Название | Weltschmerz und Wahnsinn |
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Автор произведения | Magdalena Ungersbäck |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991077695 |
Ziemlich bald nach Sarahs Tod begann Josh mit diesen selbstgemachten, ach so lustigen Videos. Er erzählte, dass es gut lief, dass er immer mehr Abonnenten bekam und bald verdiente er sein Geld damit. Erstaunlich schnell hatte er eine Million Abonnenten und so brach er alles ab, was er sich schon für sein Moderatoren-Dasein erkämpft hatte. Natürlich war ich erstaunt, wie er es geschafft hatte, eine solch surreale Menge an Abonnenten zu bekommen. Mit diesen Videos. Und reich wurde er obendrein auch noch. Trotzdem war ich wütend und bin es jetzt immer noch. Sarah und ich haben ihn immer unterstützt und dachten, wir würden ihn bald im Fernsehen sehen. Jetzt bewegt er sich in einem für mich undefinierbaren, unerreichbaren Medium. Diese ganze neue Technologie ist ein Graus. Ich hasse sie. Sie ist eine absurde, unnötige Erfindung, die voller Probleme steckt. Nie hat man „Soziale Medien“ gebraucht. Nie hat man sich unvollständig gefühlt, als es noch kein Internet gab. Nie. Alles war einfacher, leichter. Jetzt scheint es unabkömmlich. Unverständlich. Für mich gibt es nur ein Tastenhandy und einen Fernseher. Alles andere überfordert mich. Pure Überforderung.
Seit Sarah nicht mehr da ist, bin ich anders. Noch mürrischer als zuvor. Alles macht mich wütend, nichts macht Sinn. Benny kämpft in fremden Kriegen, Luke kämpft mit Zeichnungen um sein tägliches Brot und Josh kämpft mit meiner Verachtung. Ich könnte Josh danken, dass er Reichtum erlangt hat und ein Luxusleben in Miami führt. Egal womit, auch wenn es „Social Media“ ist. So kann ich zumindest sicher sein, dass er Luke hilft, bevor dieser verhungert. Denn ich habe nicht genug Geld, um ihn zu finanzieren und hierher zurück will er sicher nicht. Doch Dankbarkeit liegt nicht in meiner Natur. Ich bin von allem so enttäuscht. Alle meine Söhne sind grundlegend verschieden und doch sind alle wie Sarah. Ich vermisse meine Frau und ich ertrage es nicht, ständig von meinen Kindern an sie erinnert zu werden. Deshalb ist es ohne die Jungs leichter. Ich musste ihnen erst lernen, mich zu hassen, damit ich von Erinnerungen verschont werde. Unvorstellbar, aber wahr. Vielleicht rede ich es mir auch nur ein und entschuldige so mein Verhalten. Ich erinnere mich doch selbst ständig an sie. Es ist hoffnungslos. Ich will einfach alles genauso wie es früher war. Als Sarah mich anlächelte und ich somit meine Wut auf alles und jeden noch unter Kontrolle hatte und die Hoffnung, dass einer meiner Söhne die Farm übernehmen würde, noch existierte.
Jeff stellt die Gläser laut hin und starrt mich an, bringt mich so aus meinen Gedanken zurück in die Wirklichkeit.
„Gibst du mir noch einen?“ Ich strecke ihm das leere Whiskeyglas hin.
„Sicher“, meint er und schenkt mir ein.
Auf dem Fernseher neben dem Tresen sieht man unseren Präsidenten, während er eine Rede schwingt. Er will Amerika wieder groß machen und groß halten. Richtig so, endlich jemand mit einem Plan. Das wird auch höchste Zeit. Ich finde, er macht seinen Job gut. Er sagt, was sich viele denken und sich nicht sagen trauen. Er tut unvorstellbare Sachen und doch tut er sie für den richtigen Zweck. Nicht für andere, sondern für uns und für Amerika. Jeff beobachtet meinen Blick zu dem Präsidenten.
„Na? Bist du begeistert?“, fragt er.
„Begeistert bin ich selten. Zufrieden trifft es eher. Er tut etwas für uns, das ist gut“, antworte ich ihm und trinke weiter.
„Ja, da hast du recht!“
Kurze Stille.
„Wie geht es eigentlich deiner Enkelin? Wie alt ist sie jetzt?“
Jeff lächelt selig bei dem Gedanken an sie.
„Rachel ist jetzt dreizehn. Es geht ihr gut. Ein enthusiastisches und kluges Kind ist sie!“, sagt er stolz.
„Das freut mich!“
Jeff ist ein paar Jahre älter als ich und hatte früh Kinder bekommen. Deshalb hat er jetzt schon ein paar Enkelsöhne und eine Enkeltochter, die sein ganzer Stolz ist.
„Sie ist übrigens ein richtiger Fan von Josh! Sie ist süchtig nach seinen Videos und vergöttert ihn richtig!“, erzählt Jeff weiter.
Ich lächle milde.
„Wenn du ihn wiedersiehst, könntest du ihn vielleicht um ein Autogramm für Rachel bitten? Oder wenn er einmal hier sein sollte, sag mir Bescheid, damit ich Rachel einmal mitnehme und sie ihn sehen kann!“, sagt er ganz begeistert.
Mein Gesicht verhärtet sich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn jemals wiedersehe, nachdem ich ihn das letzte Mal von der Farm verjagt habe.
Ich