die Freundschaftsanfrage.
Abgeschickt. Nun musste sie nur noch warten.
Kaatje
Kaatje schaute auf ihre Armbanduhr und nickte. Ja, genau die richtige Zeit, um in den „Englischen Garten“ zu gehen. Relaxen. Ausspannen vom Stress ihres Berufes.
Kaatje war Tierärztin in Bremen und verdiente gut. Sie verarztete nur Kleintiere, in Notfällen aber auch mal Tiere in Massentierhaltung.