Die Eroberung von Plassans. Emile Zola

Читать онлайн.
Название Die Eroberung von Plassans
Автор произведения Emile Zola
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783849618247



Скачать книгу

zufriedenen Lächeln eines Mannes, der glaubt, ein gutes Geschäft gemacht zu haben, fügte er hinzu:

      Das Beste ist dabei, daß ich den zweiten Stock für hundertundfünfzig Franken vermietet habe ... So kommen jetzt jedes Jahr hundertundfünfzig Franken mehr ins Haus.

      Martha machte keine Einwendungen mehr; nur ihre Hände zog sie krampfhaft zusammen und drückte sie dann leise gegen die Augen, als wolle sie die Tränen zurückhalten. Sie schielte nach ihren Kindern hin, die von diesem Streit nichts gehört zu haben schienen, da sie ohne Zweifel an solche Szenen schon gewöhnt waren, in denen die spöttische Derbheit ihres Vaters sich gefiel.

      Wenn Sie jetzt essen wollen, können Sie hereinkommen, rief Rosa und trat auf die Freitreppe hinaus.

      Schön! Kinder, die Suppe steht auf dem Tische! rief Mouret heiter ohne jeden Anflug von übler Laune.

      Die Familie stand auf. Desirée, die sich bis jetzt ganz ruhig verhalten hatte, wurde dadurch, daß sich alle erhoben, neuerdings an ihren Verlust erinnert. Sie warf sich an den Hals ihres Vaters und rief:

      Papa, mir ist ein Vogel entflohen.

      Ein Vogel, mein Kind? Wir fangen ihn wieder.

      Dann herzte und küßte er sie; aber er mußte sich auch den Käfig ansehen. Als er mit dem Kinde zurückkam, waren Martha und seine beiden Söhne schon in dem Speisezimmer. Die Strahlen der untergehenden Sonne brachen sich an den Porzellantellern, den Trinkbechern der Kinder und dem weißen Tischtuche. Das Zimmer war warm und anheimelnd mit dem grünen Garten im Hintergrunde.

      Als Martha, die sich in diesem friedlichen Räume wieder beruhigt hatte, den Deckel von der Suppenschüssel nahm, ließen sich auf dem Korridor Schritte vernehmen. Rosa kam bestürzt hereingelaufen und meldete stotternd:

      Gnädiger Herr! Der Abbé Faujas ist draußen!

      Zweites Kapitel.

      Mouret machte eine ärgerliche Gebärde, denn er hatte seinen Mieter erst für übermorgen erwartet. Er stand rasch auf, doch der Abbé erschien schon an der Türe. Es war ein großer, starker Mann mit viereckigem Gesicht, breit ausgeprägten Zügen und fahler Farbe. Hinter ihm stand eine ältliche Frau, die ihm auffallend ähnelte, aber kleiner war und rohere Züge hatte. Als die Ankömmlinge den gedeckten Tisch erblickten, machten beide eine zögernde Bewegung und wichen zurück, ohne aber sich zu entfernen. Die hohe Gestalt des Priesters warf einen dunklen Schatten an die mit Kalk weißgetünchte, helle Wand.

      Verzeihen Sie, daß wir stören, sagte er zu Mouret. Wir kommen von dem Abbé Bourrette; er hat Sie doch in Kenntnis gesetzt?

      Durchaus nicht, rief Mouret. Der Abbé macht immer solche Streiche! Er schwebt immer in höheren Sphären. Noch heute früh sagte er mir, Sie würden erst in zwei Tagen eintreffen ... Jetzt sind Sie aber da und müssen sich einrichten, so gut es eben geht.

      Der Abbé Faujas entschuldigte sich. Er hatte eine tiefe Stimme mit sanftem Tonfall. Er sei wirklich trostlos, zu einer solch ungelegenen Stunde gekommen zu sein. Nachdem er in wenigen, aber gewählten Worten sein Bedauern ausgedrückt hatte, wandte er sich um und bezahlte den Gepäckträger. Seine großen, dicken Hände zogen aus einer Falte seines Talars eine Börse, von der man nur die Ringe bemerkte. Er wühlte einen Augenblick vorsichtig gesenkten Hauptes darin herum und befühlte die Münzen, darauf entfernte sich der Träger, ohne daß man gesehen hätte, was ihm gegeben war. Der Abbé sagte dann höflich:

      Ich bitte Sie, mein Herr, sich nicht stören zu lassen ... Ihre Dienerin kann mir ja die Wohnung zeigen und mein Gepäck hier mit hinauftragen.

