Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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wartet nicht ab, bis er zu Ende gekaut hat, sondern murmelt ziemlich undeutlich etwas wie: »Müssen mal den gesamten Inhalt der zwei anderen Wagen checken und den komischen Stadtplan mit der Nummer.«

      Um 9 Uhr hält unten auf der Meinekestraße der blaue Audi vom LKA. Lankmann und Budde kommen. Also gibt es noch mal Schrippen und Kaffee.

      Mit vollem Mund berichten die zwei, dass sich in der Falkenseer Chaussee nichts getan hat. Auch der Lauschangriff hat nur bestätigt, dass sich in der fraglichen Wohnung wirklich niemand aufhält.

      Auf dem Weg raus nach Gatow stellt der Düsseldorfer fest, dass er in einem Budweiser-Paradies gelandet ist. Nahezu jede zweite Kneipe trägt das tschechische Bierwappen lockend über der Tür. Er fährt sich mit der Zunge verlangend über die trockenen Lippen.

      Am Straßenrand steht eine lange Reihe gelber Doppelstockbusse. Die Straßen bevölkern sich rasch mit Einkaufswilligen und Touristen. Taxis, Taxis, Taxis. Grellgelb lackiert rumpelt ein U-Bahnzug oberirdisch auf schwarz-eisernen Stahlgerüsten.

      Dann wieder der Eingang Royal Air Force Gatow.

      Im Konferenzraum sieht es heute aus, wie auf dem Flohmarkt. Der lange Mitteltisch und zwei zusätzliche Tische an den Seitenwänden sind mit nummerierten und beschrifteten Gegenständen bedeckt. An der Stirnwand neben dem Overhead-Projektor stehen zwei Männer in englischen Uniformen.

      »Sorry, wir sind heute etwas beengt. Tee und Bisquits finden Sie da in der Ecke auf dem kleinen Tisch. Versorgen Sie sich, bevor Sergeant Lashmar und Corporal Jennings mit ihrem Vortrag beginnen!«

      Die Präsentation der beiden englischen Spezialisten ist knapp und sachlich. Der Semtex-Sprengstoff war mit Klebemagneten an der Unterseite der Fahrzeuge befestigt worden. Zur Aufnahme von Sprengstoff und Zündvorrichtung hatte ein viereckiger Holzkasten in den Abmessungen 30 cm x 22 cm x 15 cm gedient.

      »Sie sehen hier«, der lange Zeigestock des rotgesichtigen Sergeanten tippt auf einen braunen Kasten am schmalen Ende des Konferenztisches, »einen der beiden Sprengsätze, die nicht explodierten, im Originalzustand.« Mit einem dünnen Lächeln fügt er hinzu: »Natürlich nur mit einer Semtex-Atrappe! Daneben, wenn Sie bitte schauen wollen«, der lange Schulmeisterstock schwenkt weiter nach links hinüber, »sehen Sie das in seine Einzelteile zerlegte zweite Gerät. Der Holzbehälter, das Explosionsmittel, Zündung, Empfänger und Haftkleber! Die Zündung erfolgte durch einen starken Funkimpuls, der hier an dieser Stelle die Explosion auslöst.« Die Spitze des Zeigestocks verharrt zitternd in der Luft.

      »Haben Sie feststellen können, ob der explodierte Sprengsatz auf dem gleichen Prinzip beruhte?« O’Connell hat einen Block vor sich auf den Knien und macht schnelle Notizen.

      »Ja, Sir, nach dem gleichen Prinzip!«

      Auch Hart und McGrath bedecken Notizpapier mit kleinen Kritzeleien. Captain Hart fährt mit leichtem Klicken die Mine seines Kugelschreibers zurück und fragt den steif stehenden Sergeant: »Sie haben die beiden anderen Sprengsätze untersucht. Wurde irgendeine Funktionsstörung entdeckt? Etwas, das die Ursache dafür sein könnte, dass die beiden anderen Bomben nicht explodierten?«

      »Nein, Sir, beide Sprengsätze mit ihren Zündmechanismen sind in funktionstüchtigem Betriebszustand!«

      »Sie hätten also explodieren müssen?«

      »Ja, Sir, wenn der Funkimpuls abgegeben worden wäre!«

      »Was ist mit dem Sprengstoff und dem Empfänger?«, meldet sich McGrath.

      »Alles funktionstüchtig, Sir!«

      Benedict hat nichts zu schreiben, aber das Gefühl, auch etwas fragen zu müssen. »Haben Sie denn eine Erklärung dafür, dass die beiden anderen Sprengsätze nicht explodiert sind, Mister Lashmar?«

      »Nein, Herr Benedict. Wir haben überlegt, dass vielleicht die Sendefrequenz, auf der der Funkimpuls gegeben werden sollte, aus irgendwelchen Gründen gestört worden sein könnte.«

      »Ach so.«

      Die drei ausländischen ISAT-Spezialisten verziehen die Mundwinkel nach unten, aber sagen nichts dazu. Sie machen nur weiter Notizen auf ihren Schreibblöcken.

