Название | Die sinnliche Hexe in Wien! |
---|---|
Автор произведения | Amelie Oral |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738051315 |
Amelie Oral
Die sinnliche Hexe in Wien!
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
1
Für Angéle de la Barthe, die schon viel von der Welt gesehen hatte, war Wien zweifellos eine der wunderbarsten Städte des europäischen Kontinents.
Die Metropole hatte allerdings auch Seiten, die der normale Tourist nie zu sehen bekommt. Wenn von der Donau kommend die dichten Nebelschwaden auftauchen und langsam durch die Straßen wehen, dann sich mit jenen, die von den Dächern herabsinken, vereinen, um eine Brühe entstehen zu lassen, die zu durchdringen dem menschlichen Auge versagt ist. In einem solchen Moment spürt man die unheimliche Kraft von Wien.
Als Angéle noch ein junges Mädchen gewesen war, war sie oft nach Wien gereist, um sich diesem Phänomen des Nebels hinzugeben; eigenartig hatte sie sich berührt gefühlt, auf eine unaussprechliche Weise und ihr Körper war einer Schar Ameisen gleich gewesen, die in heißer Soße aufgeregt umher krabbeln, wenn sie sich auf eine der Friedhofsbänke gesetzt und das Verlangen ihrer Scheide gestillt hatte.
Angéle hatte sich bei dieser Prozedur stets viel Zeit gelassen, Eile war ihr schon immer verhasst gewesen. Genießen konnte man nur, wenn man nicht hetzte. Sie hatte jede Sekunde genossen, um die Nacht, den Nebel und die unzähligen, undefinierbaren Geräusche auf sich einwirken zu lassen, bis sie mit der Düsterkeit des Friedhofs verschmolzen war.
Das war Angéle de la Barthes Leben — oder besser: der Teil, der ihr Leben für sie lebenswert machte — eine Mischung aus Sex, schwarzen Messen, Teufelsanbetungen und Friedhöfen.
Sie vermochte sich auch kaum vorzustellen, auf eine andere Art wahre Erregung und Befriedigung zu finden. Angéle gehörte zu den wenigen Menschen, die nie hart für ihren Lebensunterhalt hatten arbeiten müssen. Von Hause aus sehr vermögend, war ihr nach dem Tode der Eltern als einzigem Kind der gesamte Familienbesitz zugesprochen worden. Er bestand nicht nur aus Geldanlagen, die allerdings geschickt eingesetzt werden mussten, sollten sie nicht versiegen; den Großteil ihres Reichtums machten weite Ländereien in Tirol aus, wo auch, in der Nähe von Stans, die altehrwürdige Villa stand, die regelmäßig Mittelpunkt von Sexgelagen und allerlei okkulten Handlungen war.
In den vergangenen Jahren, Angéle war jetzt sechsunddreißig Jahre alt, war sie, verglichen mit ihrer Jugendzeit, recht selten nach Wien gekommen. Zum einen lag das an dem Nebel, der nicht mehr so wie früher von der Donau kommend in die Innenstadt zog; zum anderen aber besaß sie ihren eigenen Friedhof mit einer Kapelle, auf dem sie sich wohl fühlte.
Die Sex-Orgien, die sie mal in der Kapelle, mal in der Villa ausführte sowie die Verwaltung ihrer Besitztümer, nahmen sie zeitlich vollauf in Anspruch, sodass Vergnügungsfahrten kaum noch einzuplanen waren.
Die Fahrt, die Angéle gerade nach Wien unternahm, besaß nun keineswegs den Charakter einer Erholungsreise; vielmehr hatte sie ein in dieser Branche seltenes und von daher umso bemerkenswerteres Ereignis dazu gezwungen, die Wanderstiefel zu schnüren.
