Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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Bauernhof bei Korschenbroich eingeladen, den er mit seiner Frau und vier anderen jungen Leuten in der Freizeit bewirtschaftete. Streng auf biologischer Basis natürlich. Nicht ganz nach Benedicts Geschmack, aber den Kindern dort schien das ausgezeichnet zu bekommen. Es blieb dann aber bei diesem einen Besuch des Hauptkommissars.

      »Die Aska ist vorige Woche überfahren worden. Auf der Autobahn.«

      Benedict kramt in der Erinnerung und findet einen großen schwarzen Hund, der sich sofort nach seiner Ankunft zutraulich zu seinen Füßen niedergelegt hatte. Das Bild wird aber schnell überlagert von zwei anderen Tierleichen - in einem anderen Land. Er räuspert sich verlegen.

      »Das tut mir leid. Immer diese Raser.«

      »Ja«, meint Doemges trocken und wedelt mit diesem Blatt Papier in der Hand, »aber ...«

      Das Telefon auf Benedicts Schreibtisch klingelt.

      Die Stimme der Vorzimmersekretärin des Polizeipräsidenten duldet keinen Aufschub. »Bitte kommen Sie sofort zum Polizeipräsidenten rauf. Wichtige Besprechung, Herr Benedict!«

      Der legt den Hörer auf die Gabel zurück und steht auf. »Tut mir leid, muss gleich zum >Karo< hoch.« Und mit einem schnellen Blick auf das Papier in Doemges’ Hand: »Hat doch bestimmt Zeit bis nachher, oder?«

      Die erhobene Rechte des immer noch im Türrahmen lehnenden Kommissars fällt herab. »Klar. Das hat Zeit.«

      Bei seinem Eintritt in das >Allerheiligste< im fünften Stock des Präsidiums droht ihm die Luft wegzubleiben. Das große Chefzimmer ist von beißenden Schwaden holländischer Zigarillos erfüllt. >Karos< Hausmarke. In dem großen Kristallaschenbecher auf dem runden Tischchen der Besucherecke liegen schon um diese Zeit fünf, nein sechs braune Stummel. Wenn der Sekundenzeiger auf der pompösen Weltzeituhr an der Wand über dem Schreibtisch seine Runde gemacht hat, werden es schon sieben Stummel sein.

      Die Sekretärin gießt Benedict aus der immer vollen Thermoskanne einen Kaffee ein und verlässt leise den Raum.

      Das >Karo< fischt mit seinen klobigen Fingern ein neues Zigarillo aus der flachen Blechpackung. Kriminalrat Freudlos blinzelt angestrengt durch die Schwaden zum Fenster hin. Er entgeht den ausgeblasenen Rauchwolken mittels einer leichten Kopfdrehung. Der Leitende Kriminaldirektor schüttelt unmerklich den Kopf. Der Polizeipräsident hat etwas gegen offene Fenster. Er verträgt keinen Zug.

      »Wir warten noch auf Staatsanwalt Sprotte, Kollege Benedict«, sagt der Leitende, nachdem Benedict sich auf einen der freien Besuchersessel gesetzt hat.

      Der nickt ergeben.

      »Und woran arbeiten Sie gerade?« Der Polizeipräsident sieht ihn unter buschigen Augenbrauen fast abwesend an.

      »Der Spritzer-Mord. Zusammen mit den Kollegen vom 2. K. Und dann haben wir natürlich die Sache im Aaper Wald, die ...« Er wird von Freudlos nervös unterbrochen. »Darüber sprechen wir nachher«, und mit vorsichtigem Seitenblick in Richtung des qualmenden Berges, »oder?«

      »Ja, ja, ja. Ist schon in Ordnung«, murmelte das Karo unwillig.

      »Und wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen in dieser Sache?«, fragt er dann wieder in diesem merkwürdig uninteressierten Tonfall.

      Bevor Benedict darauf hinweisen kann, dass die Inanspruchnahme seiner Leute sowohl während der >Großkampftage< in der vergangenen Woche als auch durch den toten Engländer und dessen deutsche Freundin die Ermittlungsroutine in der Spritzer-Sache aufgehalten hat, kommt ihm der Leitende von der Seite zu Hilfe.

      »Auch das sollten wir besser in Zusammenhang mit den nachher zu klärenden Punkten besprechen!«

      Die Gruppe um den Tisch herum versinkt daraufhin in abwartendes Schweigen. Dann beginnt der Polizeipräsident ein Gespräch über das Wahlergebnis des vergangenen Sonntags. Benedict klinkt sich aus. Er hat heute schon genug gehört. Irgendwas fehlt in diesem Raum. Außer frischer Luft. Während das Gespräch um ihn herum weiterplätschert, betrachtet er suchend den großen Raum. Was, zum Teufel, vermisst er hier? Ist doch ein ganz normales Büro. Natürlich mit gehobener Ausstattung. Der Dienststellung seines Benutzers entsprechend: Teppich, Besuchertisch mit sechs Sesseln, ein richtiger Konferenztisch mit zwölf Stühlen an der langen Längswand, eine auf Pappe gezogene Stadtkarte von Düsseldorf mit den eingezeichneten Grenzen der Schutzbereiche, ein wuchtiger Schreibtisch mit Kanzlersessel dahinter, Papierkorb, über dem gewaltigen Schreibmöbel vier alte Stiche, Düsseldorfer Stadtansichten, darüber die großkotzige Weltuhr, eine grünblättrige Pflanze lässt ihre frisch polierten Blätter hängen.

