So was macht die Liebe. Bo R. Holmberg

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Название So was macht die Liebe
Автор произведения Bo R. Holmberg
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711461518



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schreibt man akzeptieren?«, fragte Agnes.

      »Das ist kein Adjektiv«, sagte Elna.

      »In dem Stück können doch nicht nur Adjektive vorkommen«, sagte Mirjam. Dann schrieb sie akzeptieren auf ein Blatt Papier und zeigte es Agnes.

      Agnes fuhr fort:

      ... akzeptiert hätte, dass Mama nicht mehr da ist.

      Dann knabberte sie wieder am Stift.

      Und jetzt ist er auch noch verliebt, dachte sie und nahm ein neues Blatt und schrieb:

      Martin + Elenor, Agnes + Douglas.

      Douglas schrieb nichts. Er hatte Kevin am Nacken gepackt und drückte seinen Kopf auf den Tisch.

      Elna stand an der Tür.

      »Jetzt ist Pause«, sagte sie.

      »Jetzt ist sie mucksch«, sagte Agnes.

      »Das ist kein richtiges Wort«, sagte Mirjam.

      In der Schlange im Konsum

      Es war ein Samstag und sie hatten Tauwetter. Tagsüber schmolz der Schnee und von Dächern und Bäumen tropfte es. Das bedeutete, dass es fast Frühling war.

      Agnes ging den Hügel hinunter. Den Tretschlitten konnte sie nicht mehr benutzen. Nur noch ein paar Flecken Schnee leuchteten in der Sonne. Es war März und die Sonne hatte Kraft. An den Fenstern rannen Wassertropfen. Pling, fielen sie runter. Jetzt konnte sie an der Kirche vorbeigehen ohne allzu sehr an Mama zu denken. Sie hieß Amanda und sie war schon fünfeinhalb Jahre tot. Ihr Grab zu finden war leicht. Im letzten Jahr hatte Agnes die Schritte mit geschlossenen Augen gezählt. Sechzig Schritte geradeaus und dann vierzehn nach rechts. Dort war Mamas Grab.

      Das Wort fiel ihr wieder ein. Akzeptieren. Martin hatte akzeptiert, dass Mama nicht mehr da war. Jetzt waren sie nur noch drei. Agnes, Martin und Papa.

      Gar nicht wenig, würde Papa sagen.

      Sie war auf dem Weg zum Konsum, wollte nur ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Papa hatte alles auf eine Rechnung geschrieben, auf der auch seine Postgironummer und sein Name standen: Stig Lövstrand, Teppichverleger. Der Zettel hatte auf dem Tisch gelegen, als Agnes aufgestanden war.

      Papa war schon weg gewesen.

      Milch, Margarine und drei Koteletts, hatte Papa geschrieben. Und: Sonst haben wir alles. Darunter hatte er ein kleines Herz gemalt.

      Auf dem Parkplatz standen die Container, die blauen. Sie sahen wie gefährliche Monster aus.

      Agnes ging nicht mehr hin zu ihnen, wie sie es noch im letzten Jahr gemacht hatte. Sie reckte sich nicht mehr auf die Zehen und rief ihre Frage hinein, ob da Kinder wären zwischen all den Zeitungen und Kartons. Nein, damit hatte sie aufgehört.

      In der Schlange beim Konsum stand Irene. Sie war groß und dick und außerdem war sie Douglas’ Mama. Als Agnes näher kam, sah sie, dass Douglas vor ihr stand. Irenes mächtiger Körper hatte ihn verdeckt.

      »Ohoi!«, schrie Agnes. »Douglas!«

      Er und Irene drehten sich um. Douglas zog eine Grimasse. Er kniff die Augen zusammen und zeigte seine Zähne.

      »Ach, du bist das, Agnes!«, sagte Irene.

      Schwiegermutter, dachte Agnes. Große Schwiegermutter.

      »Ich muss fürs Wochenende einkaufen«, sagte Agnes. »Wie geht’s dir, Douglas?«

      Er hatte eine Verpackung mit drei Überraschungseiern in der Hand, legte sie aufs Band und schlenderte zu Agnes.

