Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Название Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman
Автор произведения Toni Waidacher
Жанр Языкознание
Серия Der Bergpfarrer Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740971656



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Na toll, dachte er. Ist ja wirklich richtig was los.

      Laut sagte er:

      »Wo find ich denn jetzt Alex?«

      Benno Gruber deutete nach links. »Drüben im Stall. Also, wir sehen uns dann ja wohl noch öfter.«

      »Sicher.« Florian nickte, wandte sich ab und ging hinüber zum Stall.

      Na klasse, dachte er währenddessen. Mein zukünftiger Nachhilfelehrer ist auch noch Stallbursche. Das kann ja was geben.

      Nie hätte er damit gerechnet, welch eine Überraschung er in wenigen Augenblicken erleben sollte…

      Als er den Stall betrat, erblickte er als erstes ein junges Madl, das gerade dabei war, den Stall auszumisten. Sie stand mit dem Rücken zu ihm. Sie trug ein viel zu weites Holzfällerhemd, schlabberige blaue Jeans und ein paar ausgelatschte Turnschuhe. Ihr blondes, glänzendes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

      »Guten Tag«, sagte er knapp. »Ich suche Alex Gruber.«

      Das Madl drehte sich um. Florian blickte ihr ins Gesicht, und sofort wurde ihm der Atem knapp.

      Er riß die Augen auf.

      Mit halb offenstehendem Mund starrte er die junge Frau an. Sie sah wirklich toll aus, stellte er fest. Ihr hübsches schmales Gesicht zog ihn förmlich in den Bann. Und dann die Augen! Sie waren blau wie der Himmel, und ein strahlendes Funkeln lag in den dunklen Pupillen.

      Während der Florian noch nach Luft rang, legte sich auf die vollen, hübsch geschwungenen Lippen des Madls ein feines Lächeln.

      »Alex Gruber steht direkt vor Ihnen«, sagte sie. Ihre Stimme war freundlich und seidenweich.

      Es dauerte einen Moment, bis Florian begriff, was das Madl da gerade gesagt hatte.

      Der Bursche riß die Augen noch weiter auf.

      »SIE sind…«, sagte er irritiert.

      »Alex Gruber«, vervollständigte sie seinen Satz. »Allerdings. Ich bin Ihre neue Nachhilfelehrerin!«

      Noch immer stand der Florian wie angewurzelt da. Und noch immer konnte er nicht glauben, was er da zu hören bekam.

      »Nachhilfelehrerin?« hakte er abermals nach.

      Das Madl lachte. »Hören Sie etwa schlecht? Na, und das schon in Ihrem Alter. Das kommt von den vielen Diskothekenbesuchen in der Stadt…«

      »Nein, nein.« Florian winkte hastig ab. »Das ist es net, wirklich. Ich höre noch ganz gut. Es ist nur… Also, ich dachte…«

      »Genau das dachte ich. Jedenfalls hat mein Vater nur von einem Studenten gesprochen.«

      »Och, das kenn’ ich. Viele denken bei dem Namen Alex sofort an Alexander. Ich heiße halt Alexandra, und seit ich denken kann, nennt man mich nur Alex. Das ist auch schon des Rätsels Lösung.«

      Florian schluckte. Der Bursche war völlig verwirrt, konnte noch immer keinen klaren Gedanken fassen. Mit allem hatte er gerechnet – aber nicht damit!

      Plötzlich legte sich ein breites Grinsen auf seine Lippen.

      Sein Nachhilfelehrer war ein Madl!

      Mit einem Mal fühlte er sich richtig gut. Mit einem Madl würde er schon fertig werden, kein Zweifel. Und hübsch war die Alex noch dazu.

      Wie es schien, konnten die zwei Monate in den Bergen doch noch richtig gut verlaufen…

      *

      »Nun sag schon, Johannes«, forderte der Bergpfarrer den alten Gruber auf. »Was ist los bei euch? Ich merk doch, daß dich Sorgen plagen. Mir kannst nix vormachen!« Er hielt kurz inne. »Und ehrlich g’sagt hat auch schon der Lois so etwas angedeutet.«

      »Ach, unser feiner Herr Bürgermeister!« empörte sich der Gruber-Johannes. »Na, das hätt’ ich mir ja gleich denken können. Der hat doch den ganzen Tag nix anderes zu tun, als seine dicke Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken!«

      Die zwei Männer waren an die frische Luft gegangen, um sich etwas die Füße zu vertreten. Jetzt gingen sie an Feldern und Wiesen vorbei. Der leichte Wind wehte ihnen in die Gesichter, und der gute Hirte von St. Johann atmete immer wieder tief die frische, würzige Luft ein.