Angéles Hauptattraktion, ein junges, bildhübsches Mädchen mit pechschwarzem Haar, hatte bei der letzten Sex-Orgie einen Mann mittleren Alters kennengelernt, der sich sofort in sie verliebt und um ihre Hand angehalten hatte. Ursprünglich hatte der Typ, gar nicht mal sonderlich reich, Gruppensexerfahrungen sammeln und die Wirkung schwarzer Messen auf sein Geschlecht kennenlernen wollen. Doch diese Wünsche waren in dem Augenblick wie weggeblasen, in dem er dem jungen Mädchen begegnet war. Irgendwie hatte es auf beiden Seiten sofort gefunkt, und nach einer stundenlangen Unterhaltung war die Kleine dann zu ihrer Chefin gekommen, um von ihrem Glück zu erzählen.
Angéle war der Geschichte erst mit viel Distanz begegnet, schließlich wusste niemand, ob der Kerl es am Ende auch ernst meinte; aber mehr als schief gehen konnte die Sache ja nicht — und weshalb sollte sich eine Prostituierte nicht in den Hafen der Ehe wagen.
Der Abschied war mit vielen Tränen verbunden gewesen. Dass er endgültig war, zeigte die SMS, die Angéle vor ein paar Tagen erhalten hatte. Nur drei Wörter: »Bin wahnsinnig glücklich«
Soweit—so gut. Weniger gut war, dass die Teufelsanbeter und all die anderen Sex-Fanatiker mit dem jungen Mädchen ein unvergleichliches Erlebnis verloren hatten, denn für die schwarzen Sex-Messen kam nur eine jugendliche Frau mit tiefschwarzem Haar in Frage, und eine solche Frau besaß Angéle nicht mehr in ihrem Repertoire.
Notfalls hätte es auch eine Rothaarige getan, aber auch hier war Fehlanzeige. Angéle besaß blonde und braunhaarige Frauen. Die mit schwarzem und rotem Schopf waren zurzeit jedenfalls Mangelware.
So hatte sie die Fahrt nach Wien angetreten. Ein gleichwertiger Ersatz musste gefunden werden, ein schönes, junges Mädchen mit schwarzem Haar.
In Frage kamen bisweilen Anhalterinnen, die allein durch die Gegend trampten; oder eben das Rotlichtviertel im sogenannten Stuwerviertel-Dreieck, das abgegrenzt ist von der Lassallestraße, der Ausstellungsstraße sowie der Vorgartenstraße.
Früh am Morgen traf sie in der Weltstadt ein und fuhr mit dem dem Taxi zum Stuwerviertel, wo sie ihre ersten Erkundungsgänge tätigte. Sie sprach mit ein paar Zuhältern, die sie kannte, doch besaß keiner von ihnen ein Schwarzhaar, das er an Angéle hätte verkaufen mögen. Schöne Frauen waren eine Kapitalanlage, mit denen man langfristig planen konnte.
Angéle hatte sich auch keine großartigen Hoffnungen gemacht, sodass sich ihre Enttäuschung in Grenzen hielt.
Sie wäre durchaus bereit gewesen, eine hohe fünfstellige Ablösesumme zu zahlen; aber eine gut laufende Stute, wie die Schönheiten im Fachjargon genannt wurden, war natürlich unter dem Strich mehr wert, es sei denn, sie war rauschgiftsüchtig und stand kurz vor dem goldenen Schuss; dann bemühte sich der Zuhälter natürlich, sie möglichst preisgünstig abzustoßen.
Gegen Mittag wanderte Angéle die Lassallestraße entlang, von wo sie in die kleineren Seitenstraßen des Stuwerviertels einbog. Etliche Straßen und Gassen waren so angelegt, dass sie nur Fußgängern die Benutzung erlaubten, für Fahrzeuge waren sie gesperrt. Der Dreck, der sich über das Pflaster verteilte, gehörte zu diesem Milieu genauso wie die halb zerfallenen Hausfassaden mit ihren von Holzwürmern zerfressenen Fensterrahmen und die zahlreichen Sexgeschäfte, die, der Teufel wusste weshalb, sich keinerlei Konkurrenz machten, sondern sich allesamt eine goldene Nase verdienten.
Bereits früh morgens begann im Stuwerviertel ein geschäftiges