Tödliche Leidenschaft | Erotischer Roman. Henry Nolan

Читать онлайн.
Название Tödliche Leidenschaft | Erotischer Roman
Автор произведения Henry Nolan
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862774456



Скачать книгу

selbst zu bezahlen, mit einer lässigen Handbewegung wegwischt, da packe ich meine Notizen ein und erkläre ernsthaft: »Das war das beste Gespräch, das ich seit langer Zeit führen durfte. Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, Mr van Brueggen. Ahem – dürfte ich Sie nochmals ansprechen, wenn ich meine Arbeit geschrieben habe? Ein paar Detailinformationen vielleicht noch? Für den letzten Schliff, meine ich? In zwei oder drei Wochen etwa?«

      Georg überlegt nur kurz.

      »Nächste Woche bin ich in Warschau und in Kiew. Aber wissen Sie was, Miss Talker? Am Siebzehnten ist eine Tagung über Sicherheitspolitik in Brüssel, an der ich teilnehmen werde. Im ›Hotel Metropole‹. Was halten Sie davon, wenn wir uns an dem Abend nochmals treffen?«

      »Oh – das wäre wundervoll! In dieser Woche bin ich ohnehin in Amsterdam, da würde ich ja sogar das Geld für einen Flug sparen!« Natürlich weiß ich, dass er bereits auf der Teilnehmerliste für diese Tagung verzeichnet ist und habe auf diesen Vorschlag halb gewartet.

      »Na, sehr schön!« Er lächelt mich onkelhaft an. »Das können Sie bestimmt besser für etwas anderes ausgeben!«

      Da hat er sogar recht. Ich kaufe mir für jeden Auftrag eine neue Waffe.

       Kapitel 3 - Donnerstag, 14.08.08, 06:20 Uhr

      In den letzten drei Tagen vor einem Abschluss spule ich immer das gleiche Programm ab. Das gibt mir Sicherheit. Auch wenn ich schon eine ganz gute Routine habe, so ist die Erledigung eines Auftrages doch auch für mich immer aufregend. Insbesondere, wenn ich das – wie im Fall von Georg – mit gewissen anderen Zielen verbinde.

      Jetzt stehe ich in einem kleinen, schwankenden Boot mitten im See eines aufgelassenen Kieswerkes im östlichen Suffolk. Seen sind insofern praktisch, als dass alle Kugeln, Patronenhülsen und sonstige Spuren meiner Übungen sofort untergehen und verschwinden. Zudem ist es weit anspruchsvoller, auf dem Wasser etwas zu treffen, als auf dem festen Land.

      Ich halte meine neue Pistole in beiden Händen. Eine Beretta M9 mit Schalldämpfer. Nicht unbedingt meine Lieblingswaffe, aber es gibt so viele davon auf der Welt, dass Nachforschungen nach der Herkunft fast immer im Sand verlaufen.

      Eine Reihe von dumpfen »Plopps«, heftiger Rückstoß in meinen Armen. Der Nachen fängt wild zu schaukeln an, obwohl ich bereits gegen die Eigenfrequenz der Bewegung feuere. Trotzdem treffe ich fünf von den sechs Plastikflaschen, die – je mit einem Stein beschwert – etwa fünfzehn Meter vor mir treiben. Gut, aber noch nicht gut genug. Ich werfe eine neue Runde Plastikflaschen über Bord. Als ich diese abschieße, steht für einen Sekundenbruchteil das Bild von Jean zwischen mir und den Zielen.

      Jean? Ich runzle die Stirn. Warum denke ich an ihn?

      Ach, richtig!

      Er war der Erste. Und bei ihm habe ich auch eine Beretta mit Schalldämpfer benutzt.

      Nicht mein erster Klient. Und schon gar nicht der erste, den ich umbrachte, aber mit ihm hatte ich den ersten Orgasmus meines Lebens. Da war ich immerhin schon neunzehn.

      Eigentlich ist es ein Wunder, dass ich überhaupt sexuell etwas empfinden kann. Wenn man mit zwölf von seinem volljährigen Halbbruder missbraucht wird, und wenn der Stiefvater das entdeckt, daraufhin den Halbbruder hinauswirft und einen selbst missbraucht, dann entwickelt sich zwangsläufig einiges nicht ganz normal.

      Die vielen Freier danach halfen auch nicht gerade. Dass ich mir in der Zeit nichts Schlimmeres als ein paar Streptokokken eingefangen habe, ist ein zweites Wunder.

      Und als mein drittes persönliches Wunder betrachte ich es, dass dieser völlig zugedröhnte Russe in dem Luxushotel in London mir nicht wirklich die Brüste abschnitt, als er in dem Bett auf mir saß und mit dem riesigen Messer herumfuchtelte. Er erwischte mich nur am Arm, als ich ihn abwarf und schreiend zur Tür lief. Nur um festzustellen, dass sie abgeschlossen war. Als er schon brüllend auf mich zukam, da fiel mir gerade noch rechtzeitig auf, wie sein Jackett so einseitig auf der Stuhllehne hing. Und nur der soliden Schulung durch Fernsehkrimis ist es zu verdanken, dass ich von der Notwendigkeit wusste, eine Waffe zu entsichern, bevor man damit schießen kann. Ich glaube, nicht vielen siebzehnjährigen Nutten ist das klar. Von den acht Kugeln trafen damals nur zwei, aber das genügte.

