Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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der Besichtigung zurückkommen. In einem der nicht explodierten Fahrzeuge fanden unsere Leute einen Stadtplan von Köln mit einer handschriftlichen Zahlenfolge, die wir für eine Telefonnummer hielten. Eine Anfrage in Köln heute Morgen war Fehlanzeige. Da gibt es diese langen Nummern nicht. Wir haben es dann in Berlin versucht. Die Telefonnummer gehört zu einem Anschluss auf der Falkenseer Chaussee in Spandau. Seit einer halben Stunde wird die Wohnung von Ihren und unseren Leuten observiert. Wir fahren da heute noch hin.«

      Kurz darauf fahren sie mit zwei Landrovern über den Ritterfeld Damm und die Sakrower Landstraße zu den Montgomery Barracks, Die haben sich das hier hübsch eingerichtet, denkt Benedict im Fond des brummenden Militärfahrzeugs. Sieht fast aus wie im Grunewald. Alles schön grün. Schmucke, kleine Einfamilienhäuschen. Von wegen Barracks! Aber einen friedlichen Eindruck macht es nicht gerade. Am Eingang zur Siedlung und in den Straßen Soldaten im Kampfanzug und mit geschwärzten Gesichtern.

      Die roten Mützen der Militärpolizei. Aber keine Aufregung. Leute in grünen Overalls notieren ruhig und koordiniert Fundstücke, Fotoapparate klicken, Kommandos. Keine besondere Hektik. Leuchtende Plastikbänder sperren den Explosionsort im Umkreis ab. Verbogenes und geschwärztes Metall, Lack mit Blasen, drei Autowracks. Schon werden die Fenster an den Häusern wieder ersetzt. Der scharfe Geruch liegt noch in der Luft. Dennoch zwitschern hier Vögel. Benedict schüttelt verwundert den Kopf. Tatsächlich, über den Soldaten sitzt in den Bäumen ein Vogelschwarm. Haben wohl vergessen, gen Süden aufzubrechen.

      Schweigend betrachten die vier ISAT-Männer die noch qualmenden Reste des nächtlichen Knalls und laufen ziellos zwischen den Spezialisten herum. Hier gibt es nicht viel für sie zu tun, da sind schon die richtigen Leute am Werk. Jetzt ist anderes wichtiger.

      »Okay, John!«, sagt Captain Hart endlich laut zu seinem Berliner Kollegen. »Das langt. Fahren wir wieder zurück!«

      Gegen 13 Uhr treffen die zwei Jeeps der Königlichen Militärpolizei wieder auf dem Gelände der Royal Air Force in Gatow ein. Ein geflecktes Harrier-Jagdflugzeug mit blau-roten Kokarden an den Flügeln landet unter pfeifendem Düsengekreische. Interessiert verfolgt Benedict die fast senkrechte Landung des Siegers von Falkland. Technik hat etwas fürchterlich Korrumpierendes, findet der Deutsche und erschauert leicht.

      Im fensterlosen Konferenzraum mit den kahlen Wänden dröhnt leise eine Klimaautomatik. Es ist kalt und verqualmt. Zwei Abgesandte vom Berliner Landeskriminalamt erwarten die >Touristengruppe< und geben letzte Informationen über die Wohnung auf der Falkenseer Chaussee.

      »Bei der Wohnung mit dem genannten Telefonanschluss handelt es sich um ein Zwei-Zimmer-Apartment im ersten Stock eines sechsstöckigen Hauses. Architektenzeichnung liegt vor. Das Haus gehört der BAURENTA-Wohnungsgesellschaft und wurde vor fünf Jahren errichtet. Laut Auskunft der Wohnungsgesellschaft wurde die bezeichnete Wohnung vor drei Jahren an einen Auslandsstudenten vermietet, der an der TU studiert. Der Mann ist laut Ausländerbehörde an dieser Anschrift ordentlich gemeldet und verfügt über eine Aufenthaltsgenehmigung. Er ist 32 Jahre alt. Sein Name ist Yussuf Hafis. Als Heimatanschrift ist Damaskus/Syrien angegeben. Es liegt nichts gegen ihn vor!«

      »Haben Sie den Mann schon vernommen, Kollege?«, fragt Benedict den dürren Beamtentyp vom Berliner LKA.