      Sie dachte an seine Hand, aber er stand zu weit entfernt. »Wollen wir uns heute Abend treffen?«, fragte sie.

      »Wie, wo?«, sagte er.

      »Bei mir zu Hause. Was Gutes essen und fernsehen vielleicht«, antwortete Agnes. »Vielleicht sind Martin und Elenor auch da.«

      »Wir besuchen meine Cousins«, sagte Douglas. »Für die sind die Eier.«

      »Ach, du lieber Douglas«, sagte Agnes.

      »Bah«, sagte er.

      »Komm jetzt!«, rief Irene.

      Sie hatte zwei Tüten voll gepackt und hielt sie in ihren Händen. Douglas kniff wieder die Augen zusammen.

      »Wir sehn uns«, sagte er.

      »Viel Spaß«, sagte Agnes.

      Jetzt muss er aber aufhören mit diesen albernen Grimassen, dachte sie, während sie bezahlte.

      Es tropfte vom Dach vorm Konsum. Douglas sah wie ein winziger Junge aus neben seiner großen Mama.

      Agnes ging in die andere Richtung. Sie sah nicht zu den Containern.

      Elenor

      Elenor saß mit gekreuzten Beinen in dem roten Sessel und blätterte in einer Zeitschrift.

      »Wo ist Martin?«, fragte Agnes.

      »Er joggt«, antwortete Elenor.

      »Bleibst du hier heute Abend?«

      Elenor guckte auf. Sie hatte die Lippen rot geschminkt und in der Oberlippe eine kleine Perle. Die bewegte sich, wenn sie sprach.

      »Vielleicht«, antwortete sie.

      »Wir haben aber nur drei Koteletts«, sagte Agnes.

      Elenor leckte über ihre Perle. Sie spreizte die Finger und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar.

      In Agnes’ Ausweis stand, dass sie blonde Haare hatte. Der Ausweis war neu. Den hatte sie sich erst vor einigen Wochen besorgt. Im Juni brauchte sie ihn. Dann wollten sie in die Türkei, sie, Martin und Papa. Aber Douglas nicht. Und Elenor auch nicht.

      In Elenors Ausweis stand wahrscheinlich dunkelblond.

      Oder mausfarben, dachte Agnes.

      »Vielleicht ess ich nicht hier«, sagte Elenor.

      »Bist du in ihn verliebt?«, fragte Agnes. »In Martin?«

      »Aber hallo«, sagte Elenor. »Was für eine Frage.«

      »Er ist wahrscheinlich in dich verliebt«, sagte Agnes. »Und ich bin in Douglas verliebt.«

      Elenor lachte ein piepsendes Lachen.

      »Verliebt?«, sagte sie.

      »Das ist ein Adjektiv, wie verknallt«, sagte Agnes.

      »Und wie neugierig

      »Martin hat es nicht leicht gehabt«, sagte Agnes. »Deshalb will ich nicht, dass ...«

      Sie verstummte und starrte Elenor an, als ob sie sie zum ersten Mal sähe. Sie war schlank in ihrer braunen Stretchhose, dazu trug sie eine gelbe Bluse. Wenn sie sich bewegte, wippte eine kleine Halskette in ihrem Ausschnitt.

      »Wir werden Schwägerinnen«, sagte Agnes, »du und ich.«

      Elenor piepste wieder und strich mit den Händen über ihre Hosenbeine, wie um sie zu glätten.

      »Wie lange er wegbleibt«, sagte sie.

      Agnes hob eine der Hanteln an, die auf dem kleinen Tisch lagen, und versuchte sie mit ausgestrecktem Arm zu halten.

      »Ich kann sie zehnmal über den Kopf stemmen.«

      »Wirklich?«, sagte Elenor.

      »Aber jetzt hab ich damit aufgehört. Seit ich zehnmal geschafft habe. Martin macht aber weiter. Außerdem joggt er.«

      Elenor stand auf.

      »Er ist wirklich lange weg.«

      »Er läuft weit«, sagte Agnes. »Mindestens zehn Kilometer.«

      Elenor setzte sich wieder und guckte in die Illustrierte.