      »Politik ist eben ein hartes Geschäft. Da haben Mimosen nichts zu suchen!«, hört er Freudlos’ dünne Stimme durch seine suchenden Gedanken hindurch. Mimosen. Natürlich! Das ist es. Hier fehlen frische Blumen! Die zarten Farben frischer Fresien oder wenigstens die kräftigen Farbflecke dicker Herbstastern. Komisch, dass ihm das erst heute auffällt. Auch in den anderen Diensträumen dieses Riesenbaus hat er noch nie frisch geschnittene Blumen gesehen. Zu Geburtstagen, ja. Die obligatorische Kollegensammlung nach der Jahresliste. Aber sonst. Morgen würde er sich einen Strauß bunter Blumen mitbringen und sie auf seinen Schreibtisch stellen. Ob es hier im Präsidium überhaupt eine Vase gibt? Ja, Blumen fehlen hier. »Bunte Blumen!«

      »Wie bitte?«

      Der Polizeipräsident, gerade im Begriff, sich ein neues Zigarillo aus der fast geleerten Schachtel zu nehmen, hält verdutzt inne. Auch der Leitende und Freudlos werfen Benedict verständnislose Blicke zu.

      »Ähhh ...« Ehe Benedict eine Erklärung hervorzaubern kann, erlöst ihn der eintretende Staatsanwalt Eugen Sprotte mit einem alerten »Guten Morgen, meine Herren! Bitte um Entschuldigung, aber mein Gespräch mit Karlsruhe hat sich hingezogen!«

      Die Herren entschuldigen - und warten, bis sich das hoffnungsvolle Talent deutscher Anklagekunst umständlich hingesetzt hat.

      Der Polizeipräsident, dessen Blicke immer noch leicht verwirrt auf dem Hauptkommissar aus dem 1. K ruhen, nimmt sich nun doch sein nächstes Zigarillo und eröffnet die Runde. »Also, die Sache mit den Engländern. Vielleicht sollte der Kriminalrat die Angelegenheit mal für uns zusammenfassen.«

      Der scheint nur darauf gewartet zu haben, er faltet die Hände voller Konzentration vor dem Gesicht, und zwar so, dass die Fingerkuppen seine Nasenspitze berühren. »Wir haben einen ermordeten englischen Armeeangehörigen unbekannter Identität. Der würde normalerweise in den Ermittlungsbereich der militärischen Polizeidienststelle fallen, also der Special Investigation Branch. Bei einem normalen Mordfall ...« Freudlos scheint zu stutzen. Hat er den Widerspruch erkannt? Dann fährt er aber hurtig fort: »Es gibt aber entscheidende Verdachtsmomente, die darauf hinweisen, dass der oder die Mörder der Provisorischen Irisch Republikanischen Armee angehören. In diesem Fall läge die Ermittlungsbefugnis in Händen der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe und somit auch beim BKA. Hinzu kommt, dass es sich bei dem zweiten Opfer im Aaper Wald um eine Deutsche handelt. Hier fallen die Ermittlungen automatisch in den Verantwortungsbereich des Generalbundesanwalts. Allerdings ...«, wieder zögert der Leiter des 14. K. »allerdings werden sich die englischen Dienststellen kaum davon abhalten lassen, ihre eigenen Ermittlungen durchzuführen.«

      »Wie wir ja bereits am Freitagnachmittag feststellen konnten!« Benedict kann sich seinen bissigen Kommentar nicht verkneifen. Freudlos versucht, schnell darüber hinwegzugehen, aber der Polizeipräsident fragt nach, und so schildert Benedict kurz die Umstände der Hausdurchsuchung bei der erschossenen Gabriele Bersch einschließlich des abschließenden Zusammentreffens mit diesem Engländer.

      Nachdenklich nickt der Polizeipräsident mit dem schweren Kopf. Dann darf Freudlos weitermachen.

      »Also, die Engländer mit der S.I.B. und dem IntCorps werden in jedem Fall parallel zu den deutschen Dienststellen ermitteln ...«

      »Hoffentlich kommen wir uns da nicht ins Gehege«, wirft der Leitende Kriminaldirektor dazwischen.

      »Das dürfte eine Sache der Koordination sein«, bemerkt der Kriminalrat mit den betenden Händen schnippisch.

      »Bei