      Dass mich danach Antonia als erste fand und nicht die Polizei, ist entweder Teil von Wunder Nummer drei oder bereits Nummer vier. Ich stand stundenlang wie paralysiert vor dem erkalteten Leichnam des Russen, und als sie durch die Tür kam, da drehte ich mich in einer wunderschön fließenden Bewegung um, brachte die Knarre makellos in Anschlag und drückte mehrmals ab.

      Mehrmaliges Klicken.

      Aber Antonia war so beeindruckt, dass sie den Russen – einer ihrer Auftragskiller, der ohnehin unzuverlässig geworden war – einfach durch mich ersetzte. Sie vertuschte meine Beteiligung und ließ mich untertauchen. Auch sorgte sie für diese spaßige Grundausbildung in irgend so einem namenlosen Kaff in Kasachstan. Drei Monate pausenlos Schießen, Sprengen, Verkleiden, Verhören, und danach durfte ich Männer abknallen und bekam sogar noch Geld dafür ... Ich fühlte mich wie neu geboren.

      Seitdem ist sie meine Agentin. Von ihr bekomme ich meine Aufträge, mein Honorar und was ich sonst noch so brauche. Ich weiß nicht einmal genau, wer sie eigentlich ist oder was sie macht, welche Funktion sie in welcher Organisation hat. Wenn sie ehrlich spielt, dann muss ich das nicht wissen. Wenn nicht, dann bin ich sowieso tot, also was soll’s?

      Jean war mein vierter Auftrag von Antonia. Damals zählte ich noch mit, deshalb weiß ich das so genau. Bei ihm schlüpfte ich wieder in meine alte Rolle als Nutte, um in sein schwer bewachtes Hotelzimmer in Straßburg zu kommen. Er war ein hohes Tier bei der französischen Mafia, das las ich danach in der Zeitung. Ursprünglich wollte ich ihn mit dem Schalldämpfer erledigen, sobald wir im Zimmer waren und ich die vorher deponierte Waffe aus dem Versteck geholt hatte. Aber mit dem Wissen, dass ich ihn bald töten würde, da fand ich seine ersten Annäherungen unvermutet reizvoll. Also ließ ich zu, dass er mich fickte, und war selbst am meisten überrascht, dass ich mich ihm völlig hingeben konnte, bis hin zu einem grandiosen Höhepunkt.

      Seitdem ist mir klar, dass ich Sex nur mit Männern genießen kann, die völlig in meiner Hand sind und die gleich darauf von dieser meiner Hand sterben werden. Alle anderen Situationen lassen mich absolut kalt, oder schlimmer: wecken böse Erinnerungen. Ich bin also in gewisser Weise von meinem Beruf abhängig.

      Jaja, ziemlich krank, ich weiß. Aber ich habe nicht darum gebeten, so zu sein. Ich bin nur das Produkt meiner Umgebung, wie es in diesen aufgeblasenen Psycho-Selbsthilfe-Ratgebern immer steht. Also bin ich quasi unschuldig, oder?!?

      Und, hey, ich finde meinen Beruf nicht so übel. Interessante Menschen, herausfordernde Aufgaben, gute Bezahlung. Was kann man mehr von seinem Job erwarten???

       Kapitel 4 - Sonntag, 17.08.08, 20:45 Uhr

      Vor dem »Hotel Metropole Brussels« ziehe ich mein Handy – ein noch unbenutztes Prepaid aus einer verlässlichen Quelle – und rufe John in London an.

      »Hallo John, tut mir leid, dass ich so spät noch störe. Aber ich muss bis morgen meine Arbeit ausdrucken und der Treiber spinnt wieder! – Ah – Meinst du? – Okay, dann mach ich das mal ... – Ja, scheint zu funktionieren! Jetzt druckt er. Super, ganz lieben Dank! Äh – bist du heute Abend da, falls er noch mal ausfällt? Darf ich dich dann anrufen? Danke, du bist ein Schatz! Ich wünsche dir noch einen schönen Abend, mach’s gut!«

      John ist ein Kommilitone, so ein Computerfreak, und außerdem ein wichtiger Teil meines Alibis. Das Handy läuft über eine kleine Digitalschaltung, die ich ganz legal per Internet in einem Elektronikshop in Israel gekauft habe. Der Anruf an John geht so anscheinend von meiner Londoner Wohnung über mein Festnetz-Telefon nach draußen. Die Verbindungsaufstellungen auf der Telefonrechung weisen zweifelsfrei meine Anwesenheit nach. Und die Protokolle über die Internet-Verbindungen mit regelmäßigen Tastendrücken, die gerade erstellt werden – ein kleines Programm, das ich selbst geschrieben habe – beweisen vollends, dass ich an diesem Abend in meiner Bude verschanzt an meiner Arbeit getippt habe. Titel: »Bildung und Zerfall von paramilitärischen