Manipuliert. Teri Terry

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Название Manipuliert
Автор произведения Teri Terry
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783649629078



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Anlass zu handeln. Dort möchte ich bleiben.

      Ein gedämpftes Geräusch erklingt. Ein Klicken.

      Ich schlucke. Mir klebt die Zunge am Gaumen, ein seltsamer Geschmack …

      Allmählich kehrt mein Bewusstsein zurück. Hat man mich betäubt? Wo bin ich? Jetzt kämpfe ich darum, wenigstens die Augen zu öffnen, aber die Lider sind so schwer.

      Stattdessen strecke ich mich nach meiner Umgebung aus, ohne meine normalen Sinne zu gebrauchen.

      Nichts.

      Nichts? Wie kann das sein, dass es rings um mich kein Leben gibt?

      Von Panik befeuert, habe ich nun doch die Energie, die Augen zu öffnen und mich zu bewegen. Ich schlucke wieder und huste.

      Ich befinde mich in einem kleinen Zimmer in einem schmalen Bett. In der Ecke steht ein Klo, ein Waschbecken, ich bin mit einem Laken bedeckt. Und das ist alles.

      Nichts, das ich erreichen kann: keine Menschen, Tiere, Insekten, nicht einmal eine winzige Spinne.

      Ich rapple mich hoch. In meinem Kopf hämmert es, ich bin durstig. Am Waschbecken steht ein Becher. Ich drehe den Hahn auf und fülle das Gefäß. Mir zittern die Hände und beim Trinken geht eine Menge daneben, sodass ich auf der Brust eine kalte Spur hinterlasse.

      Als ich das Wasser wegwischen will, erwartet mich der nächste Schock. Ich trage ein unförmiges Nachthemd, eine Art Krankenhauskittel, sonst nichts. Jemand hat mich ausgezogen und mir das Nachthemd angezogen, während ich bewusstlos war.

      Ein Schauer durchläuft meinen Körper und macht die Übelkeit noch schlimmer. Ich schlinge die Arme um mich, aber das reicht noch nicht. Schützend hülle ich mich ins Laken ein.

      Auch wenn ich niemanden spüre, habe ich dieses unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden. Mein Blick wandert durch den Raum, jede Wand wirkt solide, Decke und Fußboden ebenso.

      In dem Moment geht mir erst auf, dass es in diesem Raum keine Fenster und Türen gibt. Jedenfalls keine sichtbaren. Aber das kann doch nicht sein. Irgendwie muss ich doch reingekommen sein!

      Ich kann dieses unangenehme Gefühl des Beobachtetwerdens nicht abschütteln, als würde es Fingerabdrücke auf meiner Haut hinterlassen. Ob es hier einen versteckten Wächter gibt?

      Ich schlucke ein weiteres Mal.

      »Hallo?«, sage ich vorsichtig. Meine Stimme ist eingerostet, als hätte ich sie schon lange nicht mehr gebraucht.

      Ich versuche es noch einmal, diesmal etwas lauter. »Hallo? Ist da jemand?«

      Meine Stimme wird von den nackten Wänden, dem Boden, der Decke zurückgeworfen.

      Keine Antwort. Ob mich jemand hört?

      In mir steigt Panik auf, Wellen, die höher und höher schlagen, ich zittere am ganzen Körper. Wo bin ich? Ich will hier nicht sein.

      »Lasst mich raus! Lasst mich raus!«

      Ich werde immer lauter, bis ich schließlich schreie.

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      Mit zitternden Händen tippt Kai bei JIT eine Nachricht für Iona.

      Kai: Auf dem Stützpunkt hatten alle die Grippe oder waren schon tot. Sie glauben, Shay hätte sie angesteckt. Von einem habe ich erfahren, dass Shay vor Ausbruch der Krankheit gestern Abend ausgeflogen wurde.

      Kai speichert und nimmt einen großen Schluck aus einer Rotweinflasche, die er ganz hinten im Regal gefunden hat.

      Iona: Also … hatte sie recht? Ist sie wirklich eine Trägerin?

      Kai: Sieht ganz so aus. Ihre Argumente klangen ja auch logisch, aber ich wollte es nicht wahrhaben.

      Iona: Ich auch nicht. Hast du eine Ahnung, wohin sie sie gebracht haben könnten?

      Kai: Der Typ, mit dem ich gesprochen habe, meinte was von einem geheimen Royal-Airforce-Stützpunkt irgendwo in England außerhalb der Quarantänezone. Könnte überall sein.