      Eine Wohltat für die Seele war das, obwohl Sebastian das eigentlich gewohnt war, schließlich lebte er in St. Johann, und das war ebenfalls ein wunderschönes, naturbelassenes Fleckchen Erde.

      »Nun stell dich mal net so an«, erwiderte der Pfarrer jetzt. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. »Der Lois sorgt sich nur um dich, das ist alles. Und bei mir ist’s genauso. Schließlich kenne ich dich schon eine halbe Ewigkeit, und um Freunde kümmert man sich, wenn sie Sorgen haben.«

      Der Gruber warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. »Sag bloß, du bist auch deshalb überhaupt hergekommen? Hat dich der Loisl etwa angerufen und hergebeten?«

      »Aber nein, Loisl, das hat er nicht. Ich bin lediglich hergekommen, weil ich meinem alten Freund Gruber nach langer Zeit mal wieder einen Besuch abstatten wollte. Aber jetzt, wo ich schon einmal hier bin, kannst’ auch ruhig mal mit mir über deine Sorgen sprechen. Ich bin gut im Zuhören, schließlich bin ich Pfarrer. Und wenn ich dir…«

      Der Gruber winkte ab. »Ja, ja, Hochwürden. Schon gut.« Der alte Mann blieb stehen und wandte sich dem Sebastian zu. »Also, wie du dir sicher denken kannst, geht es um die Alex. Das Madl macht einfach, was es will, ohne an die Familie zu denken! Erst wollte sie unbedingt studieren. Ehrlich gesagt, war mir das auch schon net so recht. Ich wußte ja gleich, daß sie dann den Hof vernachlässigen wird. Und so ist’s dann ja auch gekommen. Hatte nur noch ihre Vorlesungen und Prüfungen im Kopf. Jetzt hat sie das Examen, und ich dachte schon, jetzt geht’s wieder aufwärts. Aber nein, jetzt muß das Madl ja auch noch irgend so einem Burschen Nachhilfeunterricht geben. Und dann will sie sich auch noch eine Wohnung in der Kreisstadt nehmen und beim Anwalt anfangen. Also, das bringt doch das Faß zum Überlaufen!«

      Der Gruber-Johannes hatte geredet wie ein Wasserfall. Alles war förmlich aus ihm herausgesprudelt, und es war ihm anzusehen, daß es ihm gutgetan hatte, alles einmal herauszulassen.

      Sebastian schwieg einen Moment. Er hatte ja schon mehr oder weniger gewußt, worum es ging. Einerseits konnte er den Gruber ja auch verstehen. Er wußte, daß er sehr traditionell veranlagt war. Sich an Änderungen zu gewöhnen, war ihm schon immer schwer gefallen. Sebastian wußte, daß es ihm am liebsten wäre, wenn seine Kinder bei ihm blieben so lange es möglich war. Und da paßte es ihm natürlich gar nicht in den Kram, daß die Alexandra nun begann, ihren eigenen Weg zu gehen.

      Aber er mußte doch an das Madl denken! Schließlich war die Alexandra eine erwachsene junge Frau und kein kleines Kind mehr. Sie hatte eigene Pläne, und das war auch gut so.

      Das versuchte er jetzt auch dem Gruber zu erklären. Doch leider, wie sich bald herausstellte, mit wenig Erfolg.

      »Ach, hör mir bloß auf damit!« schimpfte der Johannes. »Genau das erzählt mir das Madl auch immer. Daß sie selbständig sein und auf eigenen Beinen stehen will. Pah! Wenn ich das schon hör’! Das Madl gehört genau dort hin, wo es jetzt ist: auf den Hof!«

      Sebastian seufzte lautlos. »Aber Johannes«, sagte er dann ruhig. »Du kannst doch net ernsthaft über ihr Leben bestimmen wollen. Das wird sie sich net gefallen lassen, und ehrlich g’sagt kann ich das auch sehr gut verstehen, und wenn du es dir mit deiner Tochter net irgendwann endgültig verderben willst, dann solltest’ mal genauer über deine Ansichten nachdenken. Die sind nämlich ziemlich altmodisch, sag ich dir.«

      »Ach ja?«

      Der Bergpfarrer nickte. »Allerdings.« Er machte eine kurze Pause und legte dem alten Gruber freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Versteh mich net falsch, ich will nur dein Bestes. Aber es ist abzusehen, daß die Alex das net ewig mitmachen wird. Und wenn du nicht so schnell wie möglich zur Vernunft kommst, Johannes, dann wirst’ deine Tochter verlieren. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.« Er grinste spitzbübisch.