      Mit diesen Worten bückte er sich und faßte den Griff eines kleinen hölzernen Koffers, der durch Blechbeschläge geschützt war und an den Seiten eine Reparatur durch eine quer befestigte Latte erkennen ließ. Mouret suchte mit erstaunten Blicken das übrige Gepäck des Priesters, bemerkte aber nur einen großen Handkorb, den die Frau krampfhaft vor sich in den Händen hielt und trotz ihrer Ermüdung nicht auf den Boden setzen wollte. Da der Deckel ein wenig emporstand, sah man deutlich neben einiger Wäsche einen in Papier eingewickelten Kamm und den Hals einer schlecht verkorkten Flasche.

      Lassen Sie nur stehen, sagte Mouret und stieß leicht mit dem Fuße an den Koffer. Er ist nicht schwer, Rosa kann ihn ganz leicht allein hinauftragen.

      Er dachte gar nicht daran, welche Verachtung eigentlich in seinen Worten lag. Die alte Frau sah ihn mit ihren schwarzen Augen scharf an, dann ließ sie ihre Blicke wieder über den Tisch gleiten, den sie beobachtete, seitdem sie da war; mit eingekniffenen Lippen unterzog sie jeden Gegenstand einer genauen Prüfung. Sie hatte noch kein Wort gesprochen. Abbé Faujas ließ es schließlich doch zu, daß der Koffer hinaufgetragen werde. In dem gelben Staube der Sonnenstrahlen, die durch die Türe hereinfielen, erschien sein abgenützter Talar rötlich; und die Säume zeigten deutliche Ausbesserungen. Trotz der Reinlichkeit sah das Priesterkleid so abgenutzt, so ärmlich aus, daß sich Martha, die bis jetzt sitzen geblieben war, voll Unruhe erhob. Der Abbé, der nur einen flüchtigen Blick auf sie geworfen hatte, sah sie doch aufstehen, ohne daß er sie anzusehen schien.

      Ich bitte Sie, sagte er noch einmal, sich nicht stören zu lassen. Es wäre uns sehr unangenehm, wenn Sie um unseretwillen vom Essen aufstehen sollten.

      Gut, erwiderte Mouret, der Hunger hatte, Rosa wird Sie hinaufführen. Verlangen Sie von ihr alles, was Sie brauchen ... Richten Sie sich ganz so ein, wie es Ihre Bequemlichkeit verlangt.

      Der Abbé grüßte und ging schon auf die Treppe zu, als Martha sich ihrem Gatten näherte und leise sagte:

      Aber du vergißt ...

      Was denn? fragte er, als er sah, daß sie zögerte.

      Das Obst, du weißt es doch.

      Richtig! Du hast recht. Es ist ja Obst oben! rief er bestürzt aus.

      Als der Abbé sich mit einem fragenden Blicke umwandte, sagte Mouret zu ihm:

      Es ist wahrhaftig ärgerlich. Abbé Bourrette ist gewiß ein würdiger Mann, nur ist es unangenehm, daß Sie ihn mit dieser Angelegenheit betraut haben ... Er hat nicht für zwei Pfennige Überlegung ... Wenn wir es gewußt hätten, würden wir alles vorbereitet haben. Jetzt müssen wir aber erst eine Räumung vornehmen ... Sie sehen ein, daß wir die Zimmer nicht ganz leer stehen lassen konnten, und so haben wir denn auf dem Fußboden unsere ganze Obsternte ausgebreitet: Feigen, Äpfel, Wein ...

      Der Priester konnte trotz seiner großen Höflichkeit seine Überraschung nicht verbergen.

      Es wird nicht lange dauern, fuhr Mouret fort. Wollen Sie sich nur zehn Minuten gedulden, Rosa ist gleich damit fertig, Ihre Stuben zu räumen.

      Auf dem Gesichte des Abbés zeigte sich eine auffallende Unruhe.

      Die Wohnung ist möbliert, nicht wahr? fragte er.

      Nein, es ist kein einziges Möbel darin. Wir haben sie nie bewohnt.

      Jetzt verlor der Priester seine Ruhe. In den grauen Augen leuchtete es auf und er erwiderte in heftigem Tone:

      Was? Ich habe doch in meinem Briefe nur eine möblierte Wohnung verlangt. In meinem Koffer konnte ich mir doch nicht Möbel mitbringen.

      Dieser Bourrette ist ein fürchterlicher Mensch! rief Mouret erregt. Er war hier, sah sicher auch die Äpfel; denn er nahm einen in die Hand und sagte noch, daß er nie so schöne gesehen habe; dann erklärte er, daß ihm alles gefalle und daß er die Wohnung miete.

      Abbé Faujas hörte nichts mehr. In seinen Wangen stieg die Zornesröte empor und mit zitternder Stimme sagte er zu der Frau:

      Mutter, hörst du? Die Wohnung