      Iona: Okay. Ich stelle Nachforschungen an, vielleicht kann ich das Gebiet etwas eingrenzen. Was hast du jetzt vor?

      Kai: Weg von den Shetlandinseln. Ich mache mich auf die Suche nach Shay. Und nach ihm, diesem Arzt, der für alles verantwortlich ist.

      Iona: Wie willst du denn von der Insel runterkommen?

      Kai: Die Leute, die uns im Boot mitgenommen haben, meinten, dass wir einfach zur Höhle kommen und dort einen Tag lang warten sollten. Aber das Boot hat es nicht geschafft, die sind alle an der Grippe gestorben.

      Iona: Ich weiß. Shay hat es mir gesagt.

      Kai: Aber ich glaube, es gibt mehr als nur dieses eine Boot. Ich mache mich einfach zur Höhle auf und warte dort. Was Besseres fällt mir nicht ein.

      Iona: Okay. Melde dich, wenn es nicht funktioniert, dann finde ich einen anderen Weg, wie du von der Insel runterkommst. Da gibt es bloß noch ein Problem.

      Kai: Nur eins?

      Iona: Ich wollte dir vorschlagen, dass du den Laptop, den du gerade benutzt, zerstörst oder ins Meer wirfst. Sonst kann der Besitzer später deine Aktivitäten bis zu uns zurückverfolgen. Aber wenn du ihn noch brauchst, geht das natürlich nicht.

      Als Iona anfängt, Kai genau zu erklären, wie er anschließend den Verlauf im Computer löschen kann, schwebe ich davon.

      Von meiner Freude, dass Kai weiß, dass ich bei ihm bin, ist nicht mehr viel übrig. Er hört mich nicht und hat seit dem Stützpunkt kein Wort mehr mit mir gesprochen.

      Ich gehe nach draußen. Die Sonne steht tief am Himmel, auch wenn es nicht sehr dunkel ist. Shay sagte, dass es so weit im Norden im Sommer nie richtig dunkel wird, bloß schummrig. Weiße Nächte hat sie es genannt.

      Es hat aufgehört zu regnen – mir ist das sowieso egal –, und ich gehe zur Klippe, wo Kai gestern gestanden hat. Spüren tue ich den Wind nicht, aber ich sehe, wie sich das lange Gras biegt und das Meer wütend schäumt.

      Spontan stürze ich mich die Klippen hinab, immer tiefer und tiefer …

      Kurz bevor sich die Wellen an den Felsen brechen, bleibe ich mitten in der Luft hängen. Die Gischt spritzt umher.

      In dem dürftigen Licht erkenne ich meine Hände als einen dunklen Umriss. Das Wasser spritzt durch sie hindurch, als gäbe es sie nicht, und ich merke es nicht einmal.

      Das Bewusstsein, nichts berühren, nichts fühlen zu können, senkt sich bleischwer über mich. Ich taumele tiefer und tauche ins Wasser ein. Die Ausläufer des Kliffs unter den Wellen verhindern, dass ich weiter sinke. Eigentlich müsste das Wasser ziemlich kalt sein, aber ich spüre immer noch nichts.

      Wenn ich wie Kai von der Klippe springen könnte, damit alles ein Ende hätte, würde ich das tun?

      Dunkelheit. Tod. Mehr bin ich nicht. Wem würde es was ausmachen, wenn ich für immer hier unten bliebe? Kai weiß nur durch andere, dass es mich noch gibt. Wenn ich jetzt ginge, würde er es gar nicht bemerken.

      Ohne Shay hätte auch Mum nicht gewusst, dass ich noch da bin. Ich habe Mum verlassen, nur um Kai zu begleiten. Sie fehlt mir so sehr.

      Und mein Vater? An den kann ich mich nicht mal erinnern. Alles, was ich weiß, habe ich schon wieder nur von Kai und Shay erfahren. Er heißt Dr. Alex Cross, ist Kais Stiefvater und Kai kann ihn nicht leiden. Er glaubt, dass mein Vater was mit meinem Verschwinden zu tun hat. Aber was spielt das überhaupt für eine Rolle, wenn ich mich ohnehin nicht erinnere?

      Ich habe nichts. Ohne Shay weiß keiner, dass es mich gibt.

      Aber trotzdem ist da noch etwas in mir, etwas, das mich antreibt, diesen Ort zu verlassen. Auch wenn ich die Kälte des Meeres und die Wärme der Sonne nicht spüre, dieses Gefühl brodelt in mir. Heiß, rot und stark.

      Wut.

      Im