      Corporal Jennings erklärt jetzt die in den beiden unversehrten Fahrzeugen gefundenen Gegenstände. Aber da ist nichts Aufregendes dabei. Das übliche Sammelsurium: Kleenex-Tücher, Putzlappen, Parkscheiben, mehrere Kulis, ein paar Montagehandschuhe, ein Overall, Abschleppseile, Starterkabel, Zigarettenreste aus Aschenbechern, zwei Schokoladenriegel, eine halbe Dose Mehrbereichsöl und eine rote Flasche STP-Benzinzusatz. Jennings wartet auf Fragen, aber es kommt nichts von den Zuhörern. Die zwei LKA-Leute, O’Connell und McGrath, qualmen um die Wette in dem abgeschotteten Raum. Es ist empfindlich kalt. So kalt, dass Benedict innerlich zu zittern beginnt.

      »Dann dürfen wir Ihnen auch den Kölner Stadtplan mit der Telefonnummer zurückgeben«, erhebt sich Lankmann halb von seinem Stuhl. »Wir haben ihn im Labor untersucht, aber nichts Verwertbares gefunden!« Aus einer Tüte holt er einen Falkplan und legt ihn auf den Konferenztisch zu den anderen Sachen.

      »Nichts markiert drauf?«, fragt Captain Hart mit ätzendem Spott in der Stimme.

      Auch seine beiden irischen Kollegen grinsen spöttisch.

      Lankmann schüttelt verständnislos den Kopf.

      »Und was machen wir mit der Wohnung?«, fragt Budde in die Runde. »Können wir die jetzt durchsuchen lassen?«

      Benedict schaut fragend seine drei Mitstreiter an, die aber einhellig die Köpfe schütteln.

      »Warum nicht?«

      Die Verblüffung steht nicht nur in seinem Gesicht geschrieben.

      Jerry Hart stimmt sich kurz mit seinen beiden Kollegen ab und steht dann auf. »Wir sind gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass an der Sache etwas faul ist. Erstens, eine Bombenzündung an einem leeren Wagen auf einer leeren Straße zu nachtschlafender Zeit, mit dem einzig möglichen Resultat, einen Riesenknall zu verursachen. Ziemlich unsinnig. Schwerwiegender aber ist der Umstand, dass man für so was keinen ausgefeilten Encode-Decode-Zündmechanismus einsetzen würde. In solchen Fällen arbeitet die IRA mit stinknormalen Zeitzündern, an einen simplen Wecker gekoppelt. Die Encode-Decode-Zünder verwendet die IRA nur dann, wenn ein bewegliches Ziel an einer ganz bestimmten Streckenstelle getroffen werden soll!«

      »Wie zum Beispiel bei dem Anschlag auf den Bus des First Battalion Light Infantry in Belfast, auf der A 5!«, knurrt McGrath bissig dazwischen.

      »Korrekt«, bestätigt Hart. »Was soll also ein derart komplizierter Sprengsatz bei einer so simplen Sache? Zweitens, wurde nicht nur ein Fahrzeug auf diese Weise präpariert, sondern insgesamt drei. Drei Fahrzeuge mit einem völlig überflüssig hochkomplizierten Zündmechanismus, der dann erstaunlicherweise bei zwei Zielen nicht funktioniert, wofür es, nach Darstellung von Sergeant Lashmar, keinen wirklich plausiblen Grund gibt! Und siehe da: Ausgerechnet in einem der nichtexplodierten Fahrzeuge finden wir, drittens, zufällig eine Telefonnummer, die uns den Weg zu einer verdächtigen Wohnung in Berlin weist! Nein, meine Herren, so dumm ist die IRA nicht!«

      »Wir meinen, dass man uns absichtlich in diese Wohnung lockt und dass dort eine Falle für uns aufgebaut ist«, lässt sich O’Connell hinter Wolken von Pfeifenrauch vernehmen.

      Lankmann und Budde sehen vor sich auf die Tischplatte, Budde trommelt mit den Fingern auf dem blanken Holz herum. »In die Wohnung müssen wir aber, um uns Klarheit zu verschaffen!«

      »Wäre vorstellbar, dass die einen Sprengsatz installiert haben, der auf das Öffnen von Tür oder Fenster reagiert. Oder beides. Und dann ... wusch!« McGrath schwenkt beide Arme in die Luft.

      »Wenn dabei Hausbewohner zu Schaden kämen ...«

      »Also lassen wir das Haus evakuieren und den Bereich weiträumig absperren. Dann gehen wir mit Spezialausrüstung an die Tür.«

      »Wann kann die Evakuierung abgeschlossen sein?«

      »Nicht