      »Versucht. Ja. Wir haben erst die vorliegende Telefonnummer angewählt. Aber da war Fehlanzeige. Hat sich niemand gemeldet. Dann hat einer unserer Leute als Briefträger an der Wohnung geklingelt, es hat aber auch niemand geöffnet. Der Hauswirt hat ihn wohl auch schon länger nicht mehr gesehen ...«

      »Wie lange?«

      »Kann er sich nicht erinnern. Vielleicht einen Monat oder so. Ist aber nichts Ungewöhnliches bei diesen Ausländern. Meinte der Hauswirt. Wir haben dann im Keller auf die Zähler gesehen, das bewegt sich nur ganz langsam. Erfahrungsgemäß ist das die Leistung vom Kühlschrank und von anderen ständig laufenden Geräten. Lässt nicht unbedingt auf den Gebrauch mehrerer Stromquellen schließen ...«

      Sein Kollege in der Lederjacke nickt bestätigend mit dem Kopf und setzt den Bericht fort. »Wir haben dann bei der TU nachgefragt, beim Rektorat. Hafis hat sich vor einem Monat für den Rest des Semesters beurlauben lassen. Wegen einer dringenden Familienangelegenheit musste er angeblich nach Syrien zurück.«

      »Die Wohnung steht also leer?«

      »Wie es aussieht, ja. Aber wir sind nicht sicher. Unsere Kontakte zu Syrien sind zur Zeit nicht so gut, dass wir da einfach anfragen könnten und kurzfristig Auskunft bekommen würden. Vorsichtshalber observieren wir die Wohnung mal weiter. Müssen Sie dann entscheiden, was weiter passieren soll.«

      »So lautet jedenfalls unsere Anweisung vom BKA Wiesbaden«, sagt Lankmann abschließend.

      Fragende Blicke auf die vier ISAT-Leute. Der Berliner S.I.B.-Captain spielt mit seinem Zeigefinger an einem Brandfleck auf der polierten Tischplatte herum.

      »Wann können wir mit dem Bericht Ihrer Bombenspezialisten rechnen?«, fragt Benedict ihn.

      Grey springt auf und geht zu dem Telefon in der Ecke neben einem Overhead-Projektor. Nach einer halblaut geführten Unterredung dreht er sich mit unglücklichem Gesicht zu seinen Besuchern um.

      »Tut mir leid. Es sind Schwierigkeiten aufgetreten. Die Leute werden nicht vor morgen Vormittag mit den Untersuchungen fertig sein!«

      »Also treffen wir uns morgen wieder hier?«

      »Ja.«

      »Wann?«

      »Um zehn Uhr, schlage ich vor. Wenn Ihnen das nicht zu früh ist!«

      Die Gesichter von Grey und den beiden LKA-Leuten haben sich zu einem Grinsen verzogen. O’Connell, McGrath und Hart blicken flach in die Runde. Nur Benedict ist im Bilde und versucht, seinen drei ausländischen Kollegen den Begriff »Polizeistunde« und die Konsequenzen des Wegfalls derselben klarzumachen.

      »Könnt ihr uns vorher in der Meinekestraße vorbeifahren?«, fragt er die LKA-Kollegen draußen. »Dann können wir unsere Taschen abstellen und uns auch ein bisschen frisch machen.«

      Lankmann und Budde setzen die vier vor der Hotelpension Savoy ab und warten unten im Wagen. Nachdem das Gepäck abgegeben ist, fahren sie nach Spandau in die Falkenseer Chaussee zu dem Haus mit dem verdächtigen Telefonanschluss.

      Hier hat sich seit heute Vormittag nichts Entscheidendes ereignet. Niemand hat die Wohnung betreten oder verlassen.

      Die Gruppe, zu der auch wieder Captain Grey stößt, trifft sich in einer Schultheiß-Eckkneipe und bespricht die Lage.

      »Was machen wir weiter?«, fragt Benedict über seine Molle in die Runde. John Grey schnüffelt nervös mit der Nase. »Die paar Stunden Beobachtung sind etwas wenig. Wenn wir die Wohnung bis morgen beobachten, geht uns vielleicht noch was ins Netz!«

      Die drei ISAT-Manner nicken zustimmend, aber äußern sich noch nicht. Dann räuspert sich Lankmann nach einem tiefen Schluck. »Wir könnten versuchen, von den beiden angrenzenden Wohnungen aus einen Lauschangriff durchzuführen. Dann wissen wir wenigstens mit Bestimmtheit, ob jemand in der Wohnung ist!«

      »Wäre auch sicherer für den Fall, dass wir morgen reingehen wollen«, öffnet McGrath jetzt doch den Mund.

      Unbehaglich nestelt Benedict an seinem Krawattenknoten herum. Er starrt hilfesuchend auf seine drei Kollegen, aber für die ist das Normalität.

      »Na gut«, sagt der Düsseldorfer Kommissar dann zögerlich. »Machen Sie das so. Und wenn sich bis morgen nach unserem Treffen in Gatow noch nichts ergeben hat, dann sehen wir uns die Wohnung mal etwas genauer an!«

      *

      »Tja, wir werden eben alle nicht jünger!« Die Oberstaatsanwältin straft ihre eigenen Worte Lügen. Mit der gepflegten linken Hand streift sie eine blonde Haarsträhne hinter das Ohr zurück und löffelt genüsslich ihr Mousse au Chocolat.

      Nein